Weinheim

Weinheimer Kerwe 2023: So viel Bumbum ist erlaubt

Im April kochten die Emotionen hoch, als bekannt wurde, dass das größte Volksfest an der Bergstraße leiser werden soll. Jetzt gibt es einen Leitfaden zur Musikbeschallung.

Die Massen strömten 2022 zur ersten Nach-Corona-Kerwe. In diesem Jahr soll die Lautstärke deutlich reduziert werden. Foto: Philipp Reimer
Die Massen strömten 2022 zur ersten Nach-Corona-Kerwe. In diesem Jahr soll die Lautstärke deutlich reduziert werden.

Weinheim zieht den Straußwirtschaften zur Kerwe zwar nicht den Stecker, will die Lautstärke aber deutlich drosseln. Hintergrund sind die Beschwerden von Anwohnern, die sich in der IG Altstadt zusammengeschlossen haben. Wummernde Bässe, ohrenbetäubender Lärm, blockierte Rettungswege – das sind die Kritikpunkte der Bewohner des Gerberbachviertels, während Weinheims Partyvolk schon den Untergang des größten Volksfestes an der Bergstraße nahen sieht. Binnen kürzester Zeit kamen bei einer Online-Petition im April über 4000 Unterschriften zusammen, die den nur 50 Unterschriften der Anwohner gegenüberstanden (wir haben berichtet).

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Ein Fest für alle

Damit sich der Fronten nicht verhärten und um Lösungen zu finden für eine „Kerwe, die allen Spaß macht“, wie es Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just ausdrückt, holte die Stadtverwaltung jetzt Anwohner, Straußwirte und Feuerwehr für ein Treffen zusammen. „Woanders zieht man wegen der Lautstärke von Volksfesten vor Gericht, in Weinheim setzt man sich an einen Tisch“, so Just. Das gemeinsame Ziel: die Abstimmung über Sicherheitsaspekte und die Geräuschentwicklung durch Musikbeschallung.

Externe Hilfe

Wie die Stadt mitteilt, wurde Tim Remark aus Ladenburg als externer Experte für Veranstaltungs- und Beschallungstechnik hinzugezogen. Er legte jetzt als Lösung einen „Leitfaden zur Schallemission an der Weinheimer Kerwe“ vor. Remark gilt als Experte für umsetzbare und rechtssichere Konzepte. Unter anderem berät er nach Auskunft der Stadt Weinheim auch die Kommune Ladenburg bei ihrem Altstadtfest. Dort hatte der Streit um die Lautstärke erst durch einen Vergleich geschlichtet werden können.

Konzept auf vier Säulen

Remarks Konzept, das zunächst bei der nächsten Kerwe ausprobiert werden soll, steht auf vier Säulen. „Erstens werden erstmals Schallgrenzen definiert, die im Tageszeitraum und in den Abendstunden eine Straßenparty-Stimmung erlauben, aber der Lautstärkegrenze entsprechen, die auch in der Weinheimer Kerwesatzung aus dem Jahr 2003 angegeben und den einschlägigen Rechtsverordnungen wie der LAI ,Freizeitlärmrichtlinie“ entspricht“, heißt es vonseiten der Stadt. Dies werde eine spürbare Verbesserung für die Anwohner bedeuten, erklärte Tim Remark. Zweitens verpflichtet sich die Stadt – gemeinsam mit Remarks Team – Messungen vor den Straußwirtschaften vorzunehmen. Die seien entsprechend zu dokumentieren und bei berechtigtem Interesse offenzulegen. Wesentlich baue man aber auch auf die Eigeninitiative der Betreiber.

Die schwammige Formulierung lässt Raum für Spekulation. Laut den allgemeinen gesetzlichen Richtlinien und der Kerwesatzung sollte der Geräuschpegel tagsüber 70 Dezibel nicht überschreiten. Allerdings werden die Messung unter sehr speziellen Voraussetzungen durchgeführt. Sogenannte Limiter, die die Lautstärke begrenzen, sind in diesem Jahr noch nicht vorgesehen.

Gemeinsames Musikkonzept

Zur weiteren Minderung „geballter Schallemissionspunkte“ soll konkurrierende Musik von Straußwirtschaften verhindert werden. Ziel ist es, dass die Wirte sich auf eine gemeinsame Musik festlegen, wenn sie nahe beieinander liegen. Und nicht zuletzt soll für die Anwohner eine Telefonnummer eingerichtet werden, um Verstöße gegen den Leitfaden zu melden.

Der Leitfaden wird allen Betreibern von Straußwirtschaften mit der Genehmigung übergeben und muss eingehalten werden, sonst drohen Konsequenzen.

Fest steht: Vom 11. bis 14. August wird in Weinheim gefeiert, wenn auch leiser. „Die Kerwe ist unser größtes und wichtigstes Fest“, bekräftigt Just, „und das soll sie bleiben“. Auch die Partystimmung in den Gassen dürfe nicht leiden. „Wir wollen den Menschen das Feiern nicht verleiden“, sagt er. Gleichsam sei die Stadt verpflichtet, die Beschwerden der Anwohner ernst zu nehmen, besonders vor dem Hintergrund der Lärmentwicklung bei der Kerwe im zurückliegenden Jahr. Just: „Wir sind uns einig, dass es bei der Kerwe 2022 einfach zu laut geworden ist.“

Der Tenor des Gesprächs: Der Leitfaden sei für alle Beteiligten umsetzbar ist, ohne die Kerwestimmung zu trüben. Wie die Stadtverwaltung erklärt, hätten alle Gesprächspartner versichert, dass sie die Vereinbarungen in der Öffentlichkeit als Zukunftssicherung der Kerwe positiv vertreten werden. Gemeinsam wollen sie auch für weitere Straußwirtschaften werben und Hauseigentümer im Gerberbachviertel ansprechen, schön gelegene Höfe bereitzustellen.

Vorschläge nimmt Marktmeisterin Tamara Metz, t.metz@weinheim.de entgegen.