Keine Frauenfußball-Weltmeisterschaft im Fernsehen?
Am 20. Juli spielen die besten Fußballerinnen der Welt in Austzralien und Neuseeland um den WM-Titel. Doch bisher droht den Fans der Blick in die Röhre.
![Wer überträgt in Deutschland die Frauenfußball-WM? Bisher hat die Fifa noch keinen TV-Vertrag für den deutschen Markt abgeschlossen. Unser Bild zeigt das Nürnberger Max-Morlock-Stadion beim Spiel der DFB-Frauen gegen Brasilien. Wer überträgt in Deutschland die Frauenfußball-WM? Bisher hat die Fifa noch keinen TV-Vertrag für den deutschen Markt abgeschlossen. Unser Bild zeigt das Nürnberger Max-Morlock-Stadion beim Spiel der DFB-Frauen gegen Brasilien.](https://www.wnoz.de/imgs/03/6/9/3/8/2/NuernbergDFBFrauenBrasilien-4c-2d3d3b4720010c56.jpg?w=1612&h=806&crop=crop-center&q=70&fit=crop-50-50&s=184136ade05e11169effeb94ea814a36)
Selbst als ZDF-Mitarbeiterin kann Martina Voss-Tecklenburg zur Frage nach den Übertragungen der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer kaum etwas sagen. „Da bin ich auch nicht im Prozess so tief drin, dass ich das beantworten könnte“, erklärte die Bundestrainerin der deutschen Frauen kürzlich, die nebenberuflich für den öffentlich-rechtlichen TV-Sender als Expertin arbeitet. „Gott sei Dank bin ich für die sportlichen Dinge verantwortlich und muss mich in den Prozess nicht auch noch einbringen.“
Elf unsichtbare Freundinnen
Was war das für ein Sommer 2022, als die deutschen Fußball-Frauen in England ihr ganz eigenes Märchen schrieben: Bei der Europameisterschaft spielte sich das Team von Martina Voss-Tecklenburg in die Herzen der Fans, was in der Vize-Europameisterschaft gipfelte. Es war Fußball, der begeisterte, echter, ehrlicher Sport. Mit ganz vielen Emotionen, ohne Theater. Mit einer Mannschaftsdynamik, bei der man sich fast wieder wünschte, selbst wieder aktiv zu werden. Elf Freundinnen. Keine Floskel, kein Slogan – einfach gelebt.
Gut, es gab Rückschläge. Wie das Länderspiel am Dienstag vergangener Woche in Nürnberg. Voller Vorfreude waren wir ins Max-Morlock-Stadion gefahren. Die „Wurst im Weckla“ schmeckte und auf der Gegentribüne hielten wir sogar begeistert den schwarzen Pappdeckel für die DFB-Choreo der Deutschland-Fahne in die Höhe.
Was auf dem Spielfeld folgte, war allerdings übles Gekicke – ausgerechnet bei der Liveübertragung durch das ZDF. Eine verpasste Chance auf so großer Bühne und vor 32 500 Zuschauern. Ballverluste en masse führten dazu, dass die Mannschaft an diesem frühen Aprilabend wahrscheinlich tatsächlich lieber unsichtbar gewesen wäre.
Bei den Männern hätte das schon lange ein Pfeifkonzert nach sich gezogen. Aber das macht die „Faszination Frauen“ eben auch aus. Die Fans bestehen aus vielen Familien, die sich den Eintritt für – in Worten –fünfzehn Euro auch leisten können und aus dem Spiel einfach ein Event machten. Selbst bei dieser dürftigen Vorstellung schwappte die Welle durch das Stadion, die Fans feierten sich selbst und beklatschten dankbar jede gelungene Aktion. Das schmeichelhafte 1:2 rückte fast in den Hintergrund.
Dass es Deutschlands Beste besser können, zeigen vielleicht ja morgen die Frauen des VfL Wolfsburg, die um 15.30 Uhr das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Arsenal bestreiten. Das überträgt immerhin DAZN, genau wie das Rückspiel in London, wofür 42 000 Karten verkauft sind. Tickets in der Volkswagen-Arena gab es übrigens schon ab zehn Euro.
Zurück zur WM in den Sehnsuchtsländern Australien und Neuseeland vom 20. Juli bis 20. August. Ein Live-Erlebnis dort ist finanziell leider nicht drin. Es kommt noch dicker: Weder Deutschland, noch Spanien, Italien oder England wollen das zahlen, was die Fifa für die Übertragungsrechte haben will. Die deutschen Spiele finden durch die Zeitverschiebung oft morgens statt. Nicht lukrativ für die TV-Sender. Eine unsichtbare Fußball-WM – bei den Männern undenkbar. Obwohl das in Katar für den Sport an sich vielleicht die beste Lösung gewesen wäre.
Die Fachabteilung des Deutschen Fußball-Bundes ist aber ebenso ratlos bei der immer drängenderen Frage: Wer zeigt hierzulande im Fernsehen die Spiele der WM in Australien und Neuseeland, die in nicht einmal 100 Tagen am 20. Juli angepfiffen wird? „Seitens des DFB wünschen wir uns eine große Reichweite und Sichtbarkeit – sowohl für das Turnier insgesamt, vor allem aber für die Spiele unserer Frauen-Nationalmannschaft im Sinne unserer Fans und Partner, um die großartige Entwicklung des Frauenfußballs der letzten Monate weiter zu fördern“, sagte Holger Blask, Marketing-Chef beim DFB.
Kann es sein, dass kein deutscher Fernsehsender die TV-Lieblinge des Vorjahres übertragen will? Die EM war doch ein Quoten-Hit: Die Liveübertragung vom Finale zwischen Deutschland und England im Wembleystadion war mit 17,952 Millionen Zuschauern sogar die am meisten gesehene Fernsehsendung des gesamten Jahres.
Interesse besteht natürlich, auch wenn das niemand offiziell sagen will. Das ZDF äußerte jetzt durch Sprecher Thomas Hagedorn: „Die Angebote des ZDF für den Erwerb von Sportrechten orientieren sich unter anderem maßgeblich am Marktpreis für das jeweilige Sportrecht. Der Marktwert kann unter Umständen erheblich von der preislichen Erwartungshaltung der Rechtevermarkter abweichen.“
Die Zeit wird knapp
Kurioserweise äußerte sich der Fußball-Weltverband Fifa in einem Verfahren, das sonst von größter Verschwiegenheit geprägt ist. Das Ausschreibungsverfahren für die Übertragungsrechte „war bisher erfolglos, da es keine Angebote gab, die das größte Frauenfußballturnier der Welt in seinem wahren Wert anerkennen“, hieß es auf Anfrage bei der Fifa. Mit anderen Worten: Der Weltverband will mehr Geld, als bisher aus Deutschland geboten wurde. Die Zeit ist knapp für den Sender, der am Ende doch überträgt: Hotels müssen bestellt, Flüge gebucht und Visa-Anträge gestellt werden. Die Sportredaktionen müssen ihr Programm mit dem Rest des Senders abstimmen und Einsätze planen. Und was passiert, wenn es in Deutschland keine Einigung mit einem TV-Partner gibt? Darauf gibt die Fifa keine Antwort. dpa