Weinheim

Balkan-Beats-Band versetzt ihre Fans im Weinheimer Café Central in Ekstase

Nass geschwitzt und aufgedreht - so kehrt unsere Autorin vom Konzert zurück. Es war ein Fest!

Tanzen, stampfen, hüpfen: Das Publikum im proppenvollen Café Central ging beim Konzert von Fanfare Ciocarlia begeistert mit. Foto: Katrin Oeldorf
Tanzen, stampfen, hüpfen: Das Publikum im proppenvollen Café Central ging beim Konzert von Fanfare Ciocarlia begeistert mit.

Ob in Berlin, New York, Memphis, Tokio, oder Melbourne: Wo „Fanfare Ciocarlia“, die 12-köpfige Brass-Band aus dem kleinen rumänischen Roma-Dorf „Zece Prajini“, zum Sturm bläst, verfallen ihr die Zuschauer gnadenlos und werden augenblicklich in Ekstase versetzt. Und das heißt: tanzen, tanzen bis der Schweiß in Strömen fließt. Genau so war es auch am Mittwochabend im proppenvollen Café Central, wo es zwar kaum noch Platz zum Tanzen gab, aber trotzdem gehüpft, geklatscht, mit den Armen geschwenkt, gejohlt und unermüdlich den Vorgaben des jeweiligen Sängers gefolgt wurde.

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Was diese zwölf Bläser mit der Druckwelle der Tuba, dem Schall der Hörner, den hämmernden Schlägen der Pauke und dem irrwitzigen Tempo des Schlagzeuges ihren Fans um die Ohren hauten, war außerirdisch, jedoch in ihrer Vielfalt die universelle Sprache der Musik. Da erkannte man schon mal, mitten im stampfenden Balkan-Beat, eine heiße Rumba, einen türkischen Marsch, übermütige Klezmertöne und sogar Klänge aus der Welt der Operette. Was den Balkan-Stil der Band betrifft, so ist er zwar hauptsächlich von der traditionellen Volkstanzmusik Rumäniens und der Roma geprägt, nimmt aber auch bulgarische, serbische, mazedonische Elemente, aber auch Passagen aus dem Pop-Genre auf. So konnte es durchaus passieren, dass die verrückten, schweißüberströmten Bläser, die ein Handtuch nach dem anderen verbrauchten, mitten in die kollektive Ekstase ihres Balkan-Sounds plötzlich den gemeinsamen Refrain „Born To Be Wild“ erschallen ließen.

Die Musiker bescherten ihrem Publikum einen im allerbesten Sinn "verrückten" Abend. Foto: Katrin Oeldorf
Die Musiker bescherten ihrem Publikum einen im allerbesten Sinn "verrückten" Abend.

Wahre Teufelsbläser

Wie überaus treffend, haben die Teufelsbläser doch ihre Musik von den Eltern und Großeltern übernommen und sie zunächst auf Hochzeiten und Dorffesten angewandt. Bis 1996 der deutsche Musikproduzent Henry Ernst, der sich zufällig in der entlegenen rumänischen Gegend aufhielt, auf sie aufmerksam wurde und sie mit nach Deutschland nahm. Von dort aus eroberte die Band Europa quasi im Sturm. Es folgten mehrere Alben, Auszeichnungen, darunter der von der BBC verliehene „World Music Award“ und schließlich Touren durch die ganze Welt. Mehr als 2000 Konzerte wurden seit Beginn ihres Bestehens in 70 Ländern gespielt.

Ganz ohne Notenblätter

Notenblätter gibt es bei ihrer ausschließlich mündlich tradierten Musik nicht, das konnte man am Mittwochabend beobachten. Doch trotzdem hat „Fanfare Ciocarlia“ ihr Balkan-Repertoire mit Arrangements bekannter Filmmusik wie „James Bond Theme“ oder legendären Songs wie „Caravan“ oder „Summertime“erweitert, den Stücken jedoch ihren eigenen Stempel aufgedrückt. Starke, mit viel Applaus, bedachte Momente waren die instrumentalen Soli wie die fantasiereichen Saxophonklänge oder das atemberaubende Tempo der Klarinette von Costel Oprica Ivanecea. Der deutsche Schlagzeuger Benedikt Stehle, der auch die Moderation übernahm, ist unter all den Autodidakten der einzige studierte Musiker. Mit seinen kurzen Trommelsoli lotete er die Tiefen des Spielbaren aus.

Irgendwann mündete das Konzert in einer einzigen ausgelassenen Party. Der unermüdlichen Spielfreude sowie dem gleichbleibenden Enthusiasmus der Musiker konnte sich nämlich an diesem Abend keiner entziehen. In ihrem Übermut ließ sich eine besonders ausgelassene Tänzerin vom Saxophonisten auf die Bühne hochziehen und zeigte, unter dem Johlen des Publikums, ihre grenzenlose Bewunderung mit ballettreifen Choreografien. Derweil stampfte der Beat, die Hörner bliesen und brausten zum Tanz auf. Auch im Heimatdorf von „Fanfare Ciocarlia“, tief im Osten hinter den Karpaten, scheppert und musiziert es aus allen Häusern, denn Zece Prajini ist eine Musikhochburg. Einen Bahnhof gibt es nicht, also muss man schon wissen, wo man abspringt. Zum Glück und zur großen Freude ihrer Fans sind „Fanfare Ciocarlia“ am Mittwochabend in Weinheim abgesprungen und haben mit ihrem entfesselten Bläsersturm eine Tanz-Session entfacht, die man so schnell nicht vergessen wird.