Migrationspolitik

Hessens Regierungschef für flächendeckende Grenzkontrollen

Die Zahl unerlaubter Einreisen hat im ersten Halbjahr in Deutschland zugenommen. Boris Rhein verlangt zweieinhalb Monate vor der hessischen Landtagswahl klare Kante an den Außengrenzen. Das finden nicht alle gut.

Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident von Hessen, gibt ein Pressestatement. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident von Hessen, gibt ein Pressestatement.

Wiesbaden (dpa) - Zur Begrenzung illegaler Einwanderung fordert Hessens Ministerpräsident Boris Rhein bundesweite Grenzkontrollen. «Der Bund muss endlich dafür sorgen, dass weniger Menschen illegal nach Deutschland kommen. Dazu brauchen wir flächendeckende Kontrollen an den deutschen Außengrenzen», sagte der CDU-Politiker der «Bild am Sonntag». Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse entsprechende Maßnahmen sofort umsetzen. «Ich würde es sehr begrüßen, wenn sie endlich die bundesweiten Grenzkontrollen durch die Bundespolizei anordnen würde - zumindest an den besonders belasteten Binnengrenzen.»

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Eigentlich gibt es im Schengen-Raum, dem 27 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. In den vergangenen Jahren haben aber mehrere Staaten eine Ausnahmeregelung genutzt und teilweise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und andere Migranten von Griechenland über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten.

Rhein und Faeser sind Konkurrenten bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober. Der CDU-Ministerpräsident will sein Amt verteidigen, die Bundesinnenministerin fordert ihn als SPD-Spitzenkandidatin heraus.

Am Freitag hatte die Bundespolizei bekanntgegeben, dass sie an den deutschen Grenzen im ersten Halbjahr deutlich mehr unerlaubte Einreisen festgestellt habe als in der gleichen Zeit ein Jahr zuvor. Von Januar bis einschließlich Juni wurden 45.338 unerlaubt eingereiste Menschen registriert, im Vergleich zu 29.174 im ersten Halbjahr 2022.

Zuletzt war über eine wachsende Zahl von Ankünften über die sogenannte Belarus-Route berichtet worden, die über Polen nach Brandenburg und Sachsen führt. Beide Bundesländer hatten im Frühjahr stationäre Grenzkontrollen verlangt, was Faeser aber ablehnte. Stattdessen wurden die Kontrollen im Grenzgebiet und die Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden verstärkt. Intensivere Kontrollen können dazu führen, dass mehr unerlaubt Eingereiste entdeckt werden.

In Hessen regieren die Grünen mit der CDU - der grüne Ministerpräsidenten-Kandidat, Tarek Al-Wazir, urteilte am Sonntag: «Der Vorschlag, wieder flächendeckende Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen einzuführen, ist grundfalsch, widerspricht der europäischen Idee und ist auch wirtschaftlich gefährlich.» Mit Blick auf die AfD sagte er: «Ich verstehe nicht, dass aus der Partei Helmut Kohls aus Angst vor einer am Rande des politischen Spektrums stehenden Partei solche Forderungen erhoben werden, die dem europäischen Gedanken derart eklatant widersprechen.» Der verstorbene einstige Kanzler Kohl gilt als Regierungschef der deutschen Einheit.

Der hessische SPD-Fraktionschef Günter Rudolph kritisierte, Rhein wolle von den Problemen in seinem Land ablenken: Lehrermangel, fehlende Pflegekräfte, Unterrichtsausfall, Nachwuchsmangel im Handwerk. Angesichts der schlechten Bilanz in Hessen scheine Rhein «lieber über europäische Außenpolitik philosophieren zu wollen, aber dafür hat er schlicht das falsche Amt».