Polizei-Skandal

Sex-Skandal: Verteidigung bezichtigt Kommissarin der Lüge

Es geht um Macht, um Sex und einen folgenreichen Kneipenbesuch: Der Prozess gegen den höchstrangigen Polizisten des Landes hat begonnen. Der wehrt sich über seine Anwälte heftig gegen die Vorwürfe.

Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt.

Stuttgart (dpa/lsw) - Mit heftigen Anschuldigungen gegen die Anzeigenerstatterin hat die Verteidigung des mittlerweile suspendierten Inspekteurs der Polizei die Vorwürfe sexueller Nötigung gegen ihn zurückgewiesen. Die 34-jährige Kriminalhauptkommissarin, die den höchstrangigen Polizisten des Landes der Nötigung beschuldigt, habe in einem Lokal in der Öffentlichkeit mit ihm sexuelle Handlungen ausgeübt, Küsse ausgetauscht und viele Intimitäten, sagte die Anwältin des Polizisten am Freitag zum Prozessauftakt. Sie bezichtigte die Anzeigenerstatterin der Lüge. Die Kommissarin ist Nebenklägerin in dem Prozess. Der Fall schlug riesige Wellen in Polizei und Politik. Die Strafkammer hat acht Verhandlungstage angesetzt.

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Der Inspekteur soll die Polizistin in der Nacht vom 12. auf den 13. November 2021 bei einem Kneipenbesuch sexuell genötigt haben. Laut Anklage hätten die beiden am Nachmittag zunächst im Dienstzimmer des Inspekteurs bei einer Flasche Sekt ein Personalgespräch geführt. Nach einem abendlichen Kneipenbesuch mit Kollegen habe der Inspekteur die Kommissarin dazu bewegt, allein noch einen Absacker in einer Bar zu nehmen, so die Staatsanwältin. In den frühen Morgenstunden habe der Angeklagte die Polizistin zur Duldung und Vornahme sexueller Handlungen veranlasst. Er habe vor der Bar sein «leicht erigiertes Glied» entblößt, ihre Hand zu seinem Glied geführt und uriniert. Sie habe Ekel empfunden, sei aber aufgrund des dienstlichen Abhängigkeitsverhältnisses nicht in der Lage gewesen, sich zu widersetzen, so die Staatsanwaltschaft.

In einer im Gerichtssaal verbreiteten Erklärung wirft die Verteidigung des Inspekteurs der 34-Jährigen nun vor, bewusst ältere, und höher gestellte Männer gesucht zu haben, um die Kontakte zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Sie habe zudem mehrfach gegenüber der Polizei die Unwahrheit gesagt. Auch sei auf einem dreistündigen Video aus dem Kneipenbesuch mit dem Inspekteur zu sehen, dass die Anzeigenerstatterin zahlreiche intime Handlungen eigeninitiativ ausgeübt habe. Der Angeklagte sei in dem Verfahren das Opfer, und müsse freigesprochen werden.

Zunächst stritten Nebenkläger, Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Freitag darüber, ob die Anwältin des Inspekteurs zum Prozessbeginn eine Stellungnahme vorlesen darf. Der Richter entschied sich für ein Statement unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Anschließend beantragten die Anwälte der Nebenklage, Presse und Publikum auch bei der Vernehmung der Anzeigenerstatterin auszuschließen - auch diesem Antrag wurde stattgegeben. Das Recht auf Schutz der Intimsphäre überwiege gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall. Am Nachmittag soll allerdings in öffentlicher Sitzung das Video aus dem Kneipenbesuch gezeigt werden.