Drei Kantore singen „Ständchen“ 
Hemsbach, 24.01.2023
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24.01.2023 05:05
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Hemsbach. Seit zehn Jahren gestalten Alexander Galushkin (Geige/Bratsche) und Rolf Fritz (Klavier) als Duo Allegro mit Werken jüdischer Komponisten den internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar in der ehemaligen Synagoge in Hemsbach. Das ist auch am kommenden Freitag wieder der Fall. Das Konzert beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, es wird um eine Spende gebeten. Es ist die erste Veranstaltung, die der Förderverein Ehemalige Synagoge in diesem Jahr ausrichtet. Dessen Vorsitzender Albrecht Lohrbächer stellte jetzt in einem Pressegespräch die Vorhaben seines Vereins im ersten Halbjahr vor.

2023 steht im Zeichen eines Jubiläums: Vor 175 Jahren wurde nämlich die ehemalige Synagoge in Hemsbach eingeweiht. Das war 1848 und nicht drei Jahre zuvor, wie lange Zeit fälschlicherweise gedacht wurde. Unterlagen über den Bau des jüdischen Gotteshauses existieren so gut wie keine mehr, die Jahreszahl wurde aus einer Tafel über dem Tor rekonstruiert, die nicht mehr so gut lesbar ist und zunächst falsch interpretiert wurde, wie Lohrbächer einräumt. Da die jüdische Gemeinde erst 1845 das Grundstück erworben hat, wie heute bekannt ist, konnte der Bau unmöglich im gleichen Jahr fertiggestellt gewesen sein.

Tipp virtuoser Gesangskunst

Zum Jubiläum der Synagoge will der Förderverein „Die Drei Kantoren“ zu einem Konzert einladen, die bereits 2018 in Hemsbach aufgetreten sind. Das Entertainer-Trio mit Kippa, das mit dem Namen eine schelmisch-bewusste Nähe zu den „Drei Tenören“ sucht, gilt als Geheimtipp und verspricht virtuose Sangeskunst, gepaart mit einer guten Portion Humor. Wann Tal Koch (Tenor), Hemi Levison (Bariton) und Assaf Levitin (Bass) in Hemsbach auftreten werden, steht aktuell allerdings noch nicht fest.

Das ist bei einer Veranstaltung mit aktuellem politischen Hintergrund sehr wohl der Fall: Am Freitag, 17. Februar, 19.30 Uhr, haben Förderverein Ehemalige Synagoge und Freundeskreis Weinheim-Ramat Gan die beiden Journalisten Esther Shapira und Georg Hafner zu einer Veranstaltung ins Alte Rathaus am Weinheimer Marktplatz eingeladen. Sie werden sich mit der aktuellen politischen Situation in Israel beschäftigen. Die neue ultra-rechte Regierung von Langzeit-Premierminister Netanyahu hat gleich zu Beginn negative Schlagzeilen provoziert und auch in Israel Proteste ausgelöst. Es wurden Befürchtungen laut, das Land könnte seine demokratische Ausrichtung einschränken. Shapira und Hafner wollen eine Orientierung geben.

Noch nicht terminiert, aber fest geplant ist nach Aussage von Lohrbächer die Vorführung des Spionagethrillers „Die Agentin“ im Brennessel-Kino. Das Agentendrama, das erstmals 2019 auf der Berlinale vorgestellt wurde und dort außer Konkurrenz lief, beleuchtet das Verhältnis Israels und des Irans, der den jüdischen Staat bekanntlich am liebsten auslöschen möchte. Eine Veränderung plant der Förderverein auf dem jüdischen Friedhof im Mühlwegtal mit seinen mehr als 1000 Gräbern. Diese sollen mit Aluminiumtafeln, die neben die Grabsteine gestellt werden, nummeriert werden, damit Angehörige, die zum Teil von weither angereist kommen, die Gräber ihrer Vorfahren leichter finden können. Die Nummerierung soll dabei einem bestehenden Plan folgen, sagte Lohrbächer. Der schätzt sich glücklich, dass die Weinheimer Lern-Praxis-Werkstatt seit geraumer Zeit ehrenamtlich Pflegearbeiten auf dem Friedhof durchführt, beispielsweise die Wege vom Laub befreit und begehbar hält und Bänke reinigt. Auch die insbesondere von Patrick Baumgärtner und Gabriel Zellmer getragene Jugendarbeit des Fördervereins soll in diesem Jahr weitergehen. Die bestehende Gruppe drohe allerdings auseinanderzufallen, sagte Lohrbächer mit Blick auf die Tatsache, dass viele jetzt ihr Abitur machten und nicht in der Region blieben. Aktuell sei ein Film in Vorbereitung über das Internierungslager Gurs, in das 1940 die letzten Hemsbacher Juden deportiert wurden und das von der Gruppe 2022 besucht worden ist. In diesem Jahr soll zudem die Zusammenarbeit mit dem Hemsbacher Jugendzentrum enger werden.

Derzeit in der praktischen Arbeit sind einige, zum Teil vom Finanzamt wegen der Gemeinnützigkeit geforderte Änderungen an der Vereinssatzung. Sie sollen bis zur Mitgliederversammlung im Herbst beschlussfertig ausgearbeitet sein, kündigte Lohrbächer an. Dabei geht es beispielsweise darum, digitale Mitgliederversammlungen abzuhalten. Auch soll die Möglichkeit geschaffen werden, Ehrenmitgliedschaften auszusprechen. Ferner soll genau bezeichnet werden, an wen bei einer Auflösung das Vereinsvermögen fällt.

Doch von der Auflösung ist der Förderverein Ehemalige Synagoge weit entfernt. Die Zahl der Mitglieder bewegt sich konstant bei etwas mehr als hundert. Willentliche Austritte gibt es seit Jahren keine, sagt Lohrbächer, sondern nur durch Todesfälle. Allerdings brauche der Verein dringend eine Verjüngung, sagt der Vorsitzende, der in diesem Jahr selbst 80 Jahre alt wird. Immerhin wurden im vergangenen Jahr mit Caitlin Follo und Lukas Hornberger zwei junge Menschen, die sich in der Jugendgruppe des Bergstraßen-Gymnasiums engagieren, Mitglieder. maz

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