Junge Kunst im Herzen der Stadt
Weinheim, 30.09.2021
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30.09.2021 05:00
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Weinheim. Die Türen des Ateliers von Julia Schmalzl und Mark Slavin in der Obergasse sind weit geöffnet. Während nur ein paar Meter weiter die Café-Besucher auf dem Weinheimer Marktplatz einen späten Cappuccino in der warmen Herbstsonne trinken, sprechen die beiden Künstler über ihre Zukunftspläne. „Als Teenager habe ich mir mehr zeitgenössische bildende Kunst in Weinheim gewünscht“, sagt Julia Schmalzl, die in Reichelsheim aufgewachsen ist. Nun will sie mit ihrem Partner genau das in Weinheim verwirklichen und mit ihrer Kunst-Werkstatt, die am 16. Oktober in den Atelierräumen in der Obergasse Eröffnung feiert, einen Ort für Ausstellungen, Workshops und den Austausch über zeitgenössische Kunst schaffen.

Die ehemalige, rund 100 Quadratmeter große Werkstatt scheint dafür perfekt zu sein. Aktuell hängen an den Wänden die großformatigen Bilder von Schmalzl und Slavin selbst. „Wir haben aber ein großes Netzwerk und wollen auch andere, junge Künstler für Ausstellungen nach Weinheim holen“, sagt Julia Schmalzl. Beide sind schon viel herumgekommen. Schmalzl hat in Karlsruhe Kunst studiert, bevor sie als freischaffende Künstlerin nach Hamburg ging. Dort begegnete sie Mark Slavin. Er stammt aus einer St. Petersburger Künstlerfamilie und hat in der Hansestadt studiert. An der Elbe geben die beiden auch Kunstkurse, beispielsweise an der Hamburger Kunsthalle.

In der Großstadt wächst der Wunsch, sich in einer kleineren Stadt niederzulassen. „Als Künstler braucht man Ruhe für seine Arbeit“, sagt Schmalzl. Die finden sie in Weinheim und durch eine glückliche Fügung auch eine Wohnung samt Atelier. Dort entstehen nun ihre Werke.

Schmalzls großflächige figurative Ölmalerei beschäftigt sich mit inszenierter Privatsphäre und Intimität. Inspiration dafür findet sie im Internet, vor allem in den sozialen Netzwerken. Posen, Bewegungen stehen bei ihr im Mittelpunkt – und die Frage nach den realen zwischenmenschlichen Beziehungen. Inter-agieren wir miteinander oder inszeniert sich jeder selbst in seinem Gegenüber? Auf Vorzeichnungen verzichtet sie. Alles entsteht im Prozess des Malens. „Ich habe eine ungefähre Idee im Kopf, wie das Bild aussehen soll. Aber alles andere kommt dann, während ich an der Leinwand arbeite“, sagt sie. Am 1. Oktober sind ihre neuesten Arbeiten in der Galerie Monica Rupert in Frankfurt zu sehen (bis 18. Dezember, Bleichstraße 48).

Akribisch und mit detailreicher Vorarbeit geht Mark Slavin an seine Werke heran. Seine Serie „Dialoge“ beispielsweise ist eine Reminiszenz an die alten Meister wie Caravaggio (1571 – 1610), Hieronymus Bosch (ca. 1450 – 1516). Slavin fragmentiert sie, setzt sie vielschichtig und reliefartig neu zusammen und schafft dadurch ein interessantes Spannungsfeld zu unserer modernen Zeit. „Ich denke dabei an unsere Wahrnehmung: Aus der Flut an Informationen und Bildern, der wir ausgesetzt sind, nehmen wir nur Bruchstücke, Fragmente wahr – und setzen sie für uns zu einem Bild zusammen“, sagt Slavin. Adam und Eva etwa – das klassische, archaische Motiv reichert Slavin mit zahlreichen neongrünen Äpfeln an, die sich fast wie ein Vorhang vor das alttestamentarische Paar legen. „Die Äpfel sind eine Anspielung auf unsere Konsumgesellschaft. Er steht für die Verführung und wir sind derzeit zu vielen Verführungen ausgesetzt“, so der Künstler.

Über Julia Schmalzl und Mark Slavin

Julia Schmalzl wurde 1989 in Mannheim geboren.

2010 – 2016: Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof. Gustav Kluge, Jonas Burgert, Professor Marcel van Eeden.

2015: Diplom in Malerei und Grafik.

2016: Meisterschülerin von Professor Marcel van Eeden.

Seit 2016 freiberufliche Bildende Künstlerin, Unterrichtstätigkeit unter anderem an der Lichtwarkschule Hamburg und der Volkshochschule Heidelberg.

Mark Slavin wurde 1987 in St. Petersburg (Russland) geboren, 1999 zog seine Familie nach Hamburg.

2006 – 2011: Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) Hamburg bei Professor Erhard Göttlicher und Professor Jadranko Rebec.

2011: Abschluss als Diplomdesigner.

Seit 2012 freischaffender Bildender Künstler, Unterrichtstätigkeit unter anderem an der Hamburger Kunsthalle und der Lichtwarkschule Hamburg.

Atelier und Kunstwerkstatt von Julia Schmalzl und Mark Slavin, Obergasse 18, Eröffnung am Samstag, 16. Oktober, ab 18 Uhr.

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