Weinheim

Das sagt Rewe zu fragwürdigen Gutschein-Schreiben in Weinheimer Briefkästen

Dieser Tage finden Weinheimer dubiose Post mit einem vermeintlichen Gewinn einer Verlosung in ihren Briefkästen. Der Verbraucherschutz warnt, nicht vorschnell zum Telefonhörer zu greifen.

Rewe-Sprecher Thomas Bonrath äußert sich zur Masche mit den vermeintlichen Gewinnen von Rewe-Gutscheinen. (Symbolbild) Foto: REWE
Rewe-Sprecher Thomas Bonrath äußert sich zur Masche mit den vermeintlichen Gewinnen von Rewe-Gutscheinen. (Symbolbild)

Holger Eichhorn hatte unerwartet Post im Briefkasten: „Herzlichen Glückwunsch! Sie, Herr Eichhorn, sind einer der glücklichen Gewinner!“ Der Preis, über den der Oberflockenbacher sich angeblich freuen dürfe, ist ein 500-Euro-Gutschein zum Einkaufen bei Rewe. Die Freude hielt sich bei dem Oberflockenbacher in Grenzen, dafür wurde seine Neugier geweckt. Denn an einem Gewinnspiel hatte der Rentner gar nicht teilgenommen, erzählt er im Gespräch mit den WN.

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Woher haben die meine Adresse?

Aber woher hat das Unternehmen „KOP United“, das auf dem Schreiben angegeben wird, dann den Namen und die Adresse von Eichhorn? Der ehemalige Kameramann greift zum Hörer und wählt die Telefonnummer, die ihm zu seinem Einkaufsgutschein verhelfen soll. Es meldete sich ein Mann am anderen Ende der Leitung: „Der hat gelabert und gelabert. Es ging um alles Mögliche. Außer um meinen Gewinn, von dem war plötzlich nicht mehr die Rede“, erzählt Eichhorn.

Der Oberflockenbacher bekam Löcher in den Bauch gefragt: Vor allem über seine persönlichen Daten. Der Mitarbeiter von „KOP United“ wollte Geburtsort, Alter und vieles mehr wissen. Dann ging es über zum Verkaufsgespräch. Wenn Eichhorn einen Monat lang nur 1,50 Euro pro Tag für ein Gewinnspiel bezahle, dann winke ihm ein Preis, der den alten locker in den Schatten stellt. „Dann hat er mich nach meiner IBAN gefragt. Da habe ich gesagt: Jetzt ist Schluss!“

Holger Eichhorn aus Oberflockenbach hatte kürzlich dieses Schreiben in seinem Briefkasten. Er habe bei einem Gewinnspiel gewonnen und solle sich telefonisch melden. Als er das tat, war plötzlich von keinem Preis mehr die Rede ... Foto: Philipp Reimer Fotografie
Holger Eichhorn aus Oberflockenbach hatte kürzlich dieses Schreiben in seinem Briefkasten. Er habe bei einem Gewinnspiel gewonnen und solle sich telefonisch melden. Als er das tat, war plötzlich von keinem Preis mehr die Rede ...

Bei einer Internetsuche nach der „KOP United“ stößt man schnell auf eine riesige Zahl an Erfahrungsberichten. Mal geht es um ein Luxuswohnmobil, mal um eine Nordlicht-Reise nach Grönland und wieder ein anderes Mal um Einkaufsgutscheine für Ikea, Deichmann oder Rewe. Die Bewertungen indes rangieren von einem von fünf möglichen Sternen bis zur vollen Punktzahl. Ein Dazwischen gibt es so gut wie nicht.

Etliche Rezensionen tragen Titel wie „Reiner Betrug, Hände weg!!!“, „Nicht Antworten auf den Brief von KOP“ oder „Gewinnmitteilung“? Finger weg!“. Dann gibt es im Netz aber auch die wenigen Stimmen, die doch eine Ostsee-Reise oder Geld gewonnen haben wollen. Ob das stimmt und ob es sich dabei um Bewertungen echter Teilnehmer handelt, lässt sich nicht überprüfen.

