Abtsteinach

OKACLU entführt die Zuschauer in einen fernöstlichen Kaiserpalast

Japan ist das diesjährige Motto, und der OKACLU setzt das Thema in sieben ausverkauften Prunksitzungen nach typisch „Owwer-Stoanischer“ Manier hervorragend um. Über dem närrischen Spektakel thront majestätisch der Fuji und mehr als 2000 Zuschauer begleiten das Spiel der Akteure mit Begeisterung und viel Helau.

Der bunte Drache zum Neujahrsfest schlängelt sich durch das Fastnachtspublikum hindurch. Foto: Fritz Kopetzky
Der bunte Drache zum Neujahrsfest schlängelt sich durch das Fastnachtspublikum hindurch.

Als der Vorhang sich nachts um halb eins langsam schließt, fragt man sich verwundert: Wer hat an der Uhr gedreht? Jeder Blockbuster hat Längen, aber der OKACLU (Ober-Abtsteinacher Karnevalsclub) schafft es mit einer tempo- und abwechslungsreichen Bühnenshow, dass die Stunden im Nu verfliegen und das Zeitgefühl außer Kraft gesetzt wird. Das liegt an der gewohnt vielschichtigen Mischung aus Tänzen, Sketchen, Büttenreden und Gesangsbeiträgen, bei denen auch die Zuschauer kräftig mitmischen.

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Jugendheim im Abtsteinach ist Schauplatz der OKACLU-Prunksitzungen

Kein Zufall also, dass das Jugendheim, Schauplatz der Prunksitzungen, auch in diesem Jahr siebenmal ausverkauft ist. Mehr als 2000 Zuschauer begleiten das viereinhalbstündige Programm, das über 100 Mitwirkende des OKACLU auf die Beine gestellt haben. Doch bereits die Kulisse lohnt, genauer betrachtet zu werden: die Skyline der japanischen Metropole mit dem unermüdlich blinkenden Tokio-Tower. Daneben das traditionelle Tor zum kaiserlichen Palast und links ein bunter Nudel-Schnellimbiss. Über all dem thront der Fuji, umrankt von Kirschblüten.

Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky
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Foto: Fritz Kopetzky
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Foto: Fritz Kopetzky

Tradition und Moderne aufs Beste vereint – das offenbart, mit wie viel Liebe zum Detail sich der OKACLU mit seinem diesjährigen Motto „Japan“ auseinandergesetzt hat. Die närrische Show ist fluoreszierend koloriert, was dank der fantastischen visuellen Lichteffekte richtig zur Geltung kommt. Verstärkt wird der Gesamteindruck von einer bemerkenswert professionellen Tontechnik – ein Klangerlebnis, das ins Staunen versetzt.

Drache statt Boa

Hinzu gesellt sich die Bühnenpräsenz der einzelnen Aktiven des Vereins. Sie nehmen das Publikum mit, jeder auf seine Weise. Immer wieder gibt es ein Miteinander über die Bühnengrenze hinweg, ob beim Singen, Schunkeln oder wenn wohlvertraute und lieb gewonnene Figuren das Rampenlicht betreten. Auf den Punkt genau begleitet Theo Kohl den Abend mit Livemusik und treibt das Stimmungsbarometer bereits vor dem eigentlichen Sitzungsbeginn mit einer Schunkelrunde nach oben. Präsident Dr. Claudius Disam moderiert die Prunksitzungen zwischen den Stücken knapp und humorvoll, dabei rückt er die Eigenheiten Japans immer wieder ins Zentrum. Besonders kunstvoll spiegelt sich das Motto in den Kostümen wider: authentisch, aufwendig, zuweilen quietschbunt, aber stets detailverliebt. Modernes und klassisches Japan geben sich die Klinke in die Hand. Samurai aus der Edo-Zeit, Geishas und Ninjas treffen auf Manga-Superheldinnen, Hello Kitty und Pokémons. Weil es für die Boa Narhalla noch zu früh ist, schlängelt sich der tanzende Neujahrsdrache durchs Publikum hindurch.

OKACLU hat ein Herz für „Flamingo Dolores“

Sascha Bassauer verwandelt die Bütt wieder in einen Schulhof. In seiner Paraderolle als Lehrer plaudert er über seinen Alltag. Aus „verrückten Zeiten“ wird bei ihm eine „Zeit mit Verrückten“. Früher wusste man wenigstens, wer der Depp im Dorf ist. „Jetzt schießen sie wie Pilze aus dem Boden.“ Mehr noch: „Die Dummheit hat aufgehört, sich zu schämen“, sagt er nachdrücklich. Der Lehrer setzt eins drauf, als er sich die politisch korrekte Sprache vorknöpft („Soll aus Pippi Langstrumpf nun etwa eine urinierte Stretchsocke werden?“). Genauso kritisch sieht er die Anmachversuche heutiger Schüler („Hey Schnitte, schon belegt?“).

