Weinheim

Nachgefragt bei den Longhorns Weinheim: Wie funktioniert American Football?

Gefühlt alle sind im Football-Fieber. Ihr würdet gerne mitschauen, habt aber die Regeln noch nicht verstanden? WNOZ und die Footballmannschaft Weinheim Longhorns erklären die Regeln.

Ein Helm ist beim Kollisionssport American Foootball unverzichtbar. Blaue Flecken bleiben aber selbst bei den "Trainings-Drills" nicht aus. Foto: Henrick Höhn
Ein Helm ist beim Kollisionssport American Foootball unverzichtbar. Blaue Flecken bleiben aber selbst bei den "Trainings-Drills" nicht aus.

Alle Jahre wieder wird man spätestens Anfang Februar daran erinnert, dass in den USA ein riesiges Sportfest steigt - der Super Bowl. Auf den ersten Blick wirkt das Spielgeschehen im American Football für den Neuling aber undurchsichtig: Ständige Unterbrechungen, immer wieder wird von "Offense" und "Defense" geredet, viel Gerangel und auf einmal fällt auch noch der Begriff "Special Teams". Da sind, besonders am Anfang, Fragezeichen vorprogrammiert.

WNOZ WhatsApp-Kanal

Die Weinheimer Nachrichten und Odenwälder Zeitung auf WhatsApp! Aktuelle Nachrichten aus deiner Region. Die Top-Themen jeden Mittag frisch auf dem WhatsApp-Kanal.

Impressum

Wir waren zu Gast beim Training der Weinheim Longhorns und konnten dabei alles über das Spiel lernen. Zusammen mit den Longhorns bringen wir nun Ordnung in die Wirren des aufstrebenden Sports und erklären die Grundlagen, sodass ihr die Vorgänge auf dem Spielfeld nachvollziehen und das große Saisonfinale genießen könnt - ohne an den diffusen Begrifflichkeiten zu verzweifeln.

Die Positionen im Football

Anders als etwa beim Fußball gibt es keinen fließenden Übergang zwischen Angriff und Verteidigung. Vielmehr ist die gesamte, meist 53-köpfige starke Mannschaft in zwei spezialisierte Einheiten unterteilt: die Offense (zuständig für das Erzielen der Punkte) und die Defense (zuständig für die Verhinderung von Punkten). Überschneidungen zwischen diesen beiden Einheiten gibt es im Profibereich kaum. Wer in der Defensive spielt, kommt normalerweise nicht in der Offensive um Einsatz.

Offense

Quarterback: Der Dreh- und Angelpunkt der Offense. Jimmy Sawang, Wide Receiver der Longhorns, bezeichnet ihn als "Ballverteiler und Spielmacher", mit ähnlichen Aufgaben wie der "Sechser oder Zehner im Fußball". Er gibt die Anweisungen und Spielzüge des Trainers an seine Teamkollegen weiter, wirft den Ball oder übergibt ihn dem Runningback (Ballträger).

Runningback: Der Runningback fungiert hauptsächlich in der Rolle des Ballträgers, kann aber auch - je nach Spielzug - als Passempfänger oder als schützender Block für den Quarterback eingesetzt werden. Was ein Runningback macht? Er ist - ganz einfach gesagt - derjenige, der mit dem Ball im Arm so weit wie möglich Richtung gegnerische Endzone laufen soll.

Wide Receiver: Die Wide Receiver sind die Passempfänger der Offense. Auf einstudierten Laufwegen sollen sie den Verteidigern entwischen, um einen Pass zu fangen und somit möglichst viel Raumgewinn zu erringen.

Tight End: Auch der Tight End kann ein Passempfänger sein. Bei Laufspielzügen wird er aber auch oft eingesetzt, um dem Runningback als Teil der Offense Line den Weg freizumachen.

Offense Line: Die schweren Jungs aus der O-Line haben vornehmlich eine Aufgabe - den Quarterback vor der gegnerischen Defense zu schützen und ihm so mehr Zeit zu verschaffen. Bei Laufspielzügen sind sie dafür verantwortlich, dem Runningback eine Lücke in der gegnerischen Verteidigungslinie freizublocken. Keiner von ihnen darf als Passempfänger fungieren.

