Menstruation

Viele Schulen und Unis bieten gratis Tampons und Binden an

Immer mehr Schulen und Unis in Hessen stellen kostenlose Binden und Tampons zur Verfügung. Auch einige Kommunen bieten die Hygieneartikel gratis in öffentlichen Einrichtungen an. Das soll auch ein altes Tabu aufbrechen.

Eine Schülerin der Heinrich-Schütz-Schule hält einen Tampon vor einem Menstruationsartikel-Spender. Foto: Swen Pförtner/dpa
Eine Schülerin der Heinrich-Schütz-Schule hält einen Tampon vor einem Menstruationsartikel-Spender.

Kassel/Marburg/Fulda (dpa/lhe) - Das Thema Menstruation ist bis heute mit Tabus behaftet. Nicht wenigen Mädchen und Frauen ist ihre Periode peinlich und nicht selten sind die monatlichen Kosten für Periodenprodukte eine Belastung. In Hessen machen daher immer mehr Schulen und Hochschulen Menstruationsartikel kostenfrei zugänglich. Manche Kommunen bestücken auch öffentliche Einrichtungen mit Binden und Tampons.

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«Periodenarmut ist ein Thema. Wir wollen Mädchen aus einkommensschwächeren Familien unterstützen, indem wir ihnen die nötigen Hygieneartikel kostenfrei zur Verfügung stellen und so ihre Benachteiligung mindern», sagt etwa Kassels Schuldezernentin Nicole Maisch (Grüne). In der nordhessischen Stadt sind gerade an 27 Schulstandorten 54 Hygienespender in den Mädchen- beziehungsweise Unisextoiletten aufgestellt worden. Rund 10.500 Schülerinnen können kostenlos auf Tampons und Binden zurückgreifen. Den Anstoß dazu gab der Stadtschülerbeirat. Bereits in Grundschulen werden die Artikel über Körbchen in der Mädchen-Toilette oder über das Sekretariat ausgegeben.

7800 Euro habe die Anschaffung der Spender inklusiver erster Befüllung gekostet, sagt Britta Feddern vom Amt für Schule und Bildung der Stadt Kassel, aus dessen Mitteln die Spender finanziert werden. Für die weitere Befüllung durch die Schulen wurde das Schulbudget entsprechend der Anzahl der Mädchen an den jeweiligen Schulen erhöht.

In Frankfurt sind im Rahmen eines Pilotprojektes sechs Schulen mit kostenlosen Menstruationsprodukten ausgestattet worden, darunter auch zwei Grundschulen. «Da die Pubertät bereits im Grundschulalter einsetzen kann, ist die Bereitstellung der Hygieneprodukte auch in dieser Schulform erforderlich», erklärt Amanda Oswald-Stoiber vom Stadtschulamt. Die Behörde begleitet und finanziert das Projekt. Kostenpunkt für ein Schuljahr: rund 6000 Euro. Eine Zwischenauswertung sei sehr positiv ausgefallen, so Oswald-Stoiber. «An den weiterführenden Schulen wurden die kostenlosen Produkte von den Schüler*innen dankbar angenommen.»

Auch die Stadt Wiesbaden gibt Menstruationsprodukte kostenfrei an Schülerinnen aus. Ein entsprechendes Pilotprojekt an 25 weiterführenden Schulen sei sehr gut angenommen worden und werde weitergeführt, sagt Pressesprecher Ralf Munser. Weniger gute Erfahrungen hat die Stadt dagegen mit dem Angebot in der Stadt- und Musikbibliothek gemacht. Dort sei es mehrmals zu Vandalismus mit den Produkten gekommen, berichtet Munser. Toiletten seien vorsätzlich verstopft worden. «Teilweise mussten auch Toiletten zeitweise geschlossen werden. Aktuell wird der Automat nicht nachbestückt.»

In der ebenfalls mit einem Automaten ausgestatteten Stadtteilbibliothek Mainz-Kostheim seien hingegen keine derlei negativen Erfahrungen gemacht worden. «Allerdings tendiert dort die Nachfrage auch fast gegen Null.» Eine Ausweitung auf weitere Stadtteilbibliotheken sei zur Zeit nicht geplant.

Probleme mit Vandalismus gebe es in Gießen keine, sagt Stadtsprecherin Claudia Boje. Insgesamt neun Spender seien dort im Rahmen eines Pilotversuchs in den öffentlich zugänglichen Damen- und Behindertentoiletten des Rathauses und des Standesamts, dem gemeinsamen Toilettenvorraum im Jugendamt sowie der Unisextoilette des Jugend- und Kulturzentrums Jokus angebracht worden. Die einjährige Testphase sei gerade zu Ende gegangen, die Ergebnisse würden zurzeit evaluiert. «Bis zum Abschluss der Evaluation läuft das Projekt unverändert weiter.» Pro Woche würden etwa 60 Binden und 200 Tampons entnommen. «Es sollte für alle selbstverständlich sein, jederzeit auf jene Produkte zugreifen zu können, die sie benötigen, um uneingeschränkt am Alltag teilnehmen zu können», betont Boje.

Auch an einigen Hochschulen in Hessen gibt es die Monatshygieneartikel umsonst. Die Philipps-Universität Marburg etwa hat das vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) initiierte Projekt «Period» nach einer einjährigen Pilotphase seit dem Frühjahr verstetigt. Dort sind laut Pressesprecherin Anne Reichel fünf Spender an fünf Standorten angebracht. Eine Umfrage unter Studierenden habe ergeben, dass das Angebot bei vielen bekannt sei und von einer sehr breiten Mehrheit positiv bewertet werde. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an der Uni setzten sich daher für die Ausweitung der Spender ein.

An der Hochschule Fulda hat der AStA sieben Automaten aufgestellt. «Durchschnittlich bestellen wir circa 3500 Produkte alle vier Monate», sagt die AStA-Vorsitzende Viktoria Stubbe. Eine Rechnung belaufe sich dabei auf etwa 500 Euro. Die Finanzierung laufe über sogenannte ZSK-Mittel. Dabei handelt es sich um Mittel, die für die Verbesserung der Qualität der Studienbedingungen und der Lehre zur Verfügung stehen und immer wieder neu beantragt werden müssen. «Langfristig möchten wir die Finanzierung gerne an die Bildungseinrichtung abgeben», sagt Stubbe.

Die positive Wirkung kostenfreier Menstruationsartikel auf die Bildung sei in mehreren Studien nachgewiesen worden. «Es ist also unserer Meinung nach Aufgabe einer jeden Bildungseinrichtung, für die mentale Gesundheit zu sorgen», erklärt Stubbe. Zudem würden Bildungsangebote besser und häufiger wahrgenommen, wenn kostenlose Periodenprodukte zur Verfügung stünden. Die AStA-Vorsitzende betont zudem das positive Außenbild der Hochschule: «Bildungseinrichtungen, die sich solchen Themen gegenüber offen zeigen, können als Vorreiter verstanden werden.»