Kommunen

Größere Städte wollen Bußgeld von Verkehrssündern kassieren

Jeden Tag werden auch in Hessen zu flotte Autofahrer geblitzt. Fast ein Dutzend Städte dringen nun beim Bußgeld auf eigene höhere Einnahmen. Was sagt das Land Hessen dazu?

Ein Geschwindigkeitsmessgerät löst bei einem vorbeifahrenden Auto aus. Foto: Daniel Löb/dpa
Ein Geschwindigkeitsmessgerät löst bei einem vorbeifahrenden Auto aus.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Elf größere Städte in Hessen wollen das Bußgeld von Verkehrssündern nicht mehr landesweit zentral kassieren lassen, sondern selbst einfordern, um ihre Einnahmen zu steigern. Unter Federführung der Landeshauptstadt Wiesbaden haben Darmstadt, Kassel, Offenbach, Bad Homburg vor der Höhe, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg, Rüsselsheim und Wetzlar einen Antrag auf Beendigung der Zuständigkeit der Zentralen Bußgeldstelle Kassel für sie an Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) gerichtet.

Newsletter

Holen Sie sich den WNOZ-Newsletter und verpassen Sie keine Nachrichten aus Ihrer Region und aller Welt.

Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis.

Bei grünem Licht für diesen Vorstoß verblieben die Einnahmen aus Bußgeldverfahren zu 100 Prozent bei den Kommunen, teilte die Stadt Wiesbaden am Freitag mit. Vorbild sei die Stadt Frankfurt, die schon selbst Zahlungen von Verkehrssündern eintreibe. Doch das zuständige hessische Innenministerium signalisierte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur für dieses Ansinnen keine Zustimmung.

Laut der Stadt Wiesbaden behält das Land Hessen für die Endbearbeitung von Bußgeldverfahren 60 Prozent der Einnahmen, «obwohl der größte Arbeitsaufwand bei den Kommunen liegt und diese auch die technische Ausstattung, wie zum Beispiel mobile und feste Geschwindigkeitsmessanlagen, selbst finanzieren müssen». Mit diesem «ungünstigen Verteilungsschlüssel» habe zum Beispiel Wiesbaden 2022 circa zwei Millionen Euro verloren, «die zur Haushaltsdeckung dringend benötigt würden», teilte die Landeshauptstadt weiter mit.

Die Zentrale Bußgeldstelle habe zudem immens viele Fälle und stelle oft welche ein, die einzelne Kommunen weiterverfolgen würden. Dies liege auch an einem «nicht mehr zeitgemäßen und langwierigen zweistufigen Verwaltungsverfahren». Der Wiesbadener Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende erklärte, wenn die Bußgeldverfahren in einer Hand in einer Kommune wären, «könnten diese Einstellungen vermieden werden und die Verfahren deutlich schneller und bürgerfreundlicher abgewickelt werden».

Das Innenministerium winkt jedoch ab. Die Zentrale Bußgeldstelle gewährleiste «eine landesweit einheitliche Verfolgungspraxis bei gleichzeitig hoher Professionalität aufgrund der dauerhaften Befassung in diesem Spezialgebiet», teilte Ministeriumssprecher Marcus Gerngroß mit. Die so erworbenen Fachkenntnisse sorgten für eine einheitliche rechtliche Behandlung der Fälle. Mit der speziellen Software der Zentralen Bußgeldstelle «können Verfahren zudem schneller, transparenter und wirtschaftlicher bearbeitet werden», ergänzte Gerngroß. Zur «Wahrung der Akzeptanz der Verkehrsüberwachung» sei die Entkopplung von kommunalen Kontrollen und zentraler Verfolgung der Verstöße sinnvoll. Frankfurt falle als größte hessische Stadt mit genug Fachpersonal aus dem System heraus.