Volksfest

Hemsbacher Kerweverein ist stinksauer

Bei der Hauptversammlung des Hemsbacher Kerwe - und Heimatvereins gibt es massiven Widerstand gegen die von der Stadt angekündigten neuen Gestaltungsrichtlinien zum Lärm.

Foto: Philipp Reimer

Klare Ansage des Kerwe- und Heimatvereins: Die angedachten Gestaltungsrichtlinien zum Volksfest stoßen auf Ablehnung. Insbesondere die Lautstärkeregelung, die ohnehin schwer zu kontrollieren sei. Wie berichtet, entscheidet der Hemsbacher Gemeinderat über die Verwaltungsvorlage am heutigen Montag, der Kerweverein diskutierte bereits am Freitag in seiner Hauptversammlung im „Hasentreff“ ausgiebig darüber. Dabei ging es hoch her. Vom „Tod der Kerwe“ auf leisen Sohlen war gar die Rede, falls der Gemeinderat die neuen Richtlinien umsetzt.

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Vorsitzender Volker Polzin wird – hoffentlich mit vielen Vereinsmitgliedern – die heutige Sitzung verfolgen und will sich bei der Einwohnerfragefragestunde melden. Im Auftrags des Vereins soll er sich melden und Nachfragen, ob die Richtlinie en bloc abgestimmt werden müsste.

Gefahr für Hemsbacher Kulturgut

Stein des Anstoßes bildete das Treffen des „Runden Tisches zur Kerwe“, bei dem die Stadt dem Verein eine Liste mit 50 Namen präsentierte. Dahinter verberge sich eine IG Schlossgasse, die sich über den massiven Lärm beschwerte. Daraufhin erarbeitete die Stadt eine neue Richtlinie. Kerwevereinschef Polzin wollte diese neue Regel nicht kategorisch ablehnen. „Rücksicht beim Auf- und Abbau zu nehmen, ist okay. Dass wir die Lautstärke beim Umzug regeln, ist auch okay. Die Kerwe zu feiern, geht schließlich nur gemeinsam.“ Als bei diesem Treffen aber Dezibelmessungen angesprochen wurden, sah er sich als Laie nicht dazu in der Lage, eine fundierte Meinung abzugeben. Erklärtes Ziel dieser Neuregelung sei es, dass die Stadt dadurch Klagen vorbeugen wolle, ergänzte der Vorsitzende: „Das Problem ist, dass der Verein keine Vorschläge unterbreiten kann, denn die Stadt als Veranstalter bestimmt dies.“ Polzin machte jedoch keinen Hehl daraus, dass dies alles eine Gefahr für das Hemsbacher Kulturgut darstelle. Patrick Janowski legte sich als Erster für die Kerwe ins Zeug. „Jetzt werden 70 Dezibel gefordert, beim nächsten Mal sind es 50. Was dann? Die Leute in der IG haben früher Kerwe mitgefeiert und jetzt sind sie dagegen“, wunderte er sich über dieses Verhalten. „Das ist eine Frechheit. Die Kerwe stirbt.“

Kassiererin Nadine Flemming ärgerte sich ebenfalls: „Die Liste mit den Namen hätte ich gerne einmal gesehen. Wenn wir denen den kleinen Finger geben, geht es nächstes Jahr weiter“, warnte sie und plädierte für ein harte Gangart. Kerwevereinschef Polzin kannte die Namen übrigens auch nicht und wunderte sich ebenfalls darüber. „Seit Jahren klopfen wir bei den Anwohner an und fragen nach. 2022 gab es keine Beschwerden. Für mich ist klar, dass man mit solchen starken Reglementierungen das Ehrenamt, welches immer so hoch gehoben wird, massiv stört“, mahnte er.

