Weinheim

Wie Markus Weber "Leonardo DiCaprio" bei der Serie "Young Sheldon" half

Bei der deutschen Synchronisation stand die Produktionsfirma vor einem dialektalen Dilemma. Sprachwissenschaftler Dr. Markus Weber hatte jedoch eine Lösung parat.

Dr. Markus Weber ist Fachmann fürs Kurpfälzische. Diese Expertise kam nun der neuen Staffel von "Young Sheldon" zugute. Foto: Montage: Iris Kleefoot/2023 Warner Bros. Entertainment Inc.
Dr. Markus Weber ist Fachmann fürs Kurpfälzische. Diese Expertise kam nun der neuen Staffel von "Young Sheldon" zugute.

Was der Weinheimer Kabarettist Dr. Markus Weber mit der US-amerikanischen Serie „Young Sheldon“ zu tun hat? In der neuen Staffel so einiges! Denn der Sprachwissenschaftler half dem Drehbuch-Autor beim Synchronisieren ins Deutsche bei einem dialektalen Dilemma.

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Doch von Beginn: In „Young Sheldon“, dem Prequel zum Serienhit „The Big Bang Theory“, geht es um die Kindheit des Kultcharakters Sheldon Cooper. Der Hochbegabte mit einem IQ von 187 kommt bereits mit neun Jahren in die neunte Klasse der High School. Mit vierzehn beginnt er sein Physikstudium am College. Statt vor Stolz zu platzen, zeigt Sheldons Familie im konservativen Texas häufig Unverständnis.

Episoden spielen in Heidelberg

Auch der Ableger von „The Big Bang Theory“ hat sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt. In den USA startete im Februar die siebte Staffel. Ab dem 15. April wird „Young Sheldon“ auch in Deutschland ausgestrahlt. Die Synchronisation hat das Medienunternehmen „ProSiebenSat.1 Media SE“ in Auftrag gegeben. Die Episoden spielen in Heidelberg, wo Sheldon, dargestellt von Iain Armitage, an der Universität ein Sommersemester in Quantenphysik belegt.

Weber kommt ins Spiel

Hier kommt Markus Weber ins Spiel: Denn da der Nerd Sheldon in der Neckarstadt des Öfteren mit kurzpfälzischen Idiomen konfrontiert wird, war der zuständige Dialogbuch-Schreiber, Gerrit Schmidt-Foß, auf der Suche nach einem kurpfälzischen Dialektberater. Dabei stieß er in Presseberichten auf den Weinheimer Mundart-Forscher Markus Weber. Wie breit gefächert die Synchronarbeit ist, erzählt der Schauspieler und Synchronsprecher Gerrit Schmidt-Foß in einem Telefongespräch mit dieser Zeitung. Sobald man seine Stimme vernimmt, setzt das Grübeln ein: Wo war er schon einmal zu sehen oder zu hören? „Zu hören“, korrigiert Schmidt-Foß, „in Filmen wie ,Titanic’, ,Catch Me If You Can’ oder ,The Revernant’.“ Denn er ist die deutsche Stimme von Leonardo DiCaprio. Doch nicht nur im Kino begegnet man ihm.

Millionen Fans kennen ihn als Stimme von Dr. Sheldon Cooper, dargestellt von Jim Parson, in der TV-Serie „The Big Bang Theory“. Den Schauspieler Gerrit Schmidt-Foß sieht man jedoch kaum noch. Eine seiner letzten Filmrollen, erzählt er, war 1991 in Loriots „Pappa ante portas“. „Da spielte ich Dieter, den pubertierenden Sohn von Loriot.“ Heute widmet der Mann mit der wohlklingenden Stimme seine ganze Leidenschaft der Synchronkunst. „Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für das Synchronisieren brechen“, betont er, „denn kaum jemand ahnt, was es heißt, eine ausländische Filmproduktion mit allen Einzelheiten ins Deutsche zu übersetzen.“ Schmidt-Foß ist Vorstandsmitglied des Berliner Synchronverbandes und gibt als Dialogbuch-Schreiber, neben seiner Arbeit als Synchron- und Hörbuchsprecher, den deutschen Erstübersetzungen ihren Feinschliff. Als Beispiel erwähnt er, dass die Amerikaner zwischen kurpfälzischer, schwäbischer und bayrischer Mundart keinen Unterschied hören. Also mussten bei der in Heidelberg spielenden Young-Sheldon-Staffel auch bayrisch klingende Hintergrund-Gespräche einen kurpfälzischen Tonfall erhalten.

Eistee wird zu ,Abbelsaft’

Eine Schwierigkeit: Der gesprochene Text muss zu den Lippenbewegungen der Schauspieler passen. Markus Weber macht das dialektale Dilemma beim Synchronisieren mit Beispielen aus seiner Beratungstätigkeit greifbar. „Es ging darum, ein kurpfälzisches Wort für ,Eistee’ zu finden. Der typisch amerikanische Durstlöscher ist in der Kurpfalz wenig populär. Ich habe spontan das Wort ,Abbelsaftschorle’ vorgeschlagen. Das war jedoch im Vergleich zu ,ice tea’ zu lang. Also haben wir uns auf ,Abbelsaft’ geeinigt.“ Ein anderes Beispiel der deutschen Erstübersetzung war das Schimpfwort „Dummkopf“. „Hier bot sich von der Wortlänge her der kurpfälzische Begriff ,Dollbohrer’ an.“ Es gibt etwas, was Markus Weber bei seiner Synchron-Beratung strikt ablehnen würde: „Das sind Worte oder Dialoge, die unter die Gürtellinie gehen. Ich möchte unsere kurpfälzische Muttersprache nicht in der Schmuddelecke sehen, sondern das Liebenswerte dieses Dialektes in den Vordergrund stellen.“

Gerrit Schmidt-Foß hat weitere kurpfälzische Synchronaufgaben für die von den Warner Brothers produzierte Serie angekündigt. „An Vorschlägen mangelt es mir nicht“, sagt Dr. Markus Weber, „denn das Kurpfälzische ist nun mal eine wortreiche Sprache.“

„Young Sheldon“ Staffel 7 startet am 15. April um 20.15 Uhr in Deutschland.