Weinheim

Wilder Müll: So viel wie noch nie in Weinheim

Der Bauhof klagt über ein wachsendes Problem, es häufen sich die Beschwerden über mangelnde Sauberkeit.

Matratzen, kaputte Möbelteile, alte Decken und sogar Elektrogeräte: Markus Schäfer (links), Leiter der Straßenreinigung, und Stephan Schuhmacher, der Stellvertretende Leiter des Weinheimer Bauhofs, können nur den Kopf schütteln. Foto: Stadt Weinheim
Matratzen, kaputte Möbelteile, alte Decken und sogar Elektrogeräte: Markus Schäfer (links), Leiter der Straßenreinigung, und Stephan Schuhmacher, der Stellvertretende Leiter des Weinheimer Bauhofs, können nur den Kopf schütteln.

Im Morgengrauen wurde der Dreck langsam sichtbar. Matratzen, kaputte Möbelteile, alte Decken, sogar Elektrogeräte. Um den Baum in der Händelstraße hatte irgendein Zeitgenosse in der Nacht einfach seinen Unrat abgeladen – und war verschwunden. Stephan Schuhmacher, der Stellvertretende Leiter des Weinheimer Bauhofs, und Markus Schäfer, Leiter der Straßenreinigung, können nur den Kopf schütteln angesichts des Müllberges. Überrascht sind sie nicht, aber verärgert. „Das ist mittlerweile an der Tagesordnung“, stellt Stephan Schuhmacher fest.

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Ein wachsendes Problem

Es ist ein wachsendes Problem: die Ablagerung wilden Mülls. Mutwillig – wie in dem Fall in der Händelstraße – oder auch nachlässig, weil die Menschen einfach ihren Abfall irgendwo hinwerfen. Thomas Keil von der Grünflächenabteilung kann die Sorgen seiner Kollegen nur bestätigen: Mittlerweile ist es erforderlich, dass Rasenflächen in der Stadt vor dem Mähen erst gesäubert werden müssen, um eine Beschädigung der Maschinen zu vermeiden.

Ein Rundgang um dicht besiedelte Quartiere wie in der Händelstraße, der Wormser Straße und der Fichtestraße – aber auch in vergleichbaren Straßenzügen der Stadt – verdeutlicht den Druck auf die Straßenreinigung. Da ist ein Sportgerät um einen Baum gewickelt. Hinter ein Mülleimerhäuschen hat jemand ein abgebautes Bett abgelegt.

„Ein wirkliches Ärgernis“, regt sich auch Bärbel Koch-Seidel auf. Als Anwohnerin im unteren Teil der Lindenstraße in der Weinheimer Innenstadt hat sie sich schon mehrfach bei der Stadtverwaltung über wilde Müllablagerungen an der Ecke zur Hauptstraße beschwert. „Dort wird immer wieder Müll abgeladen“, weiß sie und berichtet von Kindern, die mit den achtlos weggeworfenen Dingen spielen. „Und die Gäste, die im Café gegenüber im Freien sitzen, müssen auf den Müllberg schauen. Das ist doch Wahnsinn“, ärgert sie sich. Sie fragt sich, ob die Nachbarschaft tatsächlich nicht mitbekommt, wer den Unrat dort abstellt. Bärbel Koch-Seidel: „Das müsste doch irgendwie rauszubekommen sein.“

Mehrfach hat die Anwohnerin bereits beim Ordnungsamt Bescheid gesagt, wenn sich wieder der Sperrmüll häufte. „Und dann wurde blitzschnell aufgeräumt“, ist sie voll des Lobes für die Stadtreinigung.

Wachsendes Anspruchsdenken

Die Rücksichtslosigkeit geht einher, berichtet Markus Schäfer, mit einem wachsenden Anspruchsdenken der Bürger. So gehen bei der Verwaltungsspitze immer häufiger Beschwerden über mangelnde Sauberkeit ein. „Das passt doch nicht zusammen“, wundert sich der Saubermann des Bauhofs sichtlich verzweifelt. Die Misere kann er belegen. Das Aufkommen von wildem Müll in Wohngebieten ist in den vergangenen fünf Jahren in Weinheim um rund ein Drittel angewachsen. Schäfer: „In der Coronazeit haben die Leute ihre Wohnungen entrümpelt, aber auch jetzt wird es nicht spürbar besser.“

Mittlerweile wird im Bauhof jede zweite Woche eine sieben Kubikmeter große Container-Mulde damit gefüllt. Im Jahr fallen fast 200 Tonnen an. Inklusive Abholung kostet die Entsorgung den Steuerzahler pro Jahr rund 70 000 Euro; ganz davon abgesehen, dass der Bauhof von anderen – wichtigen – Arbeiten abgehalten wird. Schäfer kann das Verhalten nicht verstehen. „Es ist doch so leicht und nicht teuer, seinen Sperrmüll oder Unrat über die AVR zu entsorgen“, ärgert er sich, „das ist einfach nur Bequemlichkeit und Rücksichtslosigkeit.“

Bauhof im Dilemma

Außerdem sind die Bauhofmitarbeiter in einem Dilemma: Lassen sie den Müll liegen, um ein Exempel zu statuieren, beschweren sich die Anwohner. Räumen sie alles weg, dulden sie den Vorgang. Und sie müssen sogar fürchten, dass sie Nachahmer auf die Idee bringen, sich genauso zu verhalten. – / i.k.