Weinheim

CDU Weinheim zwischen Erleichterung und Ernüchterung

Anders als vor fünf Jahren gelingt es dem CDU-Stadtverband Weinheim diesmal, dass alle Kandidaten für den Gemeinderat im ersten Wahlgang eine Mehrheit erhalten - wenn auch zum Teil ziemlich knapp.

Holger Haring und Inge Oberle führen die Kandidatenliste der CDU für die Weinheimer Gemeinderatswahl an. Foto: Marco Schilling
Holger Haring und Inge Oberle führen die Kandidatenliste der CDU für die Weinheimer Gemeinderatswahl an.

Die Stimmung schwankte am Ende eines langen Abends bei der Weinheimer CDU zwischen Erleichterung und Ernüchterung. Erleichterung, weil alle Kandidaten für die Gemeinderats- und Kreistagswahlen im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit der Stimmen erhalten hatten, wenn auch teilweise sehr knapp. Ernüchterung, weil wieder einmal offensichtlich geworden war, dass es in der CDU Weinheim zwei Lager gibt, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Auf der einen Seite der als rechtskonservativ geltende Ortsverband der Kernstadt, auf der anderen Seite die Ortsverbände aus den Ortsteilen, die sich stärker am Kurs der Bundespartei orientieren.

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Knappe Mehrheiten für Masuch und Pröhl

Doch anders als vor fünf Jahren gelang es den Ortsteilen diesmal nicht, einzelne Kandidaten der Kernstadt zu verhindern – damals verfehlten der Vorsitzende des Ortsverband Weinheim (Kernstadt), Hans-Peter Masuch, und sein damaliger Pressesprecher, Sascha Pröhl, die erforderliche Mehrheit, was zu erheblichen Turbulenzen führte.

Diesmal wurde Masuch mit 39 Jastimmen, bei 28 Neinstimmen, auf Listenplatz drei der Kernstadt gewählt. Noch knapper war es bei Pröhl, der mit einer hauchdünnen 33:31-Mehrheit auf Listenplatz acht nominiert wurde. Relativ eng war es auch bei der jetzigen Pressesprecherin des Stadtverbands, Ute Gorf-Mathias (37:30) und bei Rolf Schmidlin (35:29).

Haring und Oberle an der Spitze

An der Spitze der Kernstadtliste stehen der Stadtverbandsvorsitzende Holger Haring und Stadträtin Inge Oberle. Der 78-jährige Haring, der 2020 „aus persönlichen Gründen“ aus dem Gemeinderat ausgeschieden war, will also doch noch einmal antreten.

Der Streit zwischen Kernstadt und Ortsteilen, der 2023 vorübergehend sogar zur Gründung eines zweiten Stadtverbands geführt hatte, bis das Landesparteigericht dies untersagte, blieb freilich nicht ohne Folgen. War Haring 2019 mit 53:14-Stimmen als Spitzenkandidat nominiert worden, so erhielt er diesmal eine 42:24-Mehrheit – und damit das fünftschlechteste Ergebnis der Kandidaten aus der Kernstadt. Deutlich mehr Rückhalt erhielt Stadträtin Oberle (53:16).

Frauenanteil 24 Prozent

Insgesamt geht die Weinheimer CDU mit 38 Kandidaten in die Gemeinderatswahl, wobei der Frauenanteil bei 24 Prozent liegt. Fast die Hälfte der Bewerber ist neu auf der Liste. Der prominenteste Neuzugang ist Hans-Jörg Klump, der bis 2023 bei den Freien Wählern aktiv war. Er ist Vorsitzender der Weinheimer Nordstadtfreunde und Vorstandsmitglied des Stadtseniorenrats (SSR).

Dem SSR-Vorstand gehört auch Senta Amann an, die für die Kreistagswahl auf dem vierten Listenplatz mit einem sehr guten Ergebnis (61:8) nominiert wurde. Die CDU-Kreistagsliste wird angeführt von Oberbürgermeister Manuel Just (69:4), der allerdings wegen eines anderen Termins an diesem Abend fehlte. Dahinter folgen Inge Oberle (62:8) und Holger Haring (42:25).

Ziel: Stärkste Fraktion werden

Noch vor dem ersten Wahlgang hatte Haring in einer kurzen Rede an alle appelliert, den Blick in die Zukunft zu richten, auch wenn 2023 ein „schwieriges Jahr für die Weinheimer CDU“ gewesen sei. Die Messlatte für die Gemeinderatswahl legte er angesichts der vergangenen Querelen erstaunlich hoch: „Wir wollen stärkste Fraktion werden.“ Mit welchen Inhalten die CDU dieses Ziel erreichen will, war an diesem Abend freilich kein Thema.

„Werte, Wohlstand, Weinheim“

Wie Haring am Rande der Veranstaltung erklärte, werde man sich in den kommenden Wochen intensiv mit dem Programm beschäftigen, das als Arbeitstitel so überschrieben sei: „Unsere Werte, unser Wohlstand für Weinheim.“ Eine wirtschaftsfreundliche Politik gehöre für ihn ebenso dazu wie die Schaffung von Wohnraum in allen Preisklassen, aber auch „freie Mobilität für alle Verkehrsmittel“.

Streit um Formalitäten

Begonnen hatte die Nominierungsversammlung im „Schwarzen Ochsen“ in Sulzbach mit einer phasenweise hitzigen Debatte über die Formalitäten der folgenden Wahlen, die von CDU-Mitglied Johannes Kalker geleitet wurden. Dabei ging es unter anderem darum, wer tatsächlich wahlberechtigt ist. Denn unter den anwesenden CDU-Mitgliedern waren zum Beispiel auch Roger Schäfer, der für die Wählervereinigung Mehr Demokratie (WMD) kandidiert, und Christian Lehmann, der bei der Gemeinderatswahl auf der Liste der Freien Wähler steht.

Der derzeitige CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Heiko Fändrich aus Sulzbach (links), im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Stadtverbands, Holger Haring. Foto: Marco Schilling
Der derzeitige CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Heiko Fändrich aus Sulzbach (links), im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Stadtverbands, Holger Haring.

Aber es ging zum Beispiel auch um die Frage, ob CDU-Bewerber Mitglied der neu gegründeten Partei „Werteunion“ sind. Zumindest bei den Kandidaten für die Kreistagswahl wurde dies sogar einzeln abgefragt. Alle Bewerber erklärten, nicht Mitglied der Werteunion zu sein. Für Unmut sorgte zudem die Tatsache, dass ausgerechnet der Nachname des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat, Heiko Fändrich aus Sulzbach, auf der Liste falsch geschrieben war.

Schließlich konnte Kalker aber doch festhalten, dass sich 80 wahlberechtigte CDU-Mitglieder im Saal befanden. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Kandidaten wurde abgestimmt und sehr lange ausgezählt, sodass die Versammlung erst nach vier Stunden zu Ende ging.

Harings Fazit: „Die Wahlergebnisse entsprechen der Realität in unserer Partei. Das gilt auch für meine Person. Da wirkt der Streit aus dem vergangenen Jahr noch nach. Aber es ist ein großer Erfolg, dass alle Kandidaten der Kernstadt diesmal auch gewählt worden sind.“