Weinheim

Spontane Geburt im Saukopftunnel
Spontane Geburt im Saukopftunnel

Die 17-jährige Kreidacherin Jennifer Spohn entbindet den kleinen Jean-Milo im Auto, mitten im Saukopftunnel. Wie es Mutter und Kind jetzt geht.

Sein Start ins Leben hätte kaum aufregender sein können, doch jetzt ist Jean-Milo ein ausgesprochen entspanntes Baby. Foto: Philipp Reimer
Sein Start ins Leben hätte kaum aufregender sein können, doch jetzt ist Jean-Milo ein ausgesprochen entspanntes Baby.

Das kennt man sonst nur aus Kinofilmen, der 17-jährigen Kreidacherin Jennifer Spohn ist es wirklich passiert. Sie brachte auf der Fahrt ins Krankenhaus ein Baby zur Welt. Mitten im Saukopftunnel zwischen dem hessischen Birkenau und dem baden-württembergischen Weinheim erblickte der kleine Jean-Milo am Dienstagmorgen das Licht der Welt, oder besser das der Tunnelbeleuchtung. In der Nacht hatten Wehen eingesetzt, „aber ich dachte, dass sich nur der Bauch senkt“, so Jennifer Spohn. Der errechnete Geburtstermin war schließlich erst in zwei Wochen. Als die Beschwerden am frühen Morgen immer noch andauerten, wollte die Schwangere dann doch zur Untersuchung in die GRN-Klinik nach Weinheim fahren. Weil ihr Freund, Jean-Michel Althans, auf Montage war, übernahm Jennifers Vater Heiko die Fahrt. Ohne zu wissen, dass er 20 Minuten später Opa sein würde. In Mörlenbach setzten die Presswehen ein, am Eingang des Saukopftunnels schaute bereits das Köpfchen heraus. „Alles ging ganz schnell“, berichtet die junge Mutter, „wir haben noch nicht mal angehalten.“ Um kurz nach 6 Uhr lag das Neugeborene nach nur wenigen Presswehen auf dem Bauch der Mutter – dick eingepackt in die Kleidung, die Jennifer für ihre Krankenhaustasche gepackt hatte. „Er hat nur ganz kurz geschrien“, erinnert sich Jennifer an die aufregende Fahrt. Aufregend auch für ihren überraschten Vater am Steuer. „Er wollte, dass ich den Kleinen schüttele, aber ich habe gemerkt, dass er deutlich atmet“, berichtet die frischgebackene Mama mit einer Gelassenheit, die sich wohl auch auf das Kind übertragen hat.

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„Milo ist da!“, lautete um 6.02 Uhr die kurze telefonische Nachricht an Nicole Spohn, Jennifers Mutter. Die rief daraufhin sofort im Krankenhaus an, um die Ärzte und Hebammen auf der Geburtsstation davon zu unterrichten, dass ein Neugeborenes zu ihnen auf dem Weg ist. „Ich hing erst in der Warteschleife, das kam mir wie eine Ewigkeit vor“, erzählt Nicole Spohn.

Nicole Spohn und Mutter Nicole erzählen vom Tag der Geburt und der Zeit danach ausführlich in unserem Podcast:

Bei der Weiterfahrt ins Krankenhaus gab Heiko Spohn mächtig Gas. „Wir haben alle roten Ampeln überfahren“, schmunzelt Jennifer. Im Krankenhaus standen bereits Pfleger bereit, Ärzte und Hebammen kamen schnell dazu, um die Nabelschnur zu durchtrennen und Mutter und Kind zu untersuchen. Beide sind wohlauf. Der kleine Jean-Milo wiegt 2720 Gramm und ist 51 Zentimeter groß. Vater Jean-Michel Althans konnte zwar bei der ungewöhnlichen Geburt nicht dabei sein, freute sich aber, seine Freundin und sein Baby noch am Dienstagmorgen in den Arm nehmen zu können. „Jennifer hat intuitiv alles richtig gemacht und das Baby warmgehalten“, lobt Leonie Schönberg. Die Hebamme war Dienstagfrüh im Dienst und staunte nicht schlecht über die spontane Geburt. Sie arbeitet seit zwölf Jahren an der GRN-Klinik in Weinheim. „So etwas habe ich aber noch nicht erlebt“, sagt sie, „und auch aus dem Kollegenkreis ist mir ein solcher Fall nicht bekannt.“ Die „toughe“ junge Frau sei top-fit im Krankenhaus angekommen. Und das Baby auch. Das Team von Hebammen und Ärzten musste sich im Anschluss nur noch um die Versorgung von Mutter und Kind kümmern. Überwachungsvideos überprüft.

Übrigens: Jean-Milo ist Weinheimer. Zunächst war unklar, welcher Ort in die Geburtsurkunde eingetragen werden sollte. Das Baby kam zwar auf der hessischen Seite des Saukopftunnels zur Welt, die Nabelschnur wurde allerdings im Krankenhaus in Weinheim durchtrennt. Ein Umstand, der für die Standesämter durchaus von Belang ist. „Ohne Geburtsurkunde mit Ort hätten man uns nicht entlassen“, erklärt Jennifer Spohn und berichtet, es seien sogar die Überwachungsvideos vom Tunnel überprüft worden, um die Frage zu klären, wo genau das Baby auf den 2,7 Kilometern Tunnellänge entbunden wurde. „Letztendlich habe ich entschieden, dass er Weinheimer sein soll“, so die junge Mutter. Und ob Hesse oder Baden-Württemberger, Hauptsache, das Baby ist gesund.

Von Iris Kleefoot