Fußball

"Bombe" bei ET Wald-Michelbach: Bleiben wirklich alle Spieler?

Zwei Wochen nach dem großen Knall bei Eintracht Wald-Michelbach und dem Ende der Winter-Wechselfrist gibt es Klarheit. Auch Kapitän Jens Bundschuh äußert sich zu den finanziellen Einschnitten.

Die Spieler von Eintracht Wald-Michelbach (in der Mauer von links Feta Suljic, Boubacar Siby, Felix Fischer und Kapitän Jens Bundschuh) stellen sich der neuen Situation und lassen den Verein nicht im Regen stehen: Die Runde in der Verbandsliga wird durchgezogen.    Bilder: Fritz Kopetzky Foto: Fritz Kopetzky
Die Spieler von Eintracht Wald-Michelbach (in der Mauer von links Feta Suljic, Boubacar Siby, Felix Fischer und Kapitän Jens Bundschuh) stellen sich der neuen Situation und lassen den Verein nicht im Regen stehen: Die Runde in der Verbandsliga wird durchgezogen. Bilder: Fritz Kopetzky

Zwei Wochen ist es jetzt her, dass im Odenwald die „Fußballbombe“ platzte. Eintracht Wald-Michelbach musste wegen ausbleibender Sponsorengelder die Zahlungen an Spieler und Trainer einstellen. Das hatte zur Folge, dass sich alle Spieler der Verbandsliga- und Kreisoberliga-Mannschaft in der Winterpause einen neuen Verein suchen konnten – ober eben unentgeltlich die Runde beenden.

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ETW-Sportdirektor Amir Imsirovic war schon bei der Bekanntgabe der Hiobsbotschaft zuversichtlich, dass es keinen totalen Exodus geben würde. „Ich wusste, dass wir tolle Jungs haben, auf die man zählen kann“, sagte der Sportdirektor gegenüber unserer Redaktion und hob wie auch Cheftrainer Ralf Ripperger die Verbundenheit der Spieler zum Verein hervor, die sich entschieden haben, die Runde gemeinsam durchzuziehen.

Patrik Babic (vorn im Zweikampf mit dem Unter-Abtsteinacher Clement Glässer) ist zum SV Fürth gewechselt. Foto: Fritz Kopetzky
Patrik Babic (vorn im Zweikampf mit dem Unter-Abtsteinacher Clement Glässer) ist zum SV Fürth gewechselt.

Es geht gemeinsam weiter

„Nachdem ich gesehen habe, wie viele der Spieler bereit sind, zusammenzustehen, macht es mich, um ehrlich zu sein, stolz. Da müssen wir in den vergangenen Jahren einiges richtig gemacht haben. Ich weiß nicht, ob das überall so der Fall wäre, und es widerlegt auch ein wenig den Ruf, dass Vereine in diesen Ligen nur aus Legionären bestehen“, sagte Ripperger an Heiligabend gegenüber unserer Redaktion.

Kapitän Jens Bundschuh glaubt fest an den Klassenerhalt. Foto: Philipp Reimer Photography
Kapitän Jens Bundschuh glaubt fest an den Klassenerhalt.

Nachdem die Winter-Wechselfrist zum 31. Dezember abgelaufen ist, sollte Amir Imsirovic mit seiner Einschätzung recht behalten. Im Kader der ersten Mannschaft gibt es lediglich zwei Fragezeichen, wobei dabei ein Spieler aus privaten Gründen überlege, nicht mehr weiterzumachen. „Alle anderen haben zugesagt“, freut sich der Sportdirektor, den wir gestern am Telefon im Urlaub in seiner bosnischen Heimat erreichten. Auch Winter-Neuzugang Florian Butscher, der vom rheinland-pfälzischen Oberligisten TuS Mechtersheim kam, wird bis zum Saisonende bleiben, so Imsirovic. Der Sportdirektor berichtet von zahlreichen Abwerbungsversuchen anderer Vereine, die aber keinen Erfolg hatten.

