Dribbeln, lachen, stolpern

U6-Basketball boomt: Mini-Training in Weinheim zieht immer mehr Kinder an

Durch die Heidi-Mohr-Halle in Weinheim hallen Kinderstimmen, ein Ball klatscht auf den Boden, dann lautes Lachen. Auf dem Spielfeld dribbeln Mädchen und Jungen, die kaum größer sind als die Körbe. Manche rennen, manche tanzen, alle geben ihr Bestes. In der neuen U6-Basketballgruppe entdecken Kinder den Sport – und ihre eigene Begeisterung.

Wenn die Turnschuhe wackeln – In der U6-Basketballgruppe lernen die Kleinsten spielerisch, was Teamgeist und Bewegung bedeuten. Foto: Philipp Reimer
Wenn die Turnschuhe wackeln – In der U6-Basketballgruppe lernen die Kleinsten spielerisch, was Teamgeist und Bewegung bedeuten.

Weinheim. Draußen senkt sich die frühe Herbstdämmerung über die Stadt, doch aus den großen Fenstern der Heidi-Mohr-Halle in der Weinheimer Weststadt fällt ein warmes Licht in den Abend. Im Foyer schieben sich Eltern mit Kleinkindern an der Hand oder auf dem Arm in Richtung Sporthalle. Hier wird heute Basketball trainiert – allerdings nicht von einer gewöhnlichen Mannschaft. Das Training richtet sich an Kinder ab drei Jahren, die Mini-U6-Basketballer des Hector Sportzentrums.

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Drinnen herrscht quirliges Gewusel. Einige Kinder werden von ihren Eltern aufs Spielfeld getragen, andere tapsen selbstbewusst über den glatten Boden. Auf der Tribüne machen es sich Mütter und Väter bequem, einige setzen sich direkt an den Hallenrand – bereit, Trost zu spenden, eine Trinkflasche zu reichen oder einfach nur Nähe zu geben. Mit routinierten Handgriffen bereitet Trainer Ali Kurt die Halle vor. Die großen Körbe werden niedriger gehängt, Boxen mit strahlendblauen Mini-Bällen bereitgestellt. Inmitten von italienischen, türkischen und spanischen Gesprächsfetzen mischt sich aufgeregtes Kinderlachen – bis der Coach zur Ruhe mahnt.

Spaß steht an erster Stelle

„Kommt mal her, wir haben heute einen besonderen Gast“, ruft er. Sofort setzen sich die Kinder einen kleinen Kreis um ihn. „Der Arnold?!“, ruft jemand begeistert. Ein Raunen geht durch die Runde. Ali Kurt lacht. „Nein, heute ist jemand von der Zeitung da.“ Wer „Arnold“ ist, wird später noch eine Rolle spielen. Zwölf Mini-Basketballer sind an diesem Abend gekommen – Nefes, Hamza, Elia, Musa und andere. Auch Elias ist da, möchte heute jedoch lieber bei seinem Vater auf der Bank sitzen. „Das ist völlig in Ordnung“, sagt Kurt. „Gerade am Anfang sollen die Eltern in der Nähe bleiben. Für so kleine Kinder ist das beruhigend. Der Spaß steht bei uns an erster Stelle.“

Geduldig erklärt Trainer Ali Kurt den Mini-Basketballern die Regeln des Spiels. Foto: Philipp Reimer
Geduldig erklärt Trainer Ali Kurt den Mini-Basketballern die Regeln des Spiels.

Easybasket – spielen statt funktionieren

Trainiert wird nach der italienischen Easybasket-Methode, entwickelt im Rahmen des europäischen Erasmus+-Programms. Sie soll Basketball für Vorschulkinder zugänglich machen und gilt in Fachkreisen als Zukunft des Mini-Basketballs: weniger Leistung, mehr Lernen – und zwar spielerisch. „Wir arbeiten mit Farben, Symbolen und kleinen Belohnungen“, erklärt Dr. Ali Kurt, der eigentlich niedergelassener Arzt und dreifacher Papa ist. Erfolgserlebnisse seien wichtiger als Trefferquoten – sauber stoppen, Farben merken, auf einem Bein hüpfen. „Getadelt wird nicht. Das führt bei den Kleinen nur zu Resignation. Wer schummelt, bekommt Punktabzug. Wer hinfällt, wird getröstet.“

