Abtsteinach

Die Bürgermeister zu Gast in Stoanisch-Tokio

Abtsteinach und der OKACLU sind Gastgeber der 37. Auflage der närrischen Bürgermeisterfastnacht. Mitreißende Darbietungen begeistern das Publikum im voll besetzten Jugendheim - und die Rathauschefs zeigen sich mal von ihrer lustigen Seite.

Ihre Mühe hatte Nanny Loredana mit ihrem Riesenbaby – das war der kuriose Beitrag der Gemeinde Mörlenbach. Foto: Fritz Kopetzky
Ihre Mühe hatte Nanny Loredana mit ihrem Riesenbaby – das war der kuriose Beitrag der Gemeinde Mörlenbach.

Man nehme jeweils ein Stück vom Besten der Fastnachtssitzungen des Kreises Bergstraße und backe daraus eine Überraschungstorte. Das „Backergebnis“ war wieder einmal ein fulminanter vierfarbbunter Abend, serviert von elf Rathauschefs, die zur 37. Närrischen Bürgermeisterfastnacht eingeladen hatten. Man hatte keine Kosten und Mühen gescheut und diesmal nach Japan eingeladen – also fast: Station machte die Traditionsveranstaltung diesmal in Stoanisch – für die hochdeutschen Leser: Abtsteinach.

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Da der dortige Karnevalsverein OKACLU das Land in Fernost in dieser Kampagne zum Motto hatte, wurde das auch für die Bürgermeisterfastnacht übernommen – samt fantastischem Bühnenbild, das die Bretter, die auch für Narren die Welt bedeuten, in eine grandiose fernöstliche Metropole verwandelte. Man konnte sich gar nicht satt sehen, so groß war die Liebe zum Detail.

Mit dem OKACLU-Ballett und einem „Hello Kitty“-Tanz samt lebensgroßer Comicfigur ging es los auf eine rund vierstündige Reise, die alles zu bieten hatte. Die Stoanischer Bürgermeisterin Angelika Beckenbach bewies, dass sie Fastnacht im Blut hat, und führte spritzig und unterhaltsam durch den Abend, unterstützt wurde sie vom Prinzenpaar und zahlreichen Helfern.

Reha-Raketen

Die Reha-Raketen, drei Abststeinacher Damen, zündeten die erste Bütt-Rakete. Sie tauschten Kurerlebnisse und Sorgen aus: „Ich muss wirklich auf meinen Bauch aufpassen“, meinte die eine angesichts des reichhaltigen Essensangebotes in der Reha, die sie übrigens „wegen chronischer Käsfieß“ aufsuchte. Darauf die andere: „Meinste net, der is grouß genug, um auf sich selbst aufzupasse?“ Tragisches erklärte die andere: „Isch hab ja meinen Mann verloren.“ „Mein Beileid.“ „Beim Shoppe im Rhein-Neckar-Zentrum.“

Gleich mit mehreren Beiträgen war der OKACLU als gastgebender Verein vertreten. Unter anderem sorgten die Reha-Raketen für Lachsalven. Foto: Fritz Kopetzky
Gleich mit mehreren Beiträgen war der OKACLU als gastgebender Verein vertreten. Unter anderem sorgten die Reha-Raketen für Lachsalven.

Sascha Weber, Bürgermeister von Wald-Michelbach, kündigte im Kostüm von Super Mario das Ballett „Galaxy“ der Hussmouge aus Aschbach an. Und die sorgten im Saal mit ihrem mitreißenden Auftritt als revoltierende Strafgefangene so richtig für Stimmung. Seinen Einstand feierte Erik Kadesch, Rathauschef von Mörlenbach. „Sein“ Fastnachtsverein, die Wasserschnecken, bot ein Riesenbaby auf, für das eine Schubkarre zum Kinderwagen umfunktioniert wurde. Riesenbaby war auch gleichbedeutend mit Riesenwindel – man wusste gar nicht, ob man hin- oder besser weggucken sollte. Nanny Loredana hatte einiges an Kräften aufzubieten, um das nach „Fleischworscht“ brüllende Kind auf den Wickeltisch zu hieven.

Bürgermeister Andreas Heun aus dem Lautertal schickte die Damen vom Landfrauenjobcenter auf die Bühne. Gleich sieben Frauen, von der Waschfrau bis zur Polizistin, verzückten mit einer originellen Choreografie. Ein im Vergleich zum Original deutlich verschlankter Pikachu alias Zwingenbergs Holger Habich hatte selbst mächtig Spaß beim Anblick des tollen Gardeballetts „Red Magics“, bei dem die Männer im wahrsten Sinne des Wortes eine tragende Rolle hatten. Ein schöner Augenschmaus.

Rimbachs Bürgermeister Holger Schmitt präsentierte im japanischen Kampfsportoutfit eine ebenso wunderbare Tanzgruppe, die nicht nur ihre süße rosa Barbie-Girl-Seite zeigte, sondern auch die etwas härtere Version in Schwarz. Da war für jeden was dabei. Schlag auf Schlag ging es weiter mit atemberaubenden Tänzen und köstlichen Büttenreden. Man kam gar nicht mehr raus aus dem Staunen, Klatschen und Lachen und geriet gehörig ins Schwitzen.

