Weinheim

Festakt im Weinheimer Rathaus: Ehrenbürgerwürde an Ingrid Noll verliehen

Die Bestseller-Autorin Ingrid Noll ist Ehrenbürgerin von Weinheim. Im Sitzungssaal des Rathauses verriet sie, was ihr Weinheim wirklich bedeutet.

Ingrid Noll hörte gespannt zu, was Oberbürgermeister Manuel Just in seiner Laudatio zu sagen hatte. Foto: Gian-Luca Heiser
Ingrid Noll hörte gespannt zu, was Oberbürgermeister Manuel Just in seiner Laudatio zu sagen hatte.

Es war, als würden die Glocken der St.-Laurentius-Kirche gestern kurz vor 11 Uhr nicht zur Messfeier, sondern für Ingrid Noll läuten. Vor dem Aufgang zum Bürgersaal des Rathauses begrüßte die erfolgreiche Krimiautorin bei Glockengeläut herzlich einen Teil der zahlreichen Gäste, die zu ihrer Verleihung der Ehrenbürgerwürde gekommen waren, – darunter unter anderen Andreas Stenger, den Präsidenten des Landeskriminalamtes.

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Schlagfertig und zu Scherzen aufgelegt, wie viele sie aus Talkrunden im Fernsehen oder bei Lesungen kennen, meinte sie später in ihrer Dankesrede: „Ich bin über diese besondere Ehrung glücklich, stolz und dankbar. Damit habe ich sogar die Frauenquote verdoppelt, und ich stehe jetzt außerdem mit Sepp Herberger auf einer Liste. Wer hätte das gedacht?“

Natürlich dürfen die politischen Honoratioren an so einem Tag nicht fehlen: Ehrenbürgerin Ingrid Noll (Mitte) mit Günter Bäro, Stella Kirgiane-Efremidou, Karl Bär, Carola Meyer, Elisabeth Kramer und Oberbürgermeister Manuel Just (von links). Foto: Gian-Luca Heiser
Natürlich dürfen die politischen Honoratioren an so einem Tag nicht fehlen: Ehrenbürgerin Ingrid Noll (Mitte) mit Günter Bäro, Stella Kirgiane-Efremidou, Karl Bär, Carola Meyer, Elisabeth Kramer und Oberbürgermeister Manuel Just (von links).

Beifall für Sympathieträgerin

Unter den nunmehr 21 Ehrenbürgern Weinheims ist Ingrid Noll neben Josefine Hector die zweite Frau. An der festlichen Verleihung nahmen mit Josefine und Dr. Hans-Werner Hector sowie Oberbürgermeister a. D. Uwe Kleefoot drei Ehrenbürger teil. Sie erfuhren ebenso wie die anderen der knapp 100 Festgäste von der besonderen Wertschätzung, die Ingrid Noll auch als sympathischer Botschafterin Weinheims entgegengebracht wird und die Oberbürgermeister Manuel Just in seiner Laudatio mehrfach ausdrückte. „Sie sind intelligent, haben Charme und Humor, das Herz am rechten Fleck, soziales Engagement und eine hohe Identifikation mit unserer Stadt“, sagte Just und erhielt für diese Aussage spontanen, rauschenden Beifall.

Seit 1967 in Weinheim

Manuel Just sprach Ingrid Noll auch mit ihrem bürgerlichen Nachnamen Gullatz an. Im Jahr 1959, zehn Jahre nachdem sie mit ihrer Familie aus China nach Deutschland geflohen war, hatte sie den Arzt Dr. Peter Gullatz geheiratet. Zunächst lebte das Ehepaar in Korbach in Oberhessen. Als ihr Ehemann eine Oberarztstelle für Innere Medizin suchte, fiel 1967 die gemeinsame Wahl auf Weinheim.

„Ich hatte vorher keine Heimat besessen“, sagte die frischgebackene Ehrenbürgerin und bekannte: „Ich fühle mich als Weinheimerin!“ Erst wenn man den Menschenschlag möge, entstünden Heimatgefühle. Auch durch die Schulbesuche der Kinder und die aktive Begleitung der Mutter, die in der Mensa der Dietrich-Bonhoeffer-Schule Essen mit austeilte, wurde das Heimatgefühl verstärkt.

Romane spielen teils in der Region

Ingrid Nolls Romane spielen teilweise in der Region. In Heidelberg, Mannheim oder Ladenburg lässt sie ihre Protagonisten agieren, wobei ihre Romane sich mehr mit den Psychogrammen der Personen beschäftigen und nicht zu den klassischen, nur auf Spannung ausgerichteten Krimis gehören. Mit Weinheimer Schauplätzen hatte sie sich viele Jahre eher zurückgehalten, ehe sie in ihrem bislang letzten Roman „Tea Time“ einen Großteil des Geschehens an den Weinheimer Marktplatz verortete.

Hoch und heilig versprach sie in ihrer Rede mit verschmitztem Lächeln, dass sie auch künftig in ihren Büchern keinen Weinheimer umbringen werde, sondern: „Eher einen Monnemer.“

Ingrid Noll ist Botschafterin für Weinheim

Ingrid Noll wurde 2020 zur Botschafterin Weinheims auserkoren, begleitete die Weinheimer Schultheatertage als Schirmherrin und ist auch touristisch eine Werbeträgerin für die Stadt. Seit November 2021 gibt es den „Ingrid-Noll-Weg“. An 13 Stationen können Besucher über einen QR-Code auf ihrem Handy ihrer Stimme folgen, während sie in ihrem eigenen Stil und mit subtilem Humor Sehenswürdigkeiten und Weinheimer Besonderheiten erklärt.

So erfolgte die Entscheidung des Gemeinderates, Ingrid Noll die Ehrenbürgerrechte zu verleihen, am 21. Juni auch erwartungsgemäß einstimmig. Die Erfolgsautorin erfüllt die Voraussetzung. Sie ist eine Frau, die sich um die Stadt Weinheim, ihre Entwicklung und ihr Ansehen in besonders hohem Maße verdient gemacht hat.

Die Feier für Ingrid Noll wurde musikalisch umrahmt. Foto: Gian-Luca Heiser
Die Feier für Ingrid Noll wurde musikalisch umrahmt.

Ehemann mit einbezogen

Ihr Bedauern, dass ihr vor zwei Jahren verstorbener Ehemann Peter Gullatz diesen Moment nicht mehr erleben konnte, brachte die Ehrenbürgerin zum Ausdruck. Dass die 1935 als Ingrid Noll in Shanghai geborene heutige Bestsellerautorin in Weinheim eine Heimat fand und ihren Mitmenschen im Alltag offen begegnet, wurde am Ende der Feier, die durch das Querflöten-Trio der Musikschule mit Barbara Pfliegensdörfer, Sarah Gehrlein und Philipp Oehlschläger musikalisch gestaltet wurde, durch lang anhaltenden Beifall gewürdigt.