Kirchenaustritt

Zehntausende kehren der katholische Kirche den Rücken

Auch in den hessischen Bistümern haben 2022 sehr viele Menschen die katholische Kirche verlassen. Bischof Bätzing spricht von schmerzhaften Zahlen. Die Oberhirten rufen die Katholiken dazu auf, sich nicht entmutigen zu lassen.

Licht wirft den Schatten eines Kreuzes durch ein Kirchenfenster. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild
Licht wirft den Schatten eines Kreuzes durch ein Kirchenfenster.

Bonn (dpa/lhe) - In Hessen sind im Jahr 2022 mehr als 31.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Wie aus der am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Statistik der Deutschen Bischofskonferenz hervorgeht, lag die Zahl der Katholiken in dem Bundesland zum Jahresende noch bei rund 1,24 Millionen. Das waren rund 49.000 Mitglieder weniger als ein Jahr zuvor. Dabei sind auch Sterbefälle, Geburten und Eintritte eingerechnet. Zum Vergleich: Hessen zählt mehr als 6,3 Millionen Einwohner. In Hessen liegen Gebiete der Bistümer Fulda, Limburg und Mainz.

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Bundesweit traten im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Million Menschen aus der katholischen Kirche aus. Das sind so viele wie noch nie und deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2021. Damals waren es 359 338. Auch 2022 hatte die katholische Kirche wegen der Missbrauchsskandale und ihres Umgangs damit in der Kritik gestanden.

Die Katholiken machen in Deutschland noch etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Die Austrittswelle rollt aber nicht nur in der katholischen Kirche immer schneller. Auch die evangelische Kirche hat mit 380.000 Mitgliedern 2022 mehr verloren als im Jahr davor.

So sieht die Mitgliederentwicklung in den einzelnen Bistümern aus, die Gebiete in Hessen haben:

Bistum Mainz:

Im Bistum Mainz, das zu zwei Dritteln in Hessen und zu einem Drittel in Rheinland-Pfalz liegt, traten im vergangenen Jahr 16.601 Menschen aus - ein Rekordwert. Ein Jahr zuvor hatte der bisherige Höchststand bei 12.649 Austritten gelegen. Die Zahl der Mitglieder insgesamt sank binnen eines Jahres um rund 25.000 auf 641.838. «Trotz allem entmutigt mich diese aktuelle Statistik nicht», teilte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf mit. «Bis heute ermutigt uns Jesus dazu, darauf zu vertrauen, dass wir als seine Jüngerinnen und Jünger anderen Menschen etwas zu geben haben, und zwar nicht irgendetwas, sondern Lebensnotwendiges.» Es gebe keinen Grund zu Verzagtheit oder Resignation.

Bistum Limburg:

Im Bistum des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärten 14.951 Frauen und Männer im Jahr 2022 ihren Austritt aus der katholischen Kirche. 2021 waren es noch etwa 3300 Austritte weniger gewesen. Bätzing nannte die Zahlen alarmierend. «Wir müssen weiter konsequent handeln und die Menschen müssen erfahren, dass wir an ihrer Seite stehen und für sie da sind», teilte er mit. Die hohen Austrittszahlen schmerzten, die haupt- und ehrenamtlich tätigen Katholiken dürften sich aber nicht entmutigen lassen. «Ich glaube, dass wir eine gute Botschaft haben, die unsere Gesellschaft dringend braucht und die zukunftsfähig ist.» Zum Stichtag 31. Dezember lebten noch rund 539.000 Katholikinnen und Katholiken im Bistumsgebiet, etwa 21.600 weniger als Ende 2021. Das Bistum Limburg erstreckt sich auf Teile von Hessen und den Norden von Rheinland-Pfalz.

Bistum Fulda:

Das Bistum Fulda verzeichnete 7502 Kirchenaustritte im Jahr 2022, das waren etwa 2200 mehr als im Jahr davor. Damit waren zum Ende des Jahres im Bistumsgebiet noch 347.777 Menschen Mitglied der katholischen Kirche, rund 13.300 weniger als noch 2021. «Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig. Zum einen betrifft das gesamtgesellschaftliche Phänomen, dass die Bindungskräfte relevanter Gruppen, Kräfte und Initiativen nachlassen, die großen Kirchen ebenso wie etwa die etablierten Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Vereine», hieß es in einer Mitteilung des Bistums. «Hinzu kommen eine zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft und ein Vertrauensverlust aufgrund kircheninterner Konflikte und Skandale.»