Fußball

Verbandsliga: Eintracht Wald-Michelbach dreht den Geldhahn zu

Überraschend hat Eintracht Wald-Michelbach die Zahlungen an die Spieler eingestellt. Wie geht es nach dem Knall beim Fußball-Verbandsligisten weiter - und was sagt der langjährige Vorsitzende und Sponsor Peter Bihn?

Bei Eintracht Wald-Michelbach wollen sie zusammenstehen, auch wenn die finanziellen Zuwendungen durch den Verein so gut wie gestoppt wurden. Foto: Fritz Kopetzky
Bei Eintracht Wald-Michelbach wollen sie zusammenstehen, auch wenn die finanziellen Zuwendungen durch den Verein so gut wie gestoppt wurden.

Die Bombe platzte kurz vor Heiligabend. Fußball-Verbandsligist Eintracht Wald-Michelbach stellt die Zahlungen an Spieler und Trainer ein. Jeder kann in der Winterpause gehen oder unentgeltlich die Runde zu Ende spielen. Das bestätigte ETW-Präsident Peter Bihn am Samstagabend gegenüber unserer Redaktion, nachdem sich die Nachricht zunächst als Gerücht verbreitet hatte.

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„Wenn Sponsoren ausfallen, sind wir nicht in der Lage, das zu übernehmen“, sagte der 75-jährige Peter Bihn und widersprach gleichzeitig dem Gerücht, er sei als Vorsitzender von Eintracht Wald-Michelbach zurückgetreten. „Das ist Quatsch“, so Bihn.

Peter Bihn wird bei  Eintracht Wald-Michelbach  nicht mehr für den Vorsitz kandidieren.  Bild: Philipp Reimer Foto: Fritz Kopetzky
Peter Bihn wird bei Eintracht Wald-Michelbach nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Bild: Philipp Reimer

Planmäßiger Rückzug

Fakt ist, dass er bei den Neuwahlen, die im ersten Quartal des neuen Jahres stattfinden sollen, nicht mehr als Vorsitzender kandidieren wird. Bihn hatte bereits bei der Mitgliederversammlung vor zwei Jahren bekannt geben, dass es seine letzte Amtsperiode ist. Er wird dem Verein, der von seinem Vater 1956 mitbegründet wurde, aber weiterhin verbunden bleiben: „Ich habe ja schließlich nichts verbrochen.“

„Ich sage nur so viel: Wenn eine Entscheidung nötig ist, muss man sie auch fällen" - Peter Bihn

Unter der Führung und mit der finanziellen Unterstützung des Unternehmers schaffte Eintracht Wald-Michelbach von 1992 an in zehn Jahren den Aufstieg in die Oberliga Hessen, wo man sich drei Jahre hielt. Eintracht Wald-Michelbach war nicht nur im Odenwald die erfolgreichste Mannschaft – erst nach Corona verlor man den Status der Nummer eins an den SV Unter-Flockenbach.

Warum und wo die Sponsorengelder ausbleiben, darüber wollte sich Bihn nicht äußern. Auch nicht darüber, was für ihn persönlich der harte Schnitt bedeutet. „Ich sage nur so viel: Wenn eine Entscheidung nötig ist, muss man sie auch fällen.“

Emotionale Spielersitzung

Für die „Abwicklung“ ist Amir Imsirovic zuständig, der 2009 das Amt des Sportdirektors übernahm, als es bei der Eintracht schon einmal einen finanzielle „Cut“ gab und der Verein verstärkt auf junge Spieler setzte und in ihre Entwicklung investierte. Und der 55-jährige Bosnier erlebte ein kleines „Weihnachtsmärchen“, denn fast alle Spieler und die Trainer gaben ihre Zusage, die Runde in der Verbands- und Kreisoberliga auch ohne Geld zu Ende zu bringen.

„Es sind Tränen geflossen. Meine Spieler haben mich getröstet. So etwas habe ich noch nie erlebt – und ich habe schon viel erlebt“ - Amir Imsirovic

Noch immer war Imsirovic sichtlich gerührt, als wir mit ihm telefonierten, über die Unterstützung, die so nicht unbedingt zu erwarten war. „Es sind Tränen geflossen. Meine Spieler haben mich getröstet. So etwas habe ich noch nie erlebt – und ich habe schon viel erlebt“, sagte der Ex-Profi, der während des Jugoslawien-Krieges nach Deutschland kam und in Wald-Michelbach eine neue Heimat fand.