Defense

Defense Line/Pass Rusher: Die D-Line ist das Gegenstück zur O-Line. Diese Spieler versuchen möglichst viel Druck auf den Quarterback auszuüben und Laufspielzüge so früh wie möglich zu stoppen - am besten mit gegnerischem Raumverlust. Hier sind die "Pass Rusher" darauf spezialisiert, besonders schnell durch (oder um) den Schutzwall der O-Line zu gelangen und den Quarterback zu Fall zu bringen oder ihn wenigstens in Fehler zu treiben. Des Weiteren ist die ganze D-Line essenziell für die "Laufverteidigung" gegen die Runningbacks. Sie sollen das "Spielfeld eng machen", erklärt Sawang, sodass besonders den Ballträgern das Leben schwergemacht wird.

Linebacker: Die Linebacker sind im Prinzip die zweite Verteidigungslinie hinter der D-Line, so Sawang. Sie sind sowohl für die Verteidigung gegen den Lauf als auch für die Verteidigung von kurzen bis mittellangen Pässen zuständig. "Sie müssen tackeln, aber sie müssen auch bei einem Passspielzug [die Passempfänger] verteidigen", führt Sawang aus. Einer der Linebacker hat zudem die Aufgabe, die defensiven Spielzüge, die der Trainer vorgibt, an seine Teamkollegen zu kommunizieren und entsprechend dem offensiven Spielzug des Gegners anzupassen.

Cornerbacks/Safties: Cornerbacks sind zuständig für die Passverteidigung. Sie agieren meist als der Schatten der Wide Receiver. Sie sollen verhindern, dass der Ball sein Ziel findet. Im besten Fall fangen sie den Ball mit einer "Interception" (abgefangener Wurf) selbst. Falls der Ball doch beim Passempfänger ankommt, müssen die Cornerbacks den Receiver möglichst schnell zu Fall bringen. Der Safety ist die letzte Linie in der Verteidigung.

Sowohl bei der Offense als auch bei der Defense stehen elf Spieler auf dem Feld. Welche Position wie stark vertreten ist, entscheidet der Trainer je nach Taktik. Außerdem kann man zwischen den Spielzügen wechseln - ohne Beschränkung. Pro Spielzug darf von der Offense nur ein Pass in Richtung der gegnerischen Endzone gemacht werden.

Special Teams

Special Teams stehen nicht permanent, sondern nur in bestimmten Situationen auf dem Platz. Zum Beispiel dann: Nach einem Touchdown hat die Mannschaft, die ihn erzielt hat, die Chance, einen weiteren Punkt zu machen. Und das geht so: 15 Yards (knapp 14 Meter) entfernt vom Tor, dem Field Goal, wird der Ball durch die Torpfosten geschossen. Gelingt das, erhält die Mannschaft einen weiteren Punkt. Auch beim Kickoff oder dem Punt (Abschuss aus der Hand) sind die Special Teams im Einsatz.

Die Grundlagen des Spiels

Das Hauptziel des Spiels ist es, mehr Punkte zu erzielen als der Gegner. Soweit so vertraut. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das angreifende Team, die Offense, in vier Spielzügen (Downs) mindestens zehn Yards (etwa neun Meter) überwinden. Ist die Offense erfolgreich, darf sie erneut viermal versuchen, die nächsten zehn Yards Raumgewinn zu erringen. Um letztendlich Punkte zu erzielen, muss das Spielgerät in die gegnerische "Endzone" verfrachtet werden. Ein solcher "Touchdown" wird mit sechs Punkten gewertet. Anschließend hat die Offense die Möglichkeit, entweder einen oder zwei zusätzliche Punkte zu erzielen. Ein Punkt wird durch einen Schuss durch die beiden vertikalen Torpfosten erlangt. Zwei Punkte können durch einen weiteren Spielzug außerhalb der Endzone erlangt werden. Wie bei einem normalen Spielzug muss der Ball - entweder durch einen Wurf zu einem Fänger oder eine Übergabe an einen Ballträger - in die gegnerische Endzone gelangen; hierzu hat das Team aber lediglich einen Versuch. Übrigens: Den Ball einfach in die Endzone zu werfen, das gilt nicht. Der Ball muss in der Endzone von einem Spieler gefangen werden - oder der Spieler läuft damit selbst hinein.

