Löhrbach

15 km/h und ein Totenkopf

Zwei Unfälle am 3. September 1928 in Löhrbach und die Folgen. Der Birkenauer Gemeindearchivar Günter Körner über Geschehnisse, die fast 100 Jahre zurückliegen.

Ein Blitzer gegen das Rasen auf der Ortsdurchfahrt von Löhrbach – schon vor fast 100 Jahren wurde in diesem Bereich zu schnell gefahren. Foto: Fritz Kopetzky
Ein Blitzer gegen das Rasen auf der Ortsdurchfahrt von Löhrbach – schon vor fast 100 Jahren wurde in diesem Bereich zu schnell gefahren.

Löhrbach. Der 3. September 1928 war für Löhrbach ein tragischer Tag. Es kam zu zwei schwerwiegenden Verkehrsunfällen, die der damalige Berichterstatter kurz und knapp schilderte: „Löhrbach, 3. September (Tödlicher Unglücksfall). Gestern ereignete sich hier ein tödlicher Unglücksfall, welcher in seiner Folge ein Todesopfer forderte. Der Taglöhner Josef Kohl wollte für sich ein wenig Grummet holen und benutzte dazu das Pferdegespann eines hiesigen Landwirts.

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Pferde suchen das Weite

Auf der Dorfstraße scheuten plötzlich die Pferde vor einem vorüberfahrenden Kraftwagen und suchten das Weite. Der Unglückliche stemmte sich gegen das vordere Spannholz, um eine größere Gewalt über die Pferde zu bekommen, als sich plötzlich dasselbe von dem Leiterwagen löste und der Mann unter dem Wagen zu liegen kam, wo er, da er sich die Leine um eine Hand gewunden haben soll, mit und zu Tode geschleift wurde. Der bedauernswerte Mann hinterlässt Frau und zwei Kinder.
Löhrbach, 3. September. Gleichzeitig ereignete sich ein weiterer Unfall, der leicht schwere Folgen hätte zeitigen können. Ein junger Bursche von hier fuhr mit dem Fahrrad die obere steilabfallende und sehr unübersichtliche Dorfstraße hinab und überfuhr, wahrscheinlich in schnellem Tempo, ein ebenfalls von hier stammendes Mädchen, welches nun auch mit zerschundenem Kopf darniederliegt und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste.“

Steile Straße die Ursache

Die steile Dorfstraße war die Hauptursache für die beiden Unfälle. Die Gendarmerie Birkenau wurde beauftragt, sich an Ort und Stelle ein Bild von der Situation zu machen und gleichzeitig Vorschläge zur Unfallverhütung auszuarbeiten. Gendarmeriemeister Niebel drückte es so aus: „Die steile Ortsstraße ist ein Schrecken für die Menschheit. (…) Die Straße Ober-Abtsteinach, Löhrbach, Birkenau ist am Ortseingang in Löhrbach für alle Fuhrwerke durch ihre steile gekrümmte und schmale Beschaffenheit geradezu lebensgefährlich. Auch befindet sich dort anschließend eine rechtwinkelige Kurve, die schon manchen Unfall herbeiführte.“
Abhilfe sollte eine Geschwindigkeitsbeschränkung schaffen: „(…) Der Unterzeichnete schlägt vor, Warnungstafeln an allen gefährlichen Stellen mit der Aufschrift ‚langsam fahren, Lebensgefahr – eventuell mit Totenkopf und der Aufschrift 15 km in der Stunde‘ aufzustellen. Oder die Strecke für Radfahrer verbieten. Denn die Herrschaft über das Rad kann nur derjenige behalten, der langsam mit zwei Bremsen fährt. Man muss hier das Unmögliche verlangen, um das Mögliche zu erreichen.“ Und damit hatte der Gendarmeriemeister wohl recht. Vor der Aufstellung dieses ersten Verkehrsschildes in Löhrbach hörte man den Bürgermeister, der einen Vorschlag für den Standort des Schildes machte: „... dass eine Fahrgeschwindigkeit von 15 km in der Stunde für Fuhrwerke jeder Art vorgeschrieben wird. Diese Tafel wäre auf der Höhe von Ober-Abtsteinach gegen Löhrbach anzubringen.“ Das Kreisamt stimmte diesem Vorschlag zu.

Moderne Kontrollen

Solche schweren Verkehrsunfälle, wie eingangs geschildert, sind für die Folgejahre nicht mehr überliefert. Auch heute noch wird die gefahrene Geschwindigkeit in Löhrbach Tag und Nacht gewissenhaft kontrolliert. Mithilfe von esels- oder mausgrauen Kästen, die mit ihren flinken Laseraugen jede Überschreitung über 30 Kilometer pro Stunde gewissenhaft dokumentieren. Übertreter erhalten dann Bußgeldbescheide unter Angabe der etwas umständlich anmutenden und kaum nachvollziehbaren Rechtsgrundlage: „§ 41 Abs 1 iVm Anlage 2, §49 StVO; § 24 Abs. 1,3 Nr. 5 StVG, 11.3.2 BKat“. So schlägt sich ein fast hundertjähriger Bogen, der die berechtigte Regulierung und Überwachung des fließenden Straßenverkehrs zum Inhalt hat.

Von Günter Körner