Umwelt

Keine Rücksicht auf Lebensraum für Fledermäuse

Für die Stadt Weinheim und für das Forstamt des Rhein-Neckar-Kreises ist eine ganz normale "forstwirtschaftliche Maßnahme". Für den Verein "Gegenwind Weinheim" ist es ein massiver Eingriff in den Lebensraum zahlreicher Fledermausarten.

Zahlreiche Bäume wurden im Wald oberhalb von Lützelsachsen gefällt. Der Verein "Gegenwind Weinheim" übt daran scharfe Kritik, weil dort zahlreiche Fledermausarten leben, deren Lebensraum massiv geschädigt worden sei. Foto: Carsten Propp
Zahlreiche Bäume wurden im Wald oberhalb von Lützelsachsen gefällt. Der Verein "Gegenwind Weinheim" übt daran scharfe Kritik, weil dort zahlreiche Fledermausarten leben, deren Lebensraum massiv geschädigt worden sei.

Weinheim/Lützelsachsen. Dieter Hannig traute seinen Augen nicht, als er vor circa zwei Wochen mal wieder einen Waldspaziergang oberhalb von Lützelsachsen machte: Im Bereich südlich des Goldkopfes hatten Forstarbeiter zahlreiche alte Buchen und Eschen gefällt, obwohl dieser Bereich nachweislich als Lebensraum für zahlreiche Fledermausarten gilt. Dieser Fledermaus-Hotspot sei dadurch "massiv geschädigt, wenn nicht sogar ganz zerstört worden", ärgert sich Hannig im Gespräch mit der WN-Redaktion.

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Bereits vor zwei Jahren waren in diesem Bereich Baumfällarbeiten geplant. Damals bekam der Verein allerdings rechtzeitig "Wind" davon und wandte sich an Weinheims Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner, der die geplante Maßnahme daraufhin stoppte. Bis 2022 wollte man prüfen, inwieweit Fledermaus-Populationen von den geplanten Maßnahmen betroffen wären. Außerdem wurde damals ein gegenseitiger Informationsaustausch vereinbart. Trotzdem wurden jetzt Fakten geschaffen, ohne den Verein darüber zu informieren.

Hannig hat dafür keinerlei Verständnis. Noch im Januar habe man mit Bürgermeister Fetzner gesprochen; da sei von den Baumfällungen keine Rede gewesen, erinnert sich der Zweite Vorsitzende. Dabei ist ihm sehr wohl bewusst, dass die Kreisforstbehörde die Waldbewirtschaftung im Auftrag der Stadt Weinheim durchführt. Aber als Eigentümerin des Waldes hätte die Stadt natürlich Einfluss nehmen können. "Weinheim wirbt gerne mit seinen Grünen Meilen und präsentiert sich als Partner der Bundesgartenschau - aber am Ende geht offenbar doch Ökonomie vor Ökologie und Nachhaltigkeit", lautet sein Vorwurf.

Er wolle sich gar nicht ausmalen, welche Folgen die Abholzung der Buchen für die Fledermäuse hat. Die alten Bäume wären mit ihren Baumkronen ein geradezu idealer Lebensraum für die Tiere gewesen, von denen einige Arten wie die Bechsteinfledermaus als bedroht gelten. Deren Vorkommen hatte der Verein mittels eines Gutachtens 2018/2019 nachgewiesen - damals ging es um mögliche Vorrangflächen für die Windkraftnutzung. 2022 habe man erneut den Biologen Dr. Andreas Arnold mit der Suche nach Fledermausquartieren beauftragt - mit Erfolg. Jedoch seien weitere Untersuchungen dann vom Regierungspräsidium Karlsruhe untersagt worden.

In einer Stellungnahme des Kreisforstamtes, der sich die Stadt Weinheim ausdrücklich anschließt, heißt es: "Es handelt sich um eine Maßnahme im üblichen Rahmen der Forstwirtschaft." Als vorbeugende Maßnahme zum Artenschutz seien im Vorfeld Habitatbaumgruppen ausgewiesen worden, die auch in Zukunft von der forstlichen Nutzung ausgenommen seien. Das bedeute, dass die Bäume bis zum Zerfall auf der Fläche bleiben. Bei der Holzernte an der Koppeneiche seien einerseits ältere Buchen entnommen worden, um den jungen Bäumen Licht zum Wachsen zu verschaffen. "Vor allem dort, wo sich schon vermehrt Naturverjüngung etablieren konnte, wurden die überschirmenden Buchen geerntet", erklärte das Forstamt. Andererseits seien schwer geschädigte Eschen gefällt worden, an deren Stamm sich bereits faule und absterbende Bereiche, sogenannte Nekrosen, befunden hätten. Jetzt könne das Holz noch sinnvoll verwendet werden. Mit fortschreitender Zeit wären die Schäden jedoch so gravierend geworden, dass die Stämme nicht mehr stofflich genutzt werden könnten.

Ergänzend teilte die städtische Pressestelle mit: "Wir haben volles Vertrauen in die forstfachliche und forstwirtschaftliche Expertise des Forstamtes. Die Förster können selbst am besten beurteilen, welche Flächen verwertet werden können, ohne die Balance der Natur zu schädigen. Das ist seit vielen Jahren bewährt und erprobt."

Für den Vorstand des Vereins "Gegenwind Weinheim" ist das Vorgehen dagegen "einfach nicht mehr zeitgemäß", erklärte Hannig. Während andernorts - wie zum Beispiel in Hemsbach - Waldrefugien ausgewiesen werden, die sich selbst überlassen und von der Bewirtschaftung ausgenommen werden, warte man in Weinheim weiter auf einen solchen Beitrag zum Klima- und Artenschutz. "Der Fledermaus-Hotspot südlich des Goldkopfes wäre dafür eine super Gelegenheit gewesen."