Projekt

Demokratiefeindlichkeit: Pilotprojekt stärkt Lehrkräfte

In der Schule geht es nicht nur um Deutsch, Mathe und Biologie. Junge Menschen sollen auch zu demokratischem Denken erzogen werden. Doch wie begegnen Lehrer zum Beispiel rechtsextremen Positionen im Klassenraum am besten?

Eine Lehrerin schreibt in englischer Sprache an die Tafel. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Eine Lehrerin schreibt in englischer Sprache an die Tafel.

Hofheim am Taunus (dpa/lhe) - Hetze gegen Minderheiten, Stammtischparolen oder antidemokratische Sprüche: Lehrerinnen und Lehrer werden in ihrem Berufsalltag mit Äußerungen aus der Schülerschaft konfrontiert, die teils menschenfeindlich oder sogar extremistisch sind. Wie sollte man darauf reagieren? Zu dieser Frage läuft in Hessen im aktuellen Schuljahr das Pilotprojekt «Starke Lehrer - starke Schüler», das Lehrkräfte mit einem dreijährigen Fortbildungsprogramm im Umgang etwa mit rechtsextremen Positionen im Klassenzimmer stärken soll.

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Erste Rückmeldungen zeigten, dass die Beratungsarbeit von den Lehrerinnen und Lehrern durchweg positiv bewertet werde, sagte die Leiterin des Projektes, Prof. Susann Gessner von der Philipps-Universität Marburg, am Donnerstag bei einem Besuch der beruflichen Brühlwiesenschule in Hofheim am Taunus.

Zu dem Programm «Starke Lehrer - starke Schüler» zählen unter anderem Fortbildungen über die Gefahren von Extremismus oder gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie ein Argumentationstraining gegen Stammtischparolen. Neben dem Land und der Universität beteiligen sich die Robert Bosch Stiftung sowie die Bundeszentrale für politische Bildung an der Initiative.

Sie habe zum Beispiel erlebt, wie in einer Klasse unwidersprochen gegen sozial Schwache gehetzt wurde, die angeblich nicht arbeiten gehen wollen würden, erzählte die Lehrerin Valerie Sargk von der Brühlwiesenschule. Sie habe daraufhin versucht, den Schülerinnen und Schülern unter anderem zu vermitteln, dass man nicht alle Menschen über einen Kamm scheren könne.

Doch wie erreicht man die jungen Menschen am besten? «Ganz viel läuft über Beziehungsarbeit», sagte die Lehrerin, die bei dem Projekt mitmacht. Und man müsse den Jugendlichen zuhören. Bei der Fortbildung «Starke Lehrer - starke Schüler» würden mögliche Situationen im Klassenzimmer beispielsweise in Rollenspielen geübt.

Bei dem Pilotprojekt an sechs hessischen Schulen gehe es Demokratieerziehung, Wertebildung und Extremismusprävention, sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Die beruflichen Schulen seien die letzte Möglichkeit, prägend auf junge Menschen einzuwirken. Hessen ist nach Sachsen, Niedersachsen und Brandenburg das vierte Bundesland, das ein Pilotprojekt für «Starke Lehrer - starke Schüler» gestartet hat.

In Sachsen sei das Angebot inzwischen ausgebaut und in die Regelstrukturen integriert worden, sagte die Leiterin des Fachbereichs Extremismus der Bundeszentrale für politische Bildung, Maja Bächler. Langfristig könnten die beteiligten Lehrkräfte als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in ihren Schulen wirken.

Auch die Bildungsstätte Anne Frank legt nach eigenen Angaben einen Schwerpunkt ihrer historisch-politischen Bildungsarbeit auf die Arbeit mit Schulen, sowohl mit Jugendlichen als auch mit Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften. «Denn um dem Ziel einer gerechteren Gesellschaft näher zu kommen, ist es elementar, schon im Jugendalter ein Bewusstsein für diskriminierende Strukturen und Handlungsoptionen dagegen zu entwickeln», sagte die pädagogische Leiterin Nicole Broder in Frankfurt. «Rassismus- und antisemitismuskritische Bildung sollte in unseren Augen als Querschnittsaufgabe in den Schulen fest verankert sein.»

Nach den Worten von Broder bietet etwa das Projekt «Antisemi-was? Antisemitismusprävention an Schulen» Beratung für Lehrkräfte, um antisemitische Einstellungen bei Jugendlichen zu erkennen und damit umzugehen - präventiv oder in Reaktion auf konkrete Vorfälle. Zudem gebe es das mehrfach preisgekrönte digitale Lernspiel «Hidden Codes», das speziell für den Einsatz im Unterricht entwickelt worden sei. Anhand simulierter Chatverläufe geht es darum, Anzeichen für Radikalisierungsprozesse zu entdecken.