Naturschutz

Alles, was man über die Amphibien-Wanderung im Odenwald wissen muss

Molche, Frösche, Erdkröten sind im Liebestaumel - auch im Odenwald. Naturschutzexperten haben WNOZ verraten, was man über dieses Naturschauspiel wissen muss.

Nicht nur der Tod durch Überfahren ist ein häufiges Schicksal der wandernden Tiere. Bei Geschwindigkeiten über 30 km/h werden die Amphibien auch durch den erhöhten Luftdruck der vorbeifahrenden Autos getötet. Foto: Adobe Stock
Nicht nur der Tod durch Überfahren ist ein häufiges Schicksal der wandernden Tiere. Bei Geschwindigkeiten über 30 km/h werden die Amphibien auch durch den erhöhten Luftdruck der vorbeifahrenden Autos getötet.

Molche, Frösche oder Erdkröten – die meisten Amphibien stehen in den Startlöchern, manche sind sogar schon auf „Hochzeitsreise“. Denn wenn es in den nächsten Wochen wärmer wird, beginnen sie mit ihrer Wanderung zu den Laichgewässern. Tausende Amphibien kommen dabei jedes Jahr ums Leben. Wolfgang Wenner vom NABU Wald-Michelbach und Rolf Reinhard vom Vogel- und Naturschutzverein Unter-Abtsteinach erklären, wie man die Tiere davor schützen kann.

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Wohin wandern die Amphibien?

Zielpunkt der Amphibienwanderrouten sind ihre Geburtsgewässer. Dorthin, wo sie einst selbst geschlüpft sind, kehren sie zur Partnersuche wieder zurück. Der Weg vom Winterquartier – meist Hecken, Wälder oder auch Gärten – kann dabei bis zu drei Kilometer lang sein und führt sie auch über gefährliche Stellen wie Straßen.

Da dies während der Aktivitätszeit der Amphibien geschieht, das heißt nach Anbruch der Dämmerung bis in die Nacht hinein, ist die Gefahr groß, dass die Amphibien auf ihrer Wanderung im Straßenverkehr übersehen und in den meisten Fällen getötet werden.

Hat die Amphibienwanderung im Odenwald bereits begonnen?

Die Wanderung beginnt, sobald die Temperaturen milder werden, also konstant bei etwa sechs bis acht Grad liegen, schreibt der NABU Bergstraße auf seiner Internetseite. Die Wandersaison dauert bis Mitte Mai.

Wolfgang Wenner vom NABU Wald-Michelbach erklärt, dass im Überwald bereits Grasfrösche, Springfrösche und Molche unterwegs sind. Sie sind die Frühstarter. „Für die Kröten ist es allerdings noch zu kalt“, sagt Wenner. In Abtsteinach wurden dagegen schon vereinzelt Kröten gesichtet, erklärt Rolf Reinhard vom Vogel- und Naturschutzverein Unter-Abtsteinach im Gespräch. Wenn es während der milden Witterung noch regnet, werden Frösche und Kröten besonders aktiv. Dann kann es in manchen Gebieten zu einer regelrechten „Massenwanderung“ kommen, erklärt Wenner.

Wo sind denn speziell im Überwald die Hotspots?

Das Aschbacher Wiesental mit seinen Feuchtwiesen, Teichanlagen und Stillgewässern bietet Amphibien beste Lebensraumbedingungen. „Von hier aus ist mit einer verstärkten Wanderungsbewegung zu rechnen“, so Wenner. Hinzu kommen im Vorderen Odenwald auch der Meisenberg und die Tromm. Auch die Grube Ludwig dient Molchen und Fröschen als Lebensraum. In Klein-Wald-Michelbach gibt es darüber hinaus ein kleines Gebiet mit Privatteichen. In Unter-Abtsteinach Richtung Heiligkreuzsteinach befinden sich zudem Teiche.

Viele Laichgewässer liegen in der Nähe von Straßen. Und das kann für die Amphibien zum Problem werden. Denn auf dem Weg zu ihren Kinderstuben kommen ihnen leider oftmals die Autos in die Quere.

