Wald-Michelbach

Vom Bergbau bis zur Druckerei

Überwaldmuseum in Wald-Michelbach erstrahlt bei der „Nacht der offenen Museen“ in besonderem Glanz und öffnet seine Pforten.

Zur „Nacht der offenen Museen“ war das Überwaldmuseum in Wald-Michelbach am Samstagabend in ein besonderes Licht getaucht. Foto: Fritz Kopetzky
Zur „Nacht der offenen Museen“ war das Überwaldmuseum in Wald-Michelbach am Samstagabend in ein besonderes Licht getaucht.

Ein schöner Erfolg war die Teilnahme an der „Nacht der offenen Museen“ fürs Überwaldmuseum. Die Vereinsaktiven verzeichneten am Samstagabend etwa 80 Besucher – etwa so viele kommen jedes Jahr auch anlässlich der Traumnacht. Die letzten Gäste gingen erst kurz nach Mitternacht – „das war ein langer Abend“, lachte Marc Götte vom federführenden Museums- und Kulturverein.

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Neun Aktive waren den Abend über im Einsatz. Bereits im Frühsommer starteten die Planungen. Damals kam der Verein „Museumsstraße Odenwald-Bergstraße“ auf die Überwälder zu, ob sie sich nicht an diesem Event beteiligen wollen. Am Abend gab es vier Sternfahrten mit Oldtimer-Bussen zu ausgesuchten Museen im Odenwald. Nach Wald-Michelbach ging es mit einem historischen Kraichgau-Falke-Bus von 1962 ab Mannheim. Zu den interessierten Gästen im Bus kamen noch viele andere aus der näheren und weiteren Umgebung hinzu, die auch mal spontan Station machten.

Denn mit Einbruch der Dunkelheit wurden die Gass und das Heimatmuseum optisch zum Erlebnis. Das historische Gebäude wurde von einer Fürther Firma, die für die Traumnacht-Beleuchtung zuständig ist, mit Lichteffekten inszeniert. Das Ambiente im und am Museum konnten die Gäste bei angenehmen Temperaturen und sommerlichen Erfrischungen davor auch kulinarisch genießen. Erst ein kurzer Schauer machte das gemütliche Beisammensein in der Gass etwas ungemütlicher – was aber der guten Stimmung keinen Abbruch tat.

Blick in die Vergangenheit

Im Foyer war eine funktionsfähige Handdruckmaschine aufgebaut, der Boston-Tiegel, die sonst im HEAG-Turm zu finden ist. In den Ausstellungen lernten die Gäste im historischen Zent-Rathaus von 1594 die Arbeits- und Lebensweisen vergangener Tage kennen. So wurde gezeigt, wie im 19. Jahrhundert Odenwälder Schindeln hergestellt wurden. Im oberen Stockwerk gab es viel Interessantes zum Bergbau im Überwald zu erfahren (Abbau von Eisenerz, Mangan und Schwerspat), der seine Blütezeit im Zeitraum von 1895 bis 1912 erlebte. Manche kamen dabei auf den Geschmack und wollen ihre Infos bei einer Führung durch die Grube Ludwig vertiefen. Das Montanwesen in der Region sorgte früher für etliche Arbeitsplätze und prägte das Leben.

Der überwiegende Teil der Ausstellungen vermittelt Einblicke in die vergangene Arbeitswelt der Region. Zum Beispiel wird an die Imkerei, in der früher Strohkörbe verwendet wurden, erinnert. Utensilien zur Hausschlachtung verweisen auf die in vergangenen Zeiten übliche Selbstversorgung der Bevölkerung. Weiterhin werden verschiedene historische Handwerke vorgestellt. Die Küferwerkstatt stammt vom letzten Küfer am Ort, Georg Gassert (1897 bis 1978). Neben den Arbeitsstätten eines Sattlers und eines Schuhmachers ist die einfache Einrichtung und Ausstattung einer Schneiderwerkstatt zu besichtigen.

Im einstigen Ratssaal im ersten Geschoss geht es um die Nutzung des Waldes und des Rohstoffes Holz. Hier erfahren Besucher Näheres über einen ehemals wichtigen Nebenerwerb in der Region: die Gewinnung und den Verkauf von Eichengerbrinde. Zudem werden die Tätigkeiten der Korbmacher, Besenbinder, Rechenmacher, Schindler, Köhler (Modell eines Meilers zur Gewinnung von Holzkohle) und der Steinhauer (Sandstein, Granit) sowie die Waldarbeit vorgestellt.

Drei Schulbänke mit Tintenfässern, eine Tafel, Wandbilder und anderes veranschaulichen die Situation in einer alten Dorfschule im Foyer. Im obersten Stockwerk befindet sich das Karrillon-Zimmer zu Ehren von Adam Karrillon, Wald-Michelbacher Schriftsteller und erster Büchner- und Schiller-Preisträger.

500 Kleiderbügel

Eine Besonderheit des Museumsbestandes: die etwa 500 Kleiderbügel, von denen der Großteil aus einer Sammlung der früheren Coronet-Werke stammt. Zwei Räume im zweiten Geschoss enthalten über 200 Kleiderbügel aus aller Welt in verschiedenen Materialien und Formen. Im Obergeschoss gibt es außerdem eine umfangreiche Mineraliensammlung mit Fundstücken aus Wald-Michelbach sowie Exponaten aus der näheren Umgebung. Sie stammen aus der Sammlung des früheren Bergwerksdirektors Vollmer. Als sehr positiv für den Bekanntheitsgrad und die Interaktion mit Interessierten bewertete Vereinsvorsitzender Gundolf Reh den Abend. Laut Götte kann man trotz des großen Aufwands durchaus den Gedanken einer Wiederholung ins Auge fassen. Für ihn ist es „immer toll, wenn die Leute sagen, ich war schon lange nicht mehr hier, und sich begeistert zeigen“. Die Druckvorführungen sorgten auch für glänzende Kinderaugen – wie überhaupt die Organisatoren überrascht waren, dass doch einige Heranwachsende unter den Besuchern waren. Sie staunten über die alte Technik und lauschten interessiert den Erläuterungen auf den Führungen durch die Abteilungen. tom

Weitere Informationen zum Überwaldmuseum und dem Museums- und Kulturverein sind unter www.ueberwaldmuseum.de abrufbar.