Fürth

Steht die Mistel unter Naturschutz?

Im Rahmen eines Aktionstags in Lörzenbach informiert Ortsvorsteher und Landwirt Klaus Dörsam, wie Obstbäume von dem Schädling befreit werden können.

Beim Mistelaktionstag in Lörzenbach wurde in Theorie und Praxis informiert, wie man Obstbäume bei einem Befall des Schädlings pflegt. Foto: Stefan Jünger
Beim Mistelaktionstag in Lörzenbach wurde in Theorie und Praxis informiert, wie man Obstbäume bei einem Befall des Schädlings pflegt.

Er ist immer noch weit verbreitet, der Irrglaube, dass die Mistel unter Naturschutz steht. Tatsächlich ist das Gewächs ein sogenannter Halbschmarotzer, der vor allem Obstbäume gerne befällt – was letztlich zu deren Absterben führen kann. Wie dies verhindert werden kann, war Thema des Mistelaktionstags, zu dem die Ortsbeiräte von Lörzenbach und Fahrenbach - zwei Ortsteilen von Fürth - am Samstag einmal mehr eingeladen hatten. Dazu trafen sich die Teilnehmer in Lörzenbach an der Maschinenhalle von Ortsvorsteher und Landwirt Klaus Dörsam.

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Impressum

In Lörzenbach und Fahrenbach hat sich in den vergangenen Jahren aus einer privaten Initiative heraus über die beiden Ortsbeiräte eine Interessengemeinschaft gebildet, die sich dem Erhalt der Streuobstwiesenbestände widmet. Diese wurde zwischenzeitlich mit einer Blühwiesenaktion ergänzt, und auch hiesige Imker schlossen sich an. Beim inzwischen schon siebten Aktionstag informierte Dörsam über den Schutz der Streuobstbestände vor der Mistel und veranschaulichte dies auch in der Praxis anhand eines stark befallenen Apfelbaums.

Thema zieht Kreise

„Das Thema Misteln hat in den vergangenen Jahren immer größere Kreise gezogen“, erklärte Dörsam in seiner Begrüßungsansprache. So erinnerte er beispielsweise daran, dass auch der Weschnitz-Gewässerverband die Problematik in den vergangenen Jahren aufgegriffen habe. Bei Naturpflegemaßnahmen entlang der Bachläufe, der von Misteln aufgrund der vorhandenen Feuchtigkeit bevorzugten Ausbreitungsgebiete, wird nun ein besonderes Augenmerk auf den Mistelbefall geworfen und sehr stark befallene Bäume gefällt, um der Ausbreitung des Schädlings Einhalt gebieten zu können.

Die Mistel, die selbst keine Wurzeln ausbilden kann, befällt einen Baum, indem sie in einen Tragast hineinwächst und sich dort verankert. Dadurch entzieht sie dem Baum über Verknüpfungen mit dessen Wasserleitbahnen Wasser sowie die darin gelösten Mineralstoffe und Nährsalze. Obwohl sie selbst Fotosynthese betreiben kann, deckt sie zudem auch einen nicht unwesentlichen Teil an Kohlenstoffen über den Wirt ab.

Im Kronenbereich

Die Verbreitung findet über Vögel statt. Der Schädling nistet sich vorwiegend im Kronenbereich eines Baumes auf lichtnahen Trieben mit noch dünner Rinde an. Dabei macht er sich vor allem auf geschwächten beziehungsweise älteren Bäumen vieler Streuobstbestände breit, aber auch junge können betroffen sein. Je stärker ein Baum von einer Mistel befallen ist, desto mehr verringert sich dessen Vitalität, was in der Folge zu dessen Absterben führen kann. Deshalb ist die regelmäßige Pflege der Obstbäume unerlässlich. Dafür bieten sich der Winter beziehungsweise die ersten Frühlingswochen an, wenn der Schädling auf dem Baum gut sichtbar ist, weil dieser keine Blätter trägt. Zudem hat dies den Vorteil, dass der Schnitt den Baum in dieser Zeit zu starkem Neuaustrieb angeregt.

In luftiger Höhe wird der Mistel zu Leibe gerückt. Foto: Stefan Jünger
In luftiger Höhe wird der Mistel zu Leibe gerückt.

Dörsam hob hervor, dass man auch Bäume mit schwerem Mistelbefall wieder sauber bekommt, wobei man allgemein alle zwei, drei Jahre die Absetzer in den Ästen, an die man nicht herangekommen ist, nachschneiden muss. Befallene Äste sollten bis zur nächstmöglichen Ableitung abgeschnitten werden, um einen erneuten Austrieb der Misteln zu verhindern. Auch die Rindenstränge der Mistel mit ihren schlafenden Knospen sollten entfernt werden. Ist der Schädling jedoch an einem Leitast oder einem tragenden Ast der Krone angesiedelt, so sollte er nur am Ansatz entfernt werden, um den Baum nicht zu schädigen. An diesen Stellen sind Kontrollen ratsam, da Neuaustriebe der Mistel wiederkehren können.

Wieder Vitalität verleihen

Auf diese Weise kann man den Bäumen wieder Vitalität verleihen und das Mistelwachstum im Zaum halten. Hier ist der Gebrauch von richtigem Werkzeug sehr wichtig, erklärte Dörsam, denn dieses erleichtert das Schneiden der Misteln. Gerade alte Streuobstbestände mit tiefem Wurzelwerk müssten erhalten bleiben, forderte er, denn diese speichern die CO2-Menge von mehreren jungen Bäumen ab.

Nachdem Dörsam demonstriert hatte, wie die Äste eines stark befallenen Apfelbaums fachgerecht von den Misteln befreit werden, wies er noch auf Fortbildungsmöglichkeiten hingewiesen, beispielsweise auf die Obstbaumschnittlehrgänge, die von den hiesigen Obst- und Gartenbauvereinen angeboten werden. Auch die Kelterei Krämer in Beerfurth bietet in Kooperation mit Fachverbänden entsprechende Kurse an.