Ein Touchdown für sechs Punkte ist aber nicht der einzige Weg, im American Football Punkte auf die Anzeigetafel zu packen. Das sogenannte "Field Goal" für drei Punkte ist auch eine Möglichkeit, die Führung auszubauen beziehungsweise den gegnerischen Vorsprung zu verkleinern. Ähnlich wie der Kick nach einem Touchdown, muss der Kicker den Ball durch die zwei senkrechten Pfosten schießen. In der Regel wird ein Field Goal erst ab einer Entfernung von etwa 35 bis 40 Yards (32 bis 36 Meter) versucht und dann lediglich im letzten Down. Denn ein Field Goal-Versuch darf nicht vom eigenen Team gefangen werden und ist bei nicht gelingen eine quasi sichere Ballübergabe an den Gegner.

Ein Spielzug (Down) ist dann vorüber, wenn der Ball auf dem Boden aufkommt oder der Quarterback, Ballträger oder -fänger zu Boden gerungen wird. Je nach Feldposition und Anzahl der bisher verbrauchten Downs führt dies zum nächsten Down, (wenn die zehn Yards erfolgreich überwunden wurden) zu vier neuen Versuchen oder zu der Übergabe des Ballbesitzes an das gegnerische Team. Diese Übergabe erfolgt (ohne vorhergehenden Punktgewinn) durch den Punter, dessen einzige Aufgabe es ist, das Spielgerät aus der Hand zum Gegner zu kicken - möglichst tief in die gegnerische Spielfeldseite, sodass die Offense der Gegner so viele Yards wie möglich zum eigenen Punktgewinn überwinden muss.

Fumble, Interception und Co.

Wie bereits erwähnt, ist American Football kein "fließender Sport" wie beispielsweise Fußball. Und das merkt man als Zuschauer auch: Ein Football-Spiel dauert zwar netto 60 Minuten, die in vier Quarter (= Viertel) á 15 Minuten unterteilt werden. ABER: Der Grund, warum ein Spiel trotzdem mehrere Stunden dauert, ist der Tatsache geschuldet, dass die Spielzeit beispielsweise bei jedem Wechsel von Offense und Defense angehalten wird.

Also, Football ist zwar kein "fließender Sport", dennoch kann es in gewissen Situationen ganz schnell dazu kommen, dass sich das Spiel dreht, die Offense also verteidigen und die Defense angreifen muss. Das beste Beispiel hierfür ist der von einem Verteidiger abgefangene Wurf, die Interception. Dabei fängt ein Verteidiger den Ball ab, ehe dieser beim angestrebten Ziel landet. Sobald der Ball in den Händen des Verteidigers ist (und kein Foul vorher stattgefunden hat), muss es schnell gehen. Mit explosiver Schnelligkeit muss der Verteidiger dann versuchen, das Spielgerät in die Endzone der Offense zu verfrachten. Auch wenn dies nicht gelingt, hat der Verteidiger seinem Team einen hervorragenden Dienst erwiesen: Er konnte den Angriff der gegnerischen Offense verhindern, ohne dass diese einen Punkt erzielen konnte und er bringt im Umkehrschluss die Offense seines Teams auf den Platz, sodass eine gute Möglichkeit besteht, selbst Punkte auf die Anzeigetafel zu packen.

Etwas kleinteiliger verhält es sich hingegen beim Fumble. Dabei wird der Ball nicht aus der Luft gepflückt, sondern generell den Kontrollverlust des Ballträgers über das Spielgerät. Ein Fumble kann durch einen Tackle oder Tollpatschigkeit passieren - etwa wenn der Ballträger den Ball einfach fallen lässt. Solange er das Spielgerät zuvor unter vollständiger Kontrolle hatte, wird es als Fumble gewertet. Wichtig ist außerdem, dass der Kontrollverlust eintritt, bevor der Ellenbogen oder das Knie den Boden berührt. Ein Fumble gilt generell als freier Ball und kann im Anschluss von beiden Teams aufgenommen werden.

Was passiert, wenn am Ende des Spiels Punktgleichstand herrscht? Sollte nach der regulären Spielzeit kein Gewinner ermittelt worden sein, wird das Spiel um 15 Minuten verlängert.