Weinheim

Weinheimer Kerwe: 4200 Unterschriften für Petition

Die Weinheimer setzen ein klares Zeichen: „Für eine vielfältige Kerwe auch mit Bumbum“, so der Titel der Online-Petition von Marcel Gräber. Doch was kommt jetzt?

Jeder Name ein Bekenntnis zur Weinheimer Kerwe. Marcel Gräber (rechts) übergab am Freitag einen Ordner mit Unterschriften an Weinheims Pressesprecher Roland Kern. Foto: Philipp Reimer
Jeder Name ein Bekenntnis zur Weinheimer Kerwe. Marcel Gräber (rechts) übergab am Freitag einen Ordner mit Unterschriften an Weinheims Pressesprecher Roland Kern.

Die Resonanz war überwältigend: 4200 Menschen setzten ihren Namen unter die Online-Petition mit dem Titel „Für eine vielfältige Kerwe auch mit Bumbum“, die jetzt nach zehn Tagen beendet wurde. Allein in der ersten 15 Stunden unterzeichneten über 1500 Freunde der Weinheim Kerwe. „Verrückt, wie das abgegangen ist“, sagt der 25-jährige Marcel Gräber, der die Petition auf dem Portal „Change.org“ gestartet hatte, nachdem bekannt geworden war, dass die Stadt zukünftig bei der Weinheimer Kerwe weniger auf „Ballermann-Party“ setzen will.

„Wollte wenigstens 51 Unterschriften sammeln“

Vorausgegangen war eine Unterschriftensammlung von Anwohnern der IG „Altstadt“, die sich über wummernde Bässe, ohrenbetäubenden Lärm und blockierte Rettungswege beschwert hatten – 50 Unterschriften kamen zusammen. „Ich wollte eigentlich wenigstens 51 Unterschriften sammeln“, verrät Marcel Gräber am Freitag bei der Übergabe der Unterschriftenliste an Weinheims Pressesprecher Roland Kern, der den dicken Ordner in Vertretung von Oberbürgermeister Manuel Just entgegennahm.

Das Ziel der Petition wurde weit übertroffen. Die Weinheimer haben gezeigt, dass sie sich das Feiern, wie sie es bisher getan haben, nicht verbieten lassen wollen. „Aber das ist doch auch gar nicht unser Ziel“, stellt Kern klar und fügt hinzu, „es entstand einfach ein falscher Eindruck.“ Niemand in der Stadtverwaltung wolle die Kerwe so reduzieren und maßregeln, dass die ihren Volksfestcharakter, die Fröhlichkeit und die Anziehungskraft in die Region hinaus verliert.

Kern: „Die Kerwe ist kein Kaffeekränzchen. Die Mischung zwischen Brauchtum und Straßenparty macht die Kerwe aus – und das soll auch so bleiben!“ Mit Blick auf die Petition sei man froh über jedes „positive Bekenntnis zur Kerwe“.

„Handelt sich nicht um ein neues Konzept“

Dann also alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ und viel Rauch um nichts? Nicht ganz! Weil die Kerwe 2022 in puncto Lautstärke aus dem Ruder gelaufen ist – das bestätigten selbst die Betreiber von Ständen und Straußwirtschaften –, soll die Kerwesatzung aus dem Jahr 2003 wieder entschiedener umgesetzt werden. „Es handelt sich also nicht um ein neues Konzept“, erklärt der Pressesprecher.

Vielmehr gehe es um die Einhaltung der Regeln. Und die sehen einen gewissen Lärmschutz vor. Betreiber von benachbarten Ständen und Gaststätten müssen demnach ein gemeinsames Beschallungskonzept vorlegen. Außerdem ist das Bespielen der Gassen mit Musik untersagt.

Diese Regeln sollen bei der nächsten Kerwe stärker kontrolliert werden – für ein gutes Miteinander und in der Hoffnung, dass die IG „Altstadt“ ihre Rechte nicht einklagen wird. „Das ist das Letzte, was wir wollen“, so die Aussage von Anwohner Uwe Seehaus, der betont: „Was wir uns wünschen, sind vier Kerwetage mit gut gelaunten Gästen, Frohsinn und der Möglichkeit, in entsprechendem Rahmen mitzufeiern und die Kerwestimmung zu genießen.“

Kompromiss, aber...

Und das wünscht sich auch Marcel Gräber, allerdings mit mehr „Bumbum“ als „Heidschi Bumbeidschi“. Bei der Kerwe 2022 legte er im Café Florian auf dem Marktplatz auf und weiß um die Kraft der Musik und ihre Energie, die gute Laune schafft. „Wenn das wegfällt, verliert die Kerwe deutlich an Attraktivität“, sagt er. Grundsätzlich befürwortet Gräber allerdings einen guten Kompromiss, aber eben einen, der das Partyvolk nicht im Stillen stehen lässt.

„Es wird bald ein vermittelndes Gespräch von OB Just mit den Anwohnern und Straußwirtschaftsbetreibern geben“, verspricht Roland Kern. Nach den Diskussionen der vergangenen Tage haben beide Seiten signalisiert, dass sie gesprächsbereit sind.

Wenn im Mai oder Juni die Anmeldefrist für Straußwirtschaften anläuft, will das Ordnungsamt mit den Betreibern Gespräche über die Lärmentwicklung führen und gegebenenfalls ein Beschallungskonzept fordern. Kern: „Dort wo eine Lautsprecherübertragung im Gerberbachviertel nach innen nicht möglich ist, muss ein Konzept angestimmt werden, das auch kontrollierbar und für die Anwohner zumutbar ist.“

Auf ein gemeinsames Konzept haben sich die Marktplatzgastronomen bereits verständigt. Partyzelte, die sich mit lauter Musik Konkurrenz machen, soll es in Zukunft nicht mehr geben. Ihre „Genuss-Kerwe“ mit einem Kulturprogramm und Spezialitäten-Ständen stieß in den sozialen Medien auf reichlich Häme.

Die Stadtverwaltung dagegen begrüßt die Initiative der IG Marktplatz, dort an den Kerwetagen besondere kulturelle und kulinarische Angebote zu machen. „Das wird die Vielfalt der Kerwe weiter steigern“, ist sich Roland Kern sicher. Für ihn hat der Trubel um die Weinheimer Kerwe auch etwas Gutes: „Jetzt wird die Balance wieder hergestellt für ein tolles Fest für alle.“