Verbraucherschützer warnt

Apropos Prüfung: Auf dem Schreiben des Unternehmens „KOP United“ wird mit einem Gütesiegel des Verbraucherschutzes geworben. Dabei ist von einem „Service Versprechen“ von „Verbraucherschutz.de“ die Rede. Der Verein, so erklärt er auf seiner Internetseite, hat sich zum Ziel gesetzt, „Verbraucher vor aktuellen unseriösen Firmen und Geschäftspraktiken zu warnen“.

Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VZBW) hat da seine Zweifel. Zwischen dem Verein, der auf dem Schreiben der „KOP United“ angegeben wird, und der Verbraucherzentrale gebe es natürlich keinen Zusammenhang, erklärt der VZBW-Abteilungsleiter für Telekommunikation, Internet, Verbraucherrecht (TIV). Im Gegenteil: Gegen „eine Reihe“ von Unternehmen, die auf „Verbraucherschutz.de“ ein Service-Versprechen leisten, habe die Verbraucherzentrale in der Vergangenheit bereits rechtliche Schritte eingeleitet. Als Beispiel nennt Buttler die „Mönchshofer AG“, die von der Verbraucherzentrale abgemahnt worden sei. Demnach zockte die AG bevorzugt ältere Menschen ab, denen sie am Telefon Abos für Nahrungsergänzungsmittel unterschob.

Oliver Buttler spricht also von einem „Pseudo-Siegel“. Von dem Fall „Verbraucherschutz.de“ habe die VZBW vor der Anfrage unserer Redaktion keine Kenntnis gehabt. Der Verein wolle ihn nun unter die Lupe nehmen und die Seriosität prüfen. Nicht nur wegen der Namensähnlichkeit zur Verbraucherzentrale. Vor allem wegen der dubiosen Firmen, die auf der Webseite gelistet werden.

Denn wie man es dreht und wendet: Auch ein Aboabschluss am Telefon, so Buttler, hat Rechtsgültigkeit. Von wenigen Ausnahmen wie Versicherungen und Telefonverträgen abgesehen, funktioniert das auch ohne Unterschrift. Meist handelt es sich um Laufzeitverträge, die ohne Kündigung bis zum „Sankt-Nimmerleins-Tag“ weitergehen. Sollte keine Einwilligung am Telefon gegeben worden sein, ermutigt der Verbraucherschützer deshalb, unverzüglich gegen die Verträge vorzugehen.

„Keine Markenrechtsverletzung“

Doch was sagt die Rewe-Group eigentlich dazu, dass ihr Firmenname mit solchen dubiosen Maschen in Verbindung gebracht wird? Pressesprecher Thomas Bonrath schaute sich das Schreiben der „KOP United“ an und befindet: „Die reine Nennung von ,Rewe’ ist keine Markenrechtsverletzung. Das Schreiben vermittelt auch in keinem Punkt, dass Rewe Absender ist.“

Foto: Philipp Reimer Fotografie

Es werde nur – und zudem kryptisch – ein Einkaufsgutschein des Lebensmitteleinzelhändlers ausgelobt. „Einen Einkaufsgutschein beziehungsweise eine Guthabenkarte kann jede Person und jedes Unternehmen in jedem Rewe-Markt bekommen und mit jedem gewünschten Betrag aufladen lassen“, so Bonrath. Die anschließende Verwendung sei nicht vertraglich begrenzt. „Das Schreiben erinnert stark an verbreitete und weitestgehend bekannte Betrugsmaschen im Internet, per SMS, WhatsApp oder Telefon“, sagt der Pressesprecher.

Holger Eichhorn lässt das Thema dennoch nicht so richtig los. Der Rentner befürchtet, dass ihm auch ohne Einwilligung und Nennung seiner IBAN Geld von seinem Konto abgezogen wird. Dieses kontrolliere er nun täglich – nur für den Fall.