Auf dem Spielfeld hüpft die dreijährige Alia im glitzernden T-Shirt und mit Prinzessinnen-Haarreif über bunte Markierungen. Neben ihr stemmt ein Vierjähriger konzentriert einen Mini-Ball, wippt auf den Zehenspitzen und wirft. Der Ball prallt auf und rollt einmal quer durch die Halle – Leon strahlt über beide Ohren. Elia hat schon mehr Übung, trifft einen Korb nach dem anderen, und jedes Mal jubeln die anderen.

Hier noch den Namen des Co-Trainers und des Kindes ergänzen. Foto: Philipp Reimer
Hier noch den Namen des Co-Trainers und des Kindes ergänzen.

„Alle zum Coach!“

Nach einer Trinkpause ruft Kurt laut: „Alle zum Coach!“Zwölf Paar kleine Beine setzen sich in Bewegung, hüpfend, rennend, stolpernd – aber alle mit Zielrichtung Hallenmitte. Das Training folgt einem festen Rhythmus: Aktivierung, Übungsphase, Spielteil. Besonders beliebt, der „Schlafende Riese“. Ein Vater schlüpft in die Rolle des Riesen, aufgeregtes Gekreische und Gerenne folgt, niemand möchte von dem "Riesen" gefangen werden, der plötzlich gar nicht mehr schläfrig ist, sondern die Verfolgung der kleinen Sportler aufnimmt.

Zwischen Konzentration und Chaos

Nach weiteren Pausen und Übungen im Werfen, Passen und Dribbeln geht es in kleine Wettkämpfe. „Wenn du dreimal passt, bist du der König!“, ruft Kurt. Dann wird über Trikotfarben diskutiert, es wird gedribbelt, gerannt, wieder getrunken. Nach 45 Minuten sind die Mini-Sportler zeigen sich Müdigkeit und rote Wangen. „Wir mussten das Training umstellen“, erzählt Kurt. „Anfangs hatten wir 75 Minuten, dann 60. Vielleicht reduzieren wir noch weiter. Für Kleinkinder ist das wahnsinnig anstrengend: laufen, dribbeln, passen und gleichzeitig Regeln einhalten.“Zwischendurch feuern Eltern ihre Kinder an – oder ermahnen, wenn die Aufmerksamkeit nachlässt.

Ein Besuch aus Berlin – zumindest fast

Kurz vor Schluss wird das Geheimnis um „Arnold“ gelüftet: Arnold, das Maskottchen des Deutschen Basketball Bundes, hat den Kindern Geschenke aus Berlin geschickt. Jedes Kind bekommt einen Arnold-Sticker und ein Pixie-Buch. Auch das gehört zum Easybasket-Konzept: Farben, kleine Überraschungen, Motivation ohne Druck. Trotzdem wird natürlich auch schon bei den ganz Kleinen genau hingesehen, wer könntesich zum Profi eignen, wer braucht besondere Förderung. Auch seine eigenen drei Jungs spielen Basketball, erzählt der Trainer. Der Kleinste habe so lange gedrängelt, bis "ich die Ausbildung zum Ini-Trainer absolviert hatte und eine Mannschaft für seine Altersklasse aufstellen konnte."

Mehr als ein Sportangebot

Die Philosophie des Programms reicht weit über sportliche Grundlagen hinaus. Denn trotz aller Leichtigkeit verfolgt das Konzept "Easybasket" klare Ziele: Die Kinder sollen Freude am Sport entwickeln, Teamgeist erleben und soziale Kontakte knüpfen. „Basketball ist ein Mannschaftssport – und genau davon profitieren sie“, so der Trainer. Das Angebot ist kostenlos und offen für alle, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialem Hintergrund.

Während Leon, Alia und die anderen Mini-Basketballer über das Feld dribbeln, zeigt sich eindrucksvoll: Die Zukunft des Basketballsports beginnt manchmal im Glitzer-Shirt und mit wackelnden Turnschuhen.