Weinheim

Doch kein gemeinschaftliches Konzept auf dem Weinheimer Marktplatz

Weitere Turbulenzen um die Weinheimer Kerwe: Die Marktplatzgastronomen sind verärgert über das Vorgehen der Stadtverwaltung und die Anfeindungen in den sozialen Netzwerken. Warum sie jetzt alles abblasen.

Zur Eröffnung der Weinheimer Kerwe 2022 lachte die Sonne, jetzt hängt der Haussegen am Marktplatz schief. Foto: Philipp Reimer
Zur Eröffnung der Weinheimer Kerwe 2022 lachte die Sonne, jetzt hängt der Haussegen am Marktplatz schief.

„Die Gastronomen am Marktplatz haben sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, in diesem Jahr keine gemeinschaftliche Aktion wie ursprünglich angedacht auf dem Marktplatz stattfinden zu lassen.“ Mit dieser Nachricht, gepostet in den sozialen Medien, wendet sich die IG Marktplatz an die Öffentlichkeit. Sie reagiert damit auf die Turbulenzen um die Weinheimer Kerwe in den vergangenen Wochen.

In ihrer Stellungnahme zur Kerwe 2023 schreiben die Marktplatzgastronomen: „Dass die Kerwe das Fest-Highlight des Jahres ist, welches wir seit Jahren prägen, mitgestalten und weiterentwickeln, ist uns in hohem Maße bewusst.“ Deshalb habe man sich auch in der Vergangenheit stets mit der Problematik der Auflagen und Musikbeschallung beschäftigt, um massive Beschwerden und Anzeigen zu vermeiden. „Die wachsende Anzahl an Gastronomen und die damit einhergehenden steigenden Besucherzahlen unter einen Hut zu bekommen, war und ist eine Herausforderung. Während die einen sich laute Musik und Tanzen auf den Bänken wünschen, wollen andere weiterhin in ruhiger Atmosphäre in ihrem Stammlokal essen“, heißt es weiter. In manchen Jahren sei versucht worden, Musikquellen durch das Verbinden mehrerer Restaurants und Cafés mit Zelten zu verbessern. Das Konzept der beschallten Zelte sei aber mehr und mehr zum Auslaufmodell und immer schwieriger in der Umsetzung geworden. Deshalb habe die IG Marktplatz schon Anfang des Jahres darüber diskutiert, welche Alternativen man gemeinsam realisieren könne, sodass alle Besucher zufrieden sind und auch alle Gewerbetreibenden ihre Betriebe profitabel während der Kerwe führen können.

"Die IG wurde abgestraft für anstehende Auflagen und Beschränkungen, von denen sie selbst betroffen ist, und kritisiert für Veränderungen, die sie noch gar nicht weiter ausgeführt hatte" — Aus der Stellungnahme der IG Marktplatz

Die Idee, den Marktplatz als ganzheitlichen Veranstaltungsplatz zu nutzen, an dem für alle etwas geboten werden kann, habe für die IG Marktplatz schnell festgestanden. Verschiedene Bands und Liveacts sollten auftreten, das gastronomische Angebot sollte vielfältig und leicht zugänglich für die Besucher sein, eine Licht- und Lasershow war in Planung und auch an Aktionen für Kinder sollte gedacht werden. Alles immer so gestaltet, dass keine Dauerbeschallung stattgefunden hätte und die Besucher sich anhand eines Programmes hätten aussuchen können, wann sie ihre Kerwezeit auf dem Marktplatz verbringen wollen.

„Das Konzept wurde begrüßt“

Diese Überlegungen seien mit der Stadt besprochen worden. Die IG Marktplatz schreibt: „Bei einem gemeinsamen Termin mit dem Ordnungsamt und weiteren Verantwortlichen der Stadt wurde der IG ganz deutlich signalisiert, dass das neue Konzept dem Vorhaben der Stadt entgegenkommt, die eigentlich gerüstet war, die Marktplatz-Gastronomie mit einer ganzen Reihe von Beschwerden und Auflagen auf die Kerwe einzustimmen. Das Konzept wurde eindeutig begrüßt.“

Bei einem anschließenden Pressetermin habe die Öffentlichkeit über die anstehenden Veränderungen informiert werden sollen – um „Vorfreude zu schüren“. „Dass in dem Artikel die IG Marktplatz in einem Atemzug mit den Informationen der Stadt zum Thema Lautstärke im Gerberbachviertel genannt wurde, hat für viel Unklarheit und großen Ärger gesorgt“, schreiben die Gastronomen. Plötzlich sei die IG verantwortlich gemacht worden, dass in der Altstadt ohne ihr Wissen strengere Kontrollen und veränderte Genehmigungen in Bezug auf die Standvergabe für 2023 geplant sind. Ab da sei es in der öffentlichen Diskussion nur noch um das „Sterben der Kerwe“ und den Erhalt der „Bumbum-Kerwe“ gegangen. „Die IG wurde abgestraft für anstehende Auflagen und Beschränkungen, von denen sie selbst betroffen ist, und kritisiert für Veränderungen, die sie noch gar nicht weiter ausgeführt hatte“, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Diskussion befeuert

Befeuert worden sei die Diskussion außerdem von einer Petition, die in ihrer Ursprungsform beinhaltete, dass ein „Zeichen in Richtung Stadt und IG Marktplatz gesetzt“ werden soll. Der Text war allerdings später geändert worden. Auch ein Video von Stadträtin Frieda Fiedler (GAL) in den sozialen Medien habe für Schaden gesorgt. In einer Story habe Fiedler zu „Rabatz“ aufgerufen. Die IG Marktplatz: „Auch wenn der Initiator der Petition, Marcel Gräber, den Wortlaut geändert hat und auch das Video von Frieda Fiedler gelöscht wurde – der Schaden für die Marktplatzgastronomie war bereits angerichtet.“ Eine Richtigstellung sei nicht erfolgt.

Durch die „beleidigenden und geschäftsschädigenden Kommentare“ in den sozialen Netzwerken sehen sich die Gastronomen in den zurückliegenden Tagen permanent in eine Ecke gedrängt, in der sie sich verteidigen und erklären müssen – „für einen Zustand, den sie weder geschaffen noch zu verantworten haben“. Vonseiten der Stadt habe es bisher keine Richtigstellung gegeben. Von einer „unvoreingenommenen und aufgeschlossenen Herangehensweise“ an das neue Konzept könne nun nicht mehr ausgegangen werden. Abschließend heißt es: „Die Umsetzung steht aktuell sogar wieder in der Kritik. Es wurden Bedenken wegen der Lautstärke der geplanten Bands und der Beschallung von der Stadt an die IG herangetragen. Entgegen anderslautenden Meinungen ist der Marktplatz denselben Auflagen unterworfen wie andere Teile der Kerwe auch.“