Welche Vorkehrungen werden getroffen?

Das Straßennetz ist leider auch an den Hotspots im Überwald dicht. Deshalb sind die ehrenamtlichen Naturschützer und auch freiwillige Privatpersonen dabei, dort Amphibienschutzzäune wie Netze oder Barrieren am Straßenrand zu errichten. So können die Kröten am Zaun eingesammelt und über die Straße zu ihren Gewässern getragen werden.

In Abtsteinach werden die Kröten in eine Straßenunterführung geleitet, sodass sie die Straße nicht überqueren müssen, berichtet Reinhard. Die Warnschilder stehen schon lange. Sie sollen die Autofahrer sensibilisieren, ihre Fahrweise anzupassen. Vorsicht und Tempo 30 sind also trotz der Zäune angesagt.

Warum gerade Tempo 30?

Nicht nur das Überfahren durch Verkehrsteilnehmer kann zum Tod von Amphibien führen. Eine weitere, weniger bekannte Ursache ist das so genannte Barotrauma, das Amphibien durch schnell vorbeifahrende Autos erleiden können. Durch den Strömungsdruck beim Vorbeifahren können die inneren Organe der Tiere verletzt werden. Tempo 30 erhöht also nicht nur die Chance, Amphibien beim Überqueren der Straße rechtzeitig zu sehen, sondern macht den Straßenraum insgesamt sicherer für die Tiere.

Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf den Biorhythmus der Amphibien?

Der Klimawandel bringt den natürlichen Rhythmus vieler Tiere aus dem Gleichgewicht. So wirken sich die zunehmend höheren Temperaturen in den ersten Monaten des Jahres auch auf das Wanderverhalten der Amphibien aus. Die wechselwarmen Tiere, deren Körpertemperatur von der Umgebungstemperatur abhängt, werden bei höheren Temperaturen früher aktiv und machen sich auch deutlich früher auf den Weg zu ihren Geburtsgewässern. Mögliche Nachtfröste können trotz des Klimawandels auftreten und für den Nachwuchs gefährlich werden. Wenner dazu: „Erdkröten legen ihren Laich in Schnüren unter der Wasseroberfläche an Pflanzen an. Vor allem für Grasfrösche ist das schlecht, denn sie legen ihre Eier an der Wasseroberfläche ab.“

Was kann der Einzelne für den Schutz der Amphibien tun?

Wer die Möglichkeit hat, in seinem Garten einen Naturteich anzulegen, tut Gutes für den Artenschutz der Amphibien.

Konkret rufen die NABU-Ortsverbände jetzt dazu auf, sich an der Rettung zu beteiligen. Doch „Selbstschutz ist wichtig“, betont Wenner. Da sich die Tiere in der Dämmerung in Bewegung setzen, sollten Helfer Warnweste, Handschuhe, Eimer und Taschenlampe mitnehmen.

Warum ist es wichtig, Handschuhe mitzubringen?

Infektionskrankheiten, die durch verschiedene Erreger wie Viren, Bakterien, Pilze oder Flechten hervorgerufen werden, gehören heute zu den Hauptursachen für den weltweiten Rückgang vieler Amphibienarten. Bei der Rettung von Amphibien kommen Naturschützer und freiwillige Helfer häufig mit den Tieren in Berührung.

Um eine Übertragung von einem Tier auf das andere zu vermeiden, wird das Tragen von Einmalhandschuhen empfohlen. Werden bei der Kontrolle von Amphibienzäunen kranke oder tote Tiere gefunden, sollten außerdem die Fangeimer und alle anderen Utensilien gründlich gereinigt und desinfiziert werden, bevor die Arbeit zur Rettung der Kröten fortgesetzt wird.

Helfende Hände bei der Krötenwanderung sind willkommen. Das Amphibienschutz-Team ist per E-Mail zu erreichen. Informationen gibt es unter www.krötenretter.de und man kann sich beteiligen an der Suche über die Naturgucker-Web-App „NABU Kröten & Co“ (via QR-Code).