"Wir haben eine konkurrenzfähige Truppe, die Punkte für den Klassenerhalt sammeln muss. Über alles andere mache ich mir derzeit keinen Kopf" - Kapitän Jens Bundschuh

Zwei Abgänge standen schon länger fest und haben nichts mit der jüngsten Entwicklung zu tun. Patrik Babic war unzufrieden mit seiner Rolle in Wald-Michelbach, wo er die meiste Zeit in der zweiten Mannschaft spielte, und wechselt zum Kreisoberliga-Tabellenführer SV Fürth. Dominik Vetter aus der zweiten Mannschaft war lange Zeit verletzt und hat sich jetzt dem A-Ligisten TSV Aschbach angeschlossen. Dino Topolovic muss aus beruflichen Gründen kürzertreten.

Wie in einer Kommune

„Wir machen das jetzt als eine Art Kommune zusammen. Spieler, Trainer, Vorstand – alle entscheiden gemeinsam“, sagte Imsirovic, der Eintracht Wald-Michelbach als „gute Marke“ sieht, die sicherlich eine Zukunft habe. Gerade für junge Spieler war der Verbandsligist in den vergangenen Jahren eine Anlaufstation. Zuletzt konnten beispielsweise Noah Hannawald, Fabian Marx oder Yanic Siefert auf sich aufmerksam machen – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Nachdem die Spieler dem Verein die Zeit gegeben haben, um sich neu aufzustellen, werden die ETW-Verantwortlichen nun an die Arbeit gehen und sich vor allem um Sponsorengelder bemühen. Der langjährige Präsident Peter Bihn, der die Eintracht seit 30 Jahren fördert, zieht sich planmäßig zurück, sodass auf der Mitgliederversammlung im Frühjahr ein neuer Vorsitzender gewählt wird. Derzeit kommt Stefan Trautmann (unter dem Ex-Profi als Spielertrainer stiegt die ETW 2002 in die Oberliga auf) die Rolle des stellvertretenden Vorsitzenden zu.

„Für uns als Mannschaft ist die Situation jetzt klar“, sagt Kapitän Jens Bundschuh und spricht dadurch von einer Beruhigung der Lage, nachdem es kurz vor Weihnachten doch turbulent zuging. „Das war für uns alle ein großer Schock, weil es auch so plötzlich und ohne Vorwarnung kam. Wir wurden kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt der 31-jährige Bundschuh.

Nicht zu viel spekulieren

Innerhalb kurzer Zeit – mit den Weihnachtsfeiertagen vor Augen • musste eine Entscheidung herbeigeführt werden, die dann gemeinsam als Mannschaft getroffen wurde: Es geht weiter. Vielleicht schaffe der Verein einen Neuanfang, hofft Bundschuh, der seit elf Jahren bei der ETW spielt. „Wir haben eine konkurrenzfähige Truppe, die Punkte für den Klassenerhalt sammeln muss. Über alles andere mache ich mir derzeit keinen Kopf“, sagt der Kapitän und will auch nicht über seine Zukunft spekulieren.

Das tut auch der Sportdirektor nicht. „Was die Alternativen sind? Ehrlich gesagt, das kann ich jetzt nicht sagen“, meinte Imsirovic. Feststeht dagegen, dass die Spieler am Samstag wieder mit dem Lauftraining beginnen sollen. Trainingsstart ist dann am 15. Januar, eine Woche später beginnt die zweite Mannschaft von Trainer Sascha Amend mit der Vorbereitung.

Ab Samstag wird gelaufen

Die Wald-Michelbacher liegen in der Verbandsliga mit 24 Punkten nur auf dem elften Platz – einen Punkt vor dem Relegationsplatz, den die Spvgg Neu-Isenburg – mit allerdings zwei Spielen mehr – einnimmt. „Der Klassenerhalt wird noch ein schweres Stück Arbeit“, sagt Bundschuh, ist aber optimistisch, dass zumindest sportlich die Liga gehalten wird, „wenn wir verletzungsfrei bleiben“. In der ersten Halbserie hatte die ETW mit dem Ausfall von Leistungsträgern zu kämpfen, die sich inzwischen aber wieder zurückgemeldet haben.

Die ETW-Reserve steht mit 29 Punkten aus 19 Spielen auf Platz sieben – so gut wie noch nie in der Kreisoberliga zum Jahresende.