Die Reaktionen von Politik und Gesellschaft auf die Wutrede dieser jungen Klimaaktivistin waren unterschiedlich, aber kalt ließ sie niemanden. Sie entlarvt unser aller Trägheit und nicht nur die der Mächtigen. Zu einfach wäre es, sich zurückzulehnen und abzuwarten, was die Politik an Maßnahmen beschließt, um die Klimaziele zu erreichen. Abzuwarten, wie viel Geld die Staaten zur Verfügung stellen. Abzuwarten, welche neuen Technologien die Wissenschaft entwickelt, um der Erderwärmung Einhalt zu gebieten.
Wer die Rede der jungen Schwedin gehört hat und wer die Massen an Demonstranten gesehen hat, die freitags auf die Straßen gehen, der kommt kaum umhin, sich peinlich berührt an die eigene Nase zu fassen. Was tun wir denn im Alltag für ein nachhaltiges, der Natur verantwortliches Leben? Die erschreckenden Bilder von riesigen Mengen an Plastikmüll in den Weltmeeren haben mich dazu veranlasst, keine Plastikflaschen mehr zu kaufen. Mittlerweile bin ich auf Leitungswasser umgestiegen. Ein weiterer Vorteil: Ich erspare mir das Schleppen der Getränke in den zweiten Stock. Viele meiner Kollegen sind ebenfalls sensibilisiert (und auch hier sind es zumeist die jungen!). Hier berichten sie, was sie im Alltag für ein nachhaltigeres Leben tun – nichts Weltbewegendes vielleicht, aber kleine Schritte in die richtige Richtung. Und was tun Sie?
Ich nutze seit etwa fünf Jahren wiederbefüllbare Kaffeekapseln, dadurch spare ich Unmengen an Müll und Geld. Eingekauft wird hauptsächlich regional und von kleinen Anbietern sowie plastikfrei, soweit es möglich ist. Ich bringe zum Einkaufen immer eigene Taschen und Behältnisse mit.
Die Unverpackt-Läden, die jetzt überall eröffnen, erleichtern das ungemein. Ich stelle viele meiner Kosmetika selbst her, das ist neben dem Nachhaltigkeitsfaktor zu einem richtigen Hobby geworden. Wir haben außerdem einen schönen Garten, in dem wir viel Obst und Gemüse selbst anbauen, auch Bienen und andere Insekten finden bei uns reichlich Nahrung. Kleidung kommt fast nur noch secondhand ins Haus, viele unserer Lebensmittel beziehe ich über das „Foodsharing“. Es ist weniger Verzicht, sondern vielmehr das Erkennen der Dinge, die man wirklich zum Leben braucht. Der Trend zur Nachhaltigkeit, der in vielen Haushalten Einzug hält, ist richtig und wichtig. Hoffentlich ebbt er nicht wieder ab, wenn etwas anderes „in Mode“ kommt.
Lang, viel zu lang hatten wir die Nummer 50 und die 67 beim Lieblings-Thailänder zum Mitnehmen bestellt. Gemüsecurry und Rindfleisch in pikanter Pfeffersoße. Oder die 17: Hühnchen auf Gemüsebett. Gut verpackt in der Styroporbox, gerne noch umhüllt von einer Plastiktüte.
Sicher ist sicher. Bis auch uns Gedankenlosen das Licht aufging, nicht nur Milch aus dem Milchhäusel in die Flasche zu zapfen oder den O-Saft in der Mittagspause aus dem mitgebrachten Becher zu trinken.
Folgerichtig also unsere Frage, ob die thailändischen Spezialitäten – wie bereits der Kuchen beim Bäcker, die Currywurst an der Imbissbude oder der Käse an der Frischetheke – nicht auch in der Glasbox oder gar im Topf mitzunehmen seien. Irritierte Blicke hinter dem Wok: „Nein. Das geht nicht. Wenn wir das jetzt anfangen, dann kommt ja jeder!“
Äh – ja . . .? Aber unser Koch blieb hart. Was tun? Wir bestellten das Essen zum „Hier-Essen“, schabten alles am Tisch von den Tellern in die mitgebrachten Metallboxen und Töpfe. Gleicher Effekt, aber weitaus peinlicher – für uns und den Imbissbetreiber. Besonders, wenn man noch für Freunde mitbestellt und alle sechs Essen gleichzeitig auf den Tisch kommen.
