Hemsbach

Jetzt wird in Hemsbach "gebabbelt"

Eine Sitzgarnitur auf der Aussichtsplattform beim Kleinen Waidsee lädt ab sofort zu Gesprächen ein. Bürgermeister Kirchner findet das super und macht eine Ankündigung.

Jetzt ist die äußere Sitzgarnitur am Kleinen Waidsee zum „Babbeln“ freigegeben. Weitere Bänke sollen folgen. Foto: Fritz Kopetzky
Jetzt ist die äußere Sitzgarnitur am Kleinen Waidsee zum „Babbeln“ freigegeben. Weitere Bänke sollen folgen.

Eine Sitzgruppe im Freien, rund drei Dutzend Einweihungsgäste und ein Filmteam des SWR3 – am Mittwochnachmittag hat die Aussichtsplattform am Kleinen Waidsee einen in dieser Form eher seltenen Ansturm erlebt. Der Grund: Die seit 2017 am Rand der Aussichtsplattform aufgebaute Sitzgruppe wurde vom Stadtseniorenrat als „Babbelbank“ freigegeben. Das heißt: Wer dort sitzt, soll sich unterhalten.

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Wenn das Fernsehen kommt, dann wird es wichtig. Kaum hatte sich das Filmteam angesagt, setzte Thomas Wetzel, in der Stadtverwaltung unter anderem für die Grünanlagen zuständig, erst einmal einen Reinigungstrupp in Bewegung, um das Objekt der Mattscheiben-Begierde in einen gekehrten Zustand zu versetzen. Die Kollegen vom SWR3 kamen dann schon ein wenig vor der Zeit und hatten präzise Vorstellungen davon, wie ihr Beitrag aussehen soll. „Die haben uns genau gesagt, was wir tun sollen“, sagte Christa Hohenadel vom Stadtseniorenrat und wirkte ein wenig genervt. Die Einweihung konnte dann aber doch wie geplant in einer Drehpause über die Bühne gehen.

Aus dem Schwäbischen kopiert

Nach der Begrüßung durch Seniorenrat-Sprecher Karl-Heinz Arnold ging seine Stellvertreterin Christa Hohenadel auf die Vorgeschichte ein. Die begann vor knapp zwei Jahren. Der Landesseniorenrat Baden-Württemberg rief zum Tag der Älteren am 1. Oktober 2021 in Stuttgart ein „Schwätz-Bänkle“ ins Leben. Die Idee, die dem englischen Vorbild „Chat Bench“ folgt, war gut, um der coronabedingten Einsamkeit vieler Bürger entgegenzuwirken, der Name bedurfte allerdings einer Anpassung ans Kurpfälzische. „Wir schwätze net, wir babbeln“, sagte Hohenadel, die angesichts der massiven Holz-Sitzgruppe mit zwei gegenüberliegenden Bänken und einem Tisch auch nicht schwäbisch verniedlichend von einem „Bänkle“, sondern lieber von einer ausgewachsenen Bank sprechen wollte.

Viele sind einsam

Auf der sollen Menschen zusammengebracht werden. Sich einfach hinsetzen und ausruhen sei eine Möglichkeit, die Bank zu nutzen, aber vielleicht setze sich auch jemand dazu und man komme in ein anregendes Gespräch, sagte Hohenadel. Der direkte menschliche Kontakt sei nicht nur mit Nachbarn ein wenig in den Hintergrund geraten. „Man sieht fern, schaut auf den Computer-Bildschirm oder das Handy und ist, während man Kontakt mit der ganzen Welt haben kann, dabei doch meist alleine“, sagte sie weiter. Vereinsamung sei auch nach Corona immer noch ein Thema, nicht nur bei älteren Menschen.

Die Babbelbank soll Menschen zusammenführen, die miteinander reden wollen. Der Stadtseniorenrat bietet auch Hilfe für den Fall an, dass das Gespräch nicht zustande kommt oder im Small Talk zu versanden droht. An jedem zweiten und vierten Mittwoch im Monat wird Veronika Stapf ab 16 Uhr auf der Bank sitzen, um das Gespräch in Gang zu bringen. Hohenadel kündigte ferner an, einen Briefkasten zu installieren, in dem sich laminierte Karten mit verschiedenen Gesprächsthemen finden.

Babbelbank auf dem Friedhof

Bürgermeister Jürgen Kirchner zeigte sich allerdings sicher, dass die Hemsbacher genügend Themen haben, um miteinander zu sprechen. Die Idee für die Babbelbank sei so gut, dass das Rathaus sie an verschiedenen Stellen in der Stadt fortführen wolle. Schon ziemlich konkret ist dabei offenbar das Vorhaben, an einem schattigen Platz auf dem Friedhof eine Babbelbank zu installieren, die man angesichts von Klimawandel und Hitzetagen auch gleich mit einem Trinkbrunnen ausstatten wolle, kündigte Kirchner an.

Der Babbelbank am Kleinen Waidsee wünschte er „viele Gespräche“ – ebenso wie Erika Frenzel, bessere Hälfte von Pit Frenzel, dem Vorsitzenden des Pflegevereins Kleiner Waidsee. Sie schenkte dem Stadtseniorenrat ein Frosch-Maskottchen und zeigte sich glücklich, dass die Tierchen an den idyllischen Kleinen Waidsee zurückgekehrt sind. Frösche brauchen keine Bank, um sich zu unterhalten, sondern Wasser. Sie babbeln ja auch nicht, sie quaken.