Kommunen

Frankfurt führt Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel ein

Rotlichtviertel, Partymeile, offene Drogenszene: Das Frankfurter Bahnhofsviertel hat viele Gesichter. Mit der Einführung einer Waffenverbotszone soll es künftig auch sicherer werden.

Ein Einsatzfahrzeug der Polizei. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild
Ein Einsatzfahrzeug der Polizei.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die Stadt Frankfurt führt am 1. November eine Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel der Stadt ein. «Wir sind uns einig, dass die Situation im Bahnhofsviertel so nicht bleiben konnte und sich verbessern muss», sagte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) am Donnerstag über die Verordnung der Römer-Koalition. Bisher gibt es in Hessen nur in der Landeshauptstadt Wiesbaden eine Waffenverbotszone, die bereits 2019 eingeführt wurde.

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Von November an soll in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 5.00 Uhr das Mitführen von Waffen nach dem Waffengesetz sowie von Messern mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern verboten sein. «Wenn die Waffenverbotszone auch nur ein Leben schützt, ist sie gut», betonte Josef. Jedes Messer, das womöglich in den frühen Morgenstunden bei fortgeschrittener Alkoholisierung nicht mehr zum Einsatz kommen könne, zähle.

Die Zahl der Messerdelikte etwa habe sich seit 2019 im Bahnhofsviertel verdreifacht, begründete Josef. Ein Waffenverbot im Zuge einer Gefahrenabwehrverordung, das dann etwa auch Baseballschläger umfasst, sei angesichts fehlender Mehrheit für eine solche Entscheidung in der Stadtverordnetenversammlung nicht machbar. Das Verbot gilt nicht für Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte, Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten und Geldtransportern oder beispielsweise Handwerker und Gewerbetreibende, die für ihren Beruf mit Messern oder anderen Gegenständen, die vom Waffengesetz erfasst sind, zu tun haben.

Das Bahnhofsviertel sei ein Kriminalitätsschwerpunkt der Stadt, betonte der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller. Die rund 10 000 Straftaten, die hier pro Jahr verzeichnet würden, entsprächen dem Wert einer mittelgroßen Stadt. Hierzu gehörten etwa 1100 Körperverletzungen, 950 Taschendiebstähle und gut 300 Fälle von Straßenraub. Beim Raub werde die Hälfte aller in Frankfurt angezeigten Fälle aus dem Bahnhofsviertel gemeldet. «Der Grad der Bewaffnung ist viel zu groß», betonte Müller gerade mit Blick auf Messer. Und im Fall eines Angriffs gelte: «Der Grat zwischen Leben und Tod bei Messern ist ganz schmal.»

Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Peter Beuth (beide CDU) begrüßten die Entscheidung der Stadt. Die Landesregierung hatte bereits 2018 den hessischen Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, eigenständig Waffenverbotszonen auf öffentlichen Plätzen auszuweisen. «Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem nun weitere folgen müssen», sagte Rhein. Mit der Waffenverbotszone könne der polizeiliche Kontrolldruck künftig noch genauer wirken.

«Es gibt wohl kein Viertel in Hessen, das eher dafür prädestiniert ist, eine Waffenverbotszone zu werden, als das Frankfurter Bahnhofsgebiet», fügte Beuth hinzu. Die Waffenverbotszone leiste einen Beitrag, um die Gefahr von Messerangriffen im öffentlichen Raum und blutige Eskalationen von vermeintlich kleineren Streitereien weiter zu minimieren.

Innerhalb der Koalitionsparteien von SPD, Grünen, FDP und Volt stößt das Projekt nicht auf einhellige Begeisterung. «Wir halten es für bedenklich, dass der Oberbürgermeister diese Entscheidung an den Stadtverordneten vorbei trifft und per Verordnung eine unbefristete Waffenverbotszone einführt», hieß es am Donnerstag bei der Grünen-Fraktion.

«Die Verantwortung für das Sicherheitsgefühl der Mehrheit darf nicht dazu führen, dass sich die Situation für marginalisierte Menschen verschlechtert», warnte Emre Telyakar, Sprecher der Grünen-Fraktion für Diversität und Anti-Diskriminierung. Die Durchführung der Waffenverbotszone und die anlasslosen Kontrollen würden so möglicherweise auch willkürlich Menschen treffen, die aufgrund ihres äußerlichen Erscheinungsbildes zur vermeintlichen Täterklientel passten.

«Den Menschen im Viertel wird so nicht geholfen», kritisierte Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der Linken. «Wie die Einführung von Waffenverbotszonen in anderen Städten gezeigt hat, wurde die Sicherheit dadurch nicht erhöht. Dafür wird hier der Möglichkeit von völlig willkürlichen Kontrollen Tür und Tor geöffnet, was zu einer Zunahme von Fällen von Racial Profiling führen wird.»

Die FDP und die oppositionelle CDU begrüßten die Einführung der Waffenverbotszone, ebenso die Gewerkschaft der Polizei (GdP). «Das Straftatenaufkommen im Bahnhofsgebiet spricht eine deutliche Sprache. Die Anzahl der Straftaten, die mit Waffen begangen werden, steigen», sagte der hessische GdP-Chef Jens Mohrherr.

Er kritisierte, Teile der Frankfurter Stadtregierung hielten die Einrichtung der Waffenverbotszone offenbar für einen Freibrief für die Polizei, ungehindert «Racial Profiling» zu betreiben. «Das ist völliger Unsinn und entspricht nicht der Realität», betonte Mohrherr. Als «Racial Profiling» bezeichnet man die Entscheidung für polizeiliche Maßnahmen aufgrund des Erscheinungsbilds von Personen - etwa aufgrund der Hautfarbe.