Die Lösung: wieder mehr selbst kochen, regional und saisonal. Am besten wie bei Oma: zweimal die Woche Fleisch, einmal Fisch, Eintopf, Mehlspeise, Nudeln und Kartoffelgericht. Muss man erst mal drauf kommen.
Ich versuche, Flugreisen möglichst zu vermeiden. Denn hierbei fallen auf einen Schlag die meisten Emissionen an, die man als Einzelperson verantworten kann. Einmal mit dem Flieger nach New York und wieder zurück schießt rund 3,6 Tonnen CO2 in die Atmosphäre – in zwölf Monaten ist der deutsche Bürger für 9,6 Tonnen verantwortlich. Mit einem Langstreckenflug kann ich mir also meine mühsam verbesserte Ökobilanz in nur wenigen Stunden komplett versauen.
Deshalb stelle ich mir die Frage: Muss das sein? Trotz günstiger Preise, die mit Superangeboten locken, bin ich der Meinung, nicht das Recht zu besitzen, jederzeit an jeden Ort dieser Welt zu jetten, nur weil ich es theoretisch könnte. Deshalb beschränkt sich meine Urlaubsplanung meistens auf die Ziele, die mit dem Auto oder der Bahn erreicht werden können.
Natürlich muss ich für die An- und Abreise mehr Zeit einrechnen, was man aber nicht als Nachteil verstehen muss: So kommt man vielleicht an Orte, an die es einen sonst niemals verschlagen hätte. Oder man lernt Menschen kennen, die andernfalls Unbekannte geblieben wären.
Vielleicht ist das Ganze eine Frage der persönlichen Einstellung. Sicher kann es auch anstrengend sein, wenn man mit dem Reisebus nach Südfrankreich fährt oder mit der Bahn zum Städtetrip gondelt, wenn die Klimaanlage mal wieder streikt. Aber auch diese Erfahrungen können am Ende wertvoll sein. Und wenn man ein Konfuzius-Zitat verwenden möchte: „Der Weg ist das Ziel.
Wir versuchen – sooft es eben geht – für den Wocheneinkauf zuerst beim Bauernladen in der Nähe vorbeizugehen. Denn hier sind die Produkte immer regional und meist viel billiger als im Supermarkt. Im Bauernladen kaufen wir dann frisches Gemüse, Obst, Knoblauch, Eier, Salat oder Kräuter und fahren erst dann weiter zu den großen Supermärkten.
Wir versuchen außerdem, saisonal zu denken. Himbeeren oder Erdbeeren holen wir beispielsweise nie im September oder im Februar. Die kaufen wir – mal abgesehen davon – sowieso immer nur beim Bauern oder ernten sie im Garten meines Großvaters gleich selbst.
Dann überlegen wir gerade, ob wir uns einen Elektroroller anschaffen und dafür eines unserer beiden Autos abgeben. Da wir beide nah an unserem Arbeitsort wohnen, wäre das kein Problem. Hier schauen wir uns gerade nach passenden Modellen um. Problem: Wer muss mit dem Roller fahren, wenn es regnet oder schneit?
Ich wohne in Heidelberg und verzichte dort schon lange grundsätzlich auf mein Auto, fahre mit dem Fahrrad oder gehe zu Fuß, auch längere Strecken. Aber weniger aus Nachhaltigkeitsgründen, sondern weil mich der Stadtverkehr wahnsinnig macht, ich mit dem Rad sowieso schneller bin und die Spaziergänge als Entspannung empfinde. Da ich auch oft mit der Straßenbahn zur Arbeit fahre, habe ich innerhalb der vergangenen neun Tage, die ich mein Auto gar nicht vom Fleck bewegt habe, zum Beispiel rund 350 Kilometer per Bahn, Rad und zu Fuß zurückgelegt. Die Nachteile: Ich bin nicht so flexibel, muss morgens früher aufstehen und komme später von der Arbeit.
Auch das Bahnfahren am Nachmittag, dicht gedrängt zwischen Menschen, ist gerade im Hochsommer kein Vergnügen.
Doch die Vorteile überwiegen: Ich stehe nicht mehr im Stau bei 40 Grad Innentemperatur und kann unterwegs entspannt lesen. Allerdings ist das Monatsticket teuer. Zum Glück bezahlt es mein Arbeitgeber. Konsequent wäre, das Auto einfach ganz abzuschaffen – aber so weit bin ich noch nicht.