Weinheim

Prozess: Pädophiler 38-Jähriger aus der Region stellt sich Polizisten

Ein 38-Jähriger aus der Region marschierte jüngst ins nächste Polizeirevier und gab sich als Pädophiler zu erkennen. Auf seiner Festplatte entdeckten die Ermittler eine vierstellige Zahl an kinderpornografischen Dateien.

Im Amtsgericht Weinheim finden immer mehr Prozesse wegen pädophiler Straftaten statt. Foto: Thomas Rittelmann
Im Amtsgericht Weinheim finden immer mehr Prozesse wegen pädophiler Straftaten statt.

Drei Männern wurde am Donnerstag der Prozess im Amtsgericht gemacht, weil sie Kinderpornografie verbreitet oder besessen haben. Der Fall eines 38-Jährigen aus der Region stach dabei besonders heraus: Er wurde für schuldig befunden, über 1100 kinder- und jugendpornografischen Inhalte besessen zu haben. Dabei handelte es sich um Aufnahmen, die unter anderem den schweren sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Erwachsene abbildeten. Das jüngste dieser Kinder war zur Tatzeit gerade einmal vier Jahre alt.

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Dass der 38-Jährige ein Problem hat, war ihm durchaus bewusst. So stellte er sich selbst der Polizei und zeigte sich an. Er wolle nicht, dass noch mehr passiert. Der Pädophile hatte Angst, dass der bloße Konsum von Kinderpornografie seine Triebe nicht mehr stillen könnte. Wie sich bei der Gerichtsverhandlung herausstellte, brachten die Polizisten ihn zum Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch. Dort wurde der Mann jedoch als Patient abgelehnt.

Das Urteil von Amtsrichterin Eva Lösche lautete ein Jahr und neun Monate auf Bewährung. Die wichtigste Auflage, die der 38-Jährige erfüllen muss, ist, die Therapie bei der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS) einzuhalten. Diese ist die nächstgelegene Anlaufstelle für die Behandlung von Pädophilen. BIOS ist sowohl für Opfer als auch für Täter und „Tatgeneigte“ Ansprechpartner.

Im anschließenden Prozess saß ein 24-jähriger Mann auf der Anklagebank. Er brachte die Ermittler auf seine Fährte, indem er seine Spuren beim Übermitteln von Kinderpornografie über Instagram und WhatsApp hinterlassen hatte. Nachdem die Polizei sein Handy konfisziert und durchleuchtet hatte, fanden die Ordnungshüter weitere zehn Dateien, die sexualisierte Aufnahmen von Kindern enthielten. Außerdem acht Bild- und sechs Videodateien von Jugendlichen.

„Bei ihm hat es sich wohl um keinen Pädophilen gehandelt“, so die Vorsitzende Richterin Lösche. Die Dateien waren wenige unter der riesigen Anzahl von Erwachsenenpornografie, die auf seinen Datenträgern gefunden wurde. Neben dem problematischen Konsumverhalten von Pornografie soll der 24-Jährige eine Entwicklungsverzögerung haben. Das meinte zumindest der Vater im Zeugenstand. Diese sei demnach durch einen Herzfehler des jungen Mannes bedingt. Das Urteil: ein Jahr und zehn Monate – ebenfalls auf Bewährung.

Uneinsichtig zeigte sich der dritte Mann, der am Donnerstag vor Gericht stand. Der 69-Jährige zog den Fokus der Ermittler im vergangenen Juni auf sich, als er eine kinderpornografische Bilddatei heruntergeladen hatte.

Auf seinem Computer fand die Polizei zwei Dutzend Dateien, auf denen Kinder und Jugendliche sexualisiert dargestellt waren. Bei ihm herrschte Unverständnis über die Strafbarkeit, da es sich nicht um Missbrauchsaufnahmen, sondern um Nacktfotos gehandelt habe. Es half nichts: Er bekam eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

Prozesse wegen des Erwerbs, der Verbreitung und des Besitzes kinderpornografischer Schriften sind anders als noch vor fünf Jahren keine Ausnahmen mehr in den Gerichtssälen. In den Jahren 2008 bis 2021 waren es noch 18 Verfahren, die unter diesem Straftatbestand beim Amtsgericht Weinheim geführt wurden. Allein im Jahr 2022 waren es 13. Ende Oktober gab es insgesamt fünf laufende Verfahren. Im Dezember sind nach Angaben der Direktorin zwei weitere eröffnet worden.

Auch aufseiten der Strafverfolgung weisen die Fallzahlen im Bereich des Polizeireviers Weinheim einen deutlichen Aufwärtstrend auf. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Straftaten von drei im Jahr 2018 auf sechs 2019 und zehn Fälle 2020 erhöht, wie Philipp Kiefner, Sprecher beim Polizeipräsidium Mannheim, erklärt. Im Jahr 2021 waren es dann mit 25 mehr als doppelt so viele, 2022 gab es 30 Ermittlungsverfahren. Und die Statistik zeigt auch: Drei Viertel der Fälle (insgesamt 22) spielten sich 2022 in der Weinheimer Kernstadt ab.