Ein Vereinsmitglied, der Anwohner ist, verstand die Welt nicht mehr: „Ich habe auch schon mitbekommen, wie Leute morgens um 8 Uhr die Bierflasche in die Tonne geworfen haben. Ich weiß aber, wo ich hingezogen bin.“ Ein anderes Kerwevereinsmitglied untermauerte dies und nannte das einzig wahre Motto in solchen Fällen: entweder vier Tage Kerwe oder vier Tage weg. Mit lauten Beifall und Klopfen auf den Tischen wurden diese Aussagen quittiert.

Vorsitzender Polzin wiederholte nochmals seinen Standpunkt: Nicht alles an der neuen Regelung sei schlecht, man müsse sie differenzierte betrachten und daher nicht en bloc abstimmen. Gleichwohl hegte größte Skepsis an der Überwachung der Lautstärkemessungen.

Unterschriftenaktion

Anette Dugimont übte wie viele andere im Raum auch harsche Kritik am Zustandekommen der Unterschriftenliste der IG Schlossgasse. Sie regte eine weitere Unterschriftenaktion an, bei der die Anwohner aus zwei bis drei weiteren Straßen befragt werden. Dies soll in Absprache mit der Stadt geschehen. Auch über eine zusätzliche Online-Umfrage wurde nachgedacht, um möglichst viele Menschen zu diesem Lärmproblem zu hören.

„Normalität kehrt zurück“

Die positive Bilanz der Kerwe 2022 ging angesichts der Debatte über die nächste Kerwe an diesem Abend ein wenig unter. Vorsitzender Polzin sprach von der „Rückkehr zur „ Normalität im Jahr“ 2022. Sein Lob galt allen Mitstreitern, dem Vorstand sowie dem Kerweparre Manuel Fink. „Die Kerwe ist dazu da, Spaß zu haben. Aber sie blickt auch auf ein altes Brauchtum zurück“, lobte Polzin und freute sich darüber, dass es 2022 keine Skandale und Ausfälle gegeben habe. Traurig empfand er die Resonanz auf den Kerwesonntag und am -montag. Die Kerwegass sei ziemlich leer gewesen, dabei würde jedes mehr verkaufte Bier den Vereinskassen guttun.

Treue Mitglieder geehrt

Ehrungen und Wahlen standen ebenso bei der Hauptversammlung auf der Tagesordnung. Für 15-jährige Mitgliederschaft erhielten. Stefan Roznawski, Jasmin Dugimont, Robert Stief-Rheinfrank, Peter Hymon , Tanja Schwarz, Celine Scholz und Sebastian Schmidt die Ehrennadel in Bronze. Nadine Flemming bekam für 25-jährige Mitgliedschaft die silberne Ehrennadel und Lutz Hilkert für 35-jährige Mitgliedschaft die goldene Ehrennadel. Die Neuwahlen verliefen ebenso unproblematisch: Patrick Gauch wurde zum Zweiten Vorsitzenden, Helmut Gräber zum Kassier, Greta Sutter zur Pressewartin und Nadine Flemming zur Kassenprüferin gewählt. Flemming scheid nach zwölfjähriger Tätigkeit als Kassiererin aus. Zugleich stellte sie sich als Kassenprüferin zur Verfügung. In ihrem letzten Kassenbericht, an dem die Kassenprüfer Helmut Gräber und Michael Müller nichts zu beanstanden hatten, gab es viel Positives zu berichten. Abschließend gab Vorsitzender Polzin noch bekannt, dass die Bekanntgabe des neuen Kerweparres am 15. Juli bei den Anglern am Wiesensee erfolgt. Gegen 20.40 Uhr endete schließlich die Hauptversammlung. Die Gespräche über die neuen Gestaltungsrichtlinien dauerten an. Übrigens. Hätte für die Versammlung eine solche Lärmregelung wie zur Kerwe gegolten, hätte sie vermutlich abgebrochen werden müssen. Denn die Mitglieder machten ihrem Unmut Luft. Die Gespräche waren lauter als 70 Dezibel, was in etwa dem Lärm eines Staubsaugers entspricht.