Foto: Fritz Kopetzky

Beim Gendern zuckt er in der Bütt nur noch mit den Schultern: „Das mach’ ich nicht, ich habe einen Schulabschluss.“

Von Tom Beckenbach an der Gitarre begleitet, wird der selbst ernannte Pädagoge dann romantisch, als er das Schmachtlied über „Flamingo Dolores“ singt, an die er einst sein Herz verlor. Die erste Rakete des Abends von vielen startet. Um Liebe drehen sich die Gedanken der drei „Stammtischbrüder“ weniger, mehr um philosophische Fragen rund um das politische Zeitgeschehen. Dabei fallen ihnen aber auch ein paar seltsame Wortschöpfungen ein wie „transfinanziell“ („Ich bin ein reicher Mann im Körper eines armen Schluckers“). Auf das weibliche Geschlecht kommt das Trio, das seit dem Vorjahr in dieser Besetzung auftritt, schließlich doch noch zu sprechen: „Erst hat uns Gott an jeder Ecke schöne Frauen versprochen, dann hat er die Erde rund gemacht.“ Einen Ratschlag haben sie abschließend parat: „Man soll Frauen nie beim Schweigen unterbrechen.“

Foto: Fritz Kopetzky

Trinkfreudige "Reha-Raketen"

Die Retourkutsche kommt stimmgewaltig. Denn beim Austeilen gegen das andere Geschlecht sind die „Reha-Raketen“ erfinderisch und mindestens ebenso trinkfreudig. Doch ihr eigentlicher Feind heißt Diät. In grünen Smoothies wollen die drei Damen partout kein Genusserlebnis entdecken, auch wenn es noch so nett von Prinzessin Justine serviert wird: „Die haben ja nur 24 Vitamine, Jägermeister hat 56 Kräuter“. Erst als der attraktive Yogalehrer Sascha die Damen zum Dehnen mit „Katze“ und „Kuh“ ermuntert, erstürmen sie die Gymnastikmatten.

In derlei Verrenkungen üben sich auch die „Seniorenbeauftragten“ des OKACLU. Petra Berbener mit Rollator und Vizepräsident Otto Rettig erklären in ihrem Oldie-Sketch, dass „Vorbeugen besser ist als zurücklehnen“, wobei sie es eher beim Frauenarzt versucht. Er hingegen schwärmt vom „einbeinigen Storch“ und „umherschauenden Rhinozeros“. Das Prinzenpaar Maximilian und Justine Hintenlang singen in einem Duett, dass sie „den OKACLU im Herzen“ tragen. Und die ewige Abtsteinacher „Rivalität“ zwischen Ober- (Max) und Unterort (Justine) lassen die beiden versöhnlich ausklingen: „Das ist gelebte Diversität“.

Auf nach „Owwafutschi“

Zurück nach Japan zieht es die „Owwer-Stoanischer Originale“, gemeint sind de Philipp und de Sepp, die mit ihrem Loblied an die „japanische Reblaus“ die Gäste mitnehmen. Reihum wird mit Weingläsern angestoßen, es wird geschunkelt und die erste Zugabe ist fällig. Standesgemäß ist das die Nationalhymne des OKACLU „No, mer gehn net hoam“, bei der alle, Gäste wie Mitwirkende, mitgehen.

Foto: Fritz Kopetzky

Wie es die Tradition des OKACLU gebietet, ist das Prinzenpaar nach der Pause mittendrin im Sketch und vorneweg. Denn Prinz Maximilian II. macht sich mit Höfling „Hau en um“ auf die Suche nach dem Edelweiß, während seine Lieblichkeit Prinzessin Justine I. mit ihrer Dienerin „Scheng oi“ zurück im Palast bleiben muss. Auf den Weg nach „Owwafutschi“ begegnen ihnen skurrile Gestalten, auch einigen, die man in Japan weniger vermutet: von einer Schamanin (fantastisch als dunkle Fee kostümiert) über Udo Lindenberg (zwar die jüngere Version, dafür täuschend echt) bis Reinhold Messner, der etwas Alpenglühen verbreitet.

Doch als das Kraut nicht nur vom Berg verschwindet, sondern obendrein von Godzilla geraubt wird, ist für den Yeti (Otto Rettig weißgepudert) Schluss mit lustig. Da legt der sanfte Bergmensch sein pinkfarbenes Gießkännchen beiseite, greift zur Keule und bereitet dem Spuk ein Ende: Tokio ist gerettet und der Prinz auch.

Großer Auftritt bei OKACLU-Sitzung

Bei jeder Sitzung haben die Tanzgruppen des OKACLU ihren großen Auftritt. Die „Dream Girls“ schweben mit ihren Leuchtschirmen durch die Sitzreihen, plötzlich wird der Beat aufgedreht und die Tänzerinnen bilden mit schwarzen Glitzermasken eine Formation. Die „No Limits“ nehmen sich in ihrer Choreografie den Heldinnen aus dem Anime-Klassiker „Sailor Moon“ an und die „kaiserliche Garde“ („der Stolz des OKACLU“) webt Kampfelemente in ihren Auftritt ein. Schließlich erleben die Gäste den rasanten tänzerischen Höhepunkt, als das Showballett frei nach „Fast and Furios – Tokyo Drift“ einheizt, es ist eine Performance mit Autoreifen, ordentlich Bass-Sound und in Rekordgeschwindigkeit. „Unsere Tänzerinnen haben Benzin im Blut“, sagt ein beeindruckter Präsident.

Stoanischer Hochadel krempelt die Ärmel hoch

Als man denkt, das sei nicht mehr zu toppen, krempelt sich der Stoanische Hochadel die Ärmel hoch: Prinz Maximilian II. brilliert mit Bruder Julius als Zwei-Mann-Showact an einer Klanginstallation aus Abflussrohren, die von David Hintenlang gebaut wurde. Die beiden entlocken der „Höllenmaschine“ Hits, bei denen alle lauthals mitsingen. Die Stimmung nach der schweißtreibenden Darbietung übersteigt den Fuji bei Weitem. Alle stehen auf, um den Trommlern zuzujubeln, und fordern die nächste Zugabe. Ein gelungener Abschluss der Prunksitzung, bevor sich die Akteure auf der Bühne versammeln und ein finales Hoch auf die Fastnacht anstimmen. Dann wird der Tanz eröffnet.