Das Showballett des OKACLU riss buchstäblich alle vom Hocker mit seiner fantastischen Choreografie unter dem Titel „The Fast And The Furious – Tokyo Drift“. Das spannende Kopf-an-Kopf-Autorennen als Tanz, das war hot, temporeich und anspruchsvoll. Eine mega Show!

Grundkurs in Hessisch

Eine große Herausforderung an die Lachmuskeln war der Auftritt von Sibylle Weihrich, die Bensheims Bürgermeisterin Christine Klein mitgebracht hatte. Von Weihrich gab’s einen Grundkurs in „Hessisch babble“, der kein Auge trocken ließ. Und so lernte der ganze Saal die „rischtisch Aussproach“ von „ch“, etwa in Wörtern wie „Aschebescher“ oder „wischtisch“. Dann gab’s noch ’ne Runde hessischer Schimpfwörter von „Dollbohrer“ bis „Urumpel“. Weihrich lief einmal mehr zur Hochform auf. Mit der Zeit wurden die gelehrigen Schüler immer besser.

Die Abtsteinacher Bürgermeisterin Angelika Beckenbach führte charmant durch den Abend. Foto: Fritz Kopetzky
Die Abtsteinacher Bürgermeisterin Angelika Beckenbach führte charmant durch den Abend.

Wer dachte, man könne sich dann etwas erholen, der irrte: Christine Bender, Erste Stadträtin von Heppenheim, hatte sexy Männer im Gepäck: das Männerballett des SV Erbach. Bürgermeister Rainer Burelbach verpasste so allerhand, doch er hatte eine andere mehr oder weniger närrische Veranstaltung: die Heppenheimer Stadtverordnetensitzung.

Die Erbacher Handballer legten direkt los und setzten mit Bender und Landrat Christian Engelhardt zwei „Opfer“ auf Stühle und beglückten diese mit einem heißen Lapdance. Die Gesichtsausdrücke beider: unbezahlbar. Und auch sonst schreckten die Erbacher nicht davor zurück, Tokio in einen Sündenpfuhl zu verwandeln. Bei ihrer mitreißenden Tanzeinlage flogen allerlei Kleidungsstücke ins Publikum. Und wer möchte nicht, dass ihm so ein schweißnasses Unterhemd mitten ins Gesicht fliegt?

Die Handflächen bereits wund geklatscht, ging es nahtlos weiter mit einem Gardeballett der Bürgerfunken, das sich ganz spontan in letzter Minute zusammengefunden hatte, wie Lorschs Bürgermeister Christian Schöning verriet. Die eigentlichen Tänzerinnen waren erkrankt. Es gab Spagat in allen Lagen, Beine in allen Höhen, Akrobatisches und Synchrones in atemberaubendem Tempo.

Schaffner aus Fürth

Im nächsten Moment kullerten die Lachtränen, als Wolfgang Arnold als Schaffner den Nerv der Zuhörer traf. Er erklärte, was Schaffnergeschwindigkeit ist, suchte den Bahnhof, denn „wir kommen ja selber net sou oft dohie zu so einem Bahnhof“. Sie wissen schon, Streik und so. Arnold bezeichnete Radfahrer als „,Borkenkäfer der Straße“, die „seit dem Klimawandel überhaupt keinen Winterschlaf mehr machen“, stellte fest, dass es nur noch in der Fürther Modellbahnwelt pünktliche Züge gibt, und ließ sich über die explodierenden Kosten für die Mörlenbacher Umgehungsstraße aus. Warum das Geld nicht lieber in eine ICE-Strecke zwischen Woinem und Merleboch investieren? Ganz großes Kino. Da hatte Fürths Bürgermeister Volker Oehlenschläger – wieder einmal – einen Knaller mitgebracht.

Mit einer tollen Choreografie riss die Gruppe „Galaxy“ von den Aschbacher „Hussmouge“ das Publikum mit. Foto: Fritz Kopetzky
Mit einer tollen Choreografie riss die Gruppe „Galaxy“ von den Aschbacher „Hussmouge“ das Publikum mit.

Heiß ging es weiter mit der Moulin-Rouge-Darbietung der Tanzgruppe „Extreme“ aus Birkenau, die Milan Mapplassary präsentierte. Eine sexy Darbietung in tollen Kostümen zu heißen Rhythmen. Der Abend gipfelte in einem Auftritt von Maximilian und Julius Hintenlang als „Two Man Group“, die – ganz nach dem Vorbild der „Blue Man Group“ – Unglaubliches aus mehr als 30 Plastikrohren herausholten: Durch bloßes Draufschlagen ertönten Hits von „Skandal im Sperrbezirk“ bis „Viva Colonia“ – der ganze Saal stand kopf und sang mit. Fantastisch. Der krönende Abschluss eines großartigen und mitreißenden Abends in Stoanisch.

Im nächsten Jahr, so verriet es Angelika Beckenbach am Ende der Veranstaltung, wird Mörlenbach Gastgeber der 38. Bürgermeisterfastnacht sein.