Soziales

Bergstraße investiert über 100 Millionen Euro in Jugendarbeit

Das Landratsamt nimmt auch für den Bereich Familien viel Geld in die Hand. Wie die Kreisverwaltung erklärt, liegt das nicht nur am individuellen Bedarf.

Der Kreis Bergstraße will kräftiger in die Bereiche Familie und Jugend investieren. Foto: Canva
Der Kreis Bergstraße will kräftiger in die Bereiche Familie und Jugend investieren.

An den hessischen Schulen sind die Zeugnisse mittlerweile ausgegeben. Zum Schuljahresende informierte das Bergsträßer Landratsamt über aktuelle Entwicklungen und Leistungen im Bereich Familie und Jugend. Eine Sparte, in die immer kräftiger investiert werde. Das liege nicht nur am individuellen Bedarf, sondern auch an der demografischen Entwicklung in der Region, so Landrat Christian Engelhardt.

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Bei einer wachsenden Bevölkerung müsse man Themen wie Erziehung, Bildung und familienbegleitende Dienstleistungen prominent besetzen, um jungen Menschen auf dem Weg in die Zukunft eine jeweils passgenaue Unterstützung anbieten zu können. Im Haushaltsplan 2023 sind für Jugendarbeit 99,7 Millionen Euro angesetzt. Das teilte die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz mit. Sie kündigt an, dass im nächsten Jahr die 100-Millionen-Marke überschritten werden wird. Der Kreis als zentraler Akteur für die Belange von Kindern und Jugendlichen – die Betreuungseinrichtungen ausgenommen – nehme seinen Auftrag sehr ernst. Jugendamtsleiter Kai Kuhnert verwies im Landratsamt auf die präventive Ausrichtung der Abteilung, die Dienstleistungen für werdende Eltern und Familien mit Kindern sowie für Jugendliche anbietet. Dazu gehören sowohl vorbeugende Maßnahmen als auch Unterstützungsmöglichkeiten, die man gezielt beantragen kann.

Wenn das Jugendamt eingreift

Dem Amt gehe es, entgegen so mancher gesellschaftlich verankerter Stereotype, vor allem darum, Familien und Kinder zu stärken und nicht darum, diese aus ihrem Umfeld herauszunehmen. Doch auch dies gehört zu den Zuständigkeiten, denn bei Fällen wie beispielsweise Gewalt in der Familie müsse das Jugendamt möglichst schnell aktiv werden. Für solche Notfälle stünden im Kreis "genügend gute Pflegefamilien" zur Verfügung, so Kuhnert. Aktuell werden 150 Kinder vorübergehend oder dauerhaft in einer Familie betreut. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von dem vorübergehenden Ausfall von Eltern oder eines Elternteils bis hin zu vielschichtig belasteten oder hoch instabilen Familiensituationen. Wer ein Pflegekind bei sich aufnehmen möchte, braucht die Erlaubnis des zuständigen Jugendamts. Die Spannweite der kreisweiten Jugendleistungen reicht von der Erziehungsberatung und die Schulkindbetreuung über die Jugendhilfe und Schulsozialarbeit bis zur finanziellen Unterstützung und Eingliederungshilfe. „Die Arbeit beginnt bereits während der Schwangerschaft“, so Diana Stolz mit Verweis auf frühe Hilfen. Ziel sei hier immer die gesunde Entwicklung der Kinder und die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz. Dafür arbeiten Akteure und Fachdienste aus dem Gesundheitswesen eng mit der Kinder- und Jugendhilfe zusammen.

Vor 16 Jahren wurde das Projekt „Keiner fällt durchs Netz“ an der Bergstraße ins Leben gerufen. Der Landkreis war über drei Jahre lang einer von zwei hessischen Modellstandorten. Das Angebot richtet sich an werdende Mütter und Väter beziehungsweise an Eltern von Neugeborenen. Ein spezieller Fokus liegt dabei auf Familien mit besonderen Belastungen. Dafür wurden eigens eine Koordinationsstelle und ein Netzwerk für Eltern etabliert. Das eigens auf sozial belastete Familien zugeschnittene Modell umfasst auch den Einsatz von sogenannten Familienhebammen, so die zuständige Dezernentin.

Rechtssichere Dokumentation bei Verdacht auf Kindesmisshandlung

Ebenfalls zum Portfolio im Landratsamt gehört die Erziehungsberatung bei persönlichen und familienbezogenen Fragen und Schwierigkeiten. Über dieses Angebot wurden im vergangenen Jahr kreisweit rund fünf Prozent der Kinder erreicht. Ein Beispiel für die Zusammenarbeit mit externen Partnern ist Sommer 2017 die Kooperation des Jugendamts mit der Klinisch-Forensischen Ambulanz des Heidelberger Uniklinikums. Bei Verdacht auf Misshandlung startet eine rechtssichere Dokumentation der behandelnden Ärzte als Grundlage für weitere Entscheidungen für das Wohl des Kindes. Denn in einigen Fällen können nur medizinische Experten feststellen, wie eine Verletzung ursprünglich entstanden ist. Diana Stolz betonte die interdisziplinäre Ausrichtung des Modells als dessen große Stärke.

Auch im Bildungsbereich nimmt der Kreis als Schulträger nach wie vor sehr viel Geld in die Hand. In den kommenden Jahren stehen weitere Sanierungen im Bestand und auch einige Neubauten etwa in Lorsch und Viernheim an. Im laufenden Jahr werden dafür rund 58 Millionen Euro ausgegeben, so der Landrat, der mit Johannes Kühn den technischen Betriebsleiter des Eigenbetriebs Schule und Gebäudewirtschaft mitgebracht hatte. Das Geld fließt in die Ertüchtigung und Modernisierung, sowie in den räumlichen wie energetischen Ausbau von Gebäuden und Flächen. Im Wirtschaftsplan seien ausschließlich Projekte berücksichtigt, deren bauliche Umsetzung bereits absehbar ist. Der Neubau des Lampertheimer Lessing-Gymnasiums (Campus Biedensand) in einer Größenordnung von rund 80 Millionen Euro nimmt dabei eine Spitzenposition ein.

Investitionen in Schulen

2022 war das Schulbudget etwa zehn Millionen Euro dünner – im Vergleich aber noch immer deutlich mehr als in den vergangenen zwei Jahrzehnten: zwischen 2000 und 2021 flossen insgesamt 551 Millionen Euro in die regionalen Bildungshäuser. Das macht im Durchschnitt rund 25 Millionen im Jahr. Die Mittel seien ganz gezielt auf die jeweilige Ausstattung der Schulen ausgerichtet, um pädagogisch moderne Lehr- und Lernkonzepte vor Ort umsetzen zu können, so Christian Engelhardt. Derzeit sind 20 Projekte in Bearbeitung oder in der konkreten Vorbereitung. Weiter vier befinden sich in der Planungsphase.</p>

Von Thomas Tritsch