„Wir sind Eintracht“

„Wir sind Eintracht“, fasst der Sportdirektor die Sitzungen mit den Spielern zusammen und war nach eigener Aussage „baff“, als ein Ja nach dem anderen kam. Als einer der Ersten sei Daniel Sachs aufgestanden, der immerhin von Erlensee in der Nähe von Hanau die 90 Kilometer nach Wald-Michelbach pendelt. „Ich wusste , dass wir tolle Jungs haben, auf die man zählen kann“, sagt Imsirovic, der zuversichtlich war, dass nicht gleich alles auseinanderfallen würde.

Ralf Ripperger (links) und Zweitmannschaftstrainer Sascha Amend werden bis zum Saisonende weitermachen. Bild: Fritz Kopetzky Foto: ZIP Import
Ralf Ripperger (links) und Zweitmannschaftstrainer Sascha Amend werden bis zum Saisonende weitermachen. Bild: Fritz Kopetzky

Cheftrainer Ralf Ripperger, der 2017 mit gerade einmal 26 Jahren von Imsirovic die Chance bei der ETW bekam, sieht das ähnlich. „Für mich ist das wirklich eine emotionale Sache. Und nachdem ich heute gesehen habe, wie viele der Spieler bereit sind, zusammenzustehen, macht es mich, um ehrlich zu sein, stolz. Da müssen wir in den vergangenen Jahren einiges richtig gemacht haben“, sagte Ripperger und fügte an: „Ich weiß nicht, ob das überall so der Fall wäre, und es widerlegt auch ein wenig den Ruf, dass Vereine in diesen Ligen nur aus Legionären bestehen.“

"Ich weiß nicht, ob das überall so der Fall wäre, und es widerlegt auch ein wenig den Ruf, dass Vereine in diesen Ligen nur aus Legionären bestehen" - Ralf Ripperger

Imsirovic habe „95 Prozent“ der Spieler auf dem Zettel stehen. Der 20-jährige Ex-Waldhöfer Florian Butscher, der erst vor zwei Wochen vom rheinland-pfälzischen Oberligisten TuS Mechtersheim verpflichtet worden war, wird aber wohl nicht bleiben. Auch ist dem Sportdirektor klar, dass man erst im neuen Jahr wirklich sehen könnte, auf wen man zählen kann.

Sportdirektor Amir Imsirovic ist zuversichtlich, den Klassenerhalt in der Verbandsliga zu schaffen. Foto: Fritz Kopetzky
Sportdirektor Amir Imsirovic ist zuversichtlich, den Klassenerhalt in der Verbandsliga zu schaffen.

Klubs werden „baggern“

Andere Vereine werden Abwerbungsversuche starten, denn der Knall in Wald-Michelbach könnte für sie ein Glücksfall sein. Gute Spieler sind in der Winterpause nämlich nur sehr schwer zu bekommen. „Die sollen es nur versuchen“, bleibt Imsirovic angesichts erwartbarer „Baggerversuche“ gelassen.

Der Sportdirektor ist alles in allem zuversichtlich, dass der Klassenerhalt in der Verbandsliga geschafft wird. Zur Winterpause liegt die Mannschaft, die von vielen Ausfällen gebeutelt war, mit 24 Punkten nur auf dem elften Platz – einen Punkt vor dem Relegationsplatz, den die Spvgg Neu-Isenburg – mit allerdings zwei Spielen mehr – einnimmt.

„Es wird in diesem Jahr vielleicht jemand absteigen, von dem man das nicht gedacht hat“, sagte der Sportdirektor kürzlich in einem Interview. Die Rückkehr der verletzten Feta Suljic, Jens Bundschuh, Felix Fischer und Ylli Cermjani sowie Etienne Imsirovic, der möglicherweise Ende Februar wieder einsteigen kann, stärkt das Team, das zudem in den ersten sechs Spielen fünf Mal zu Hause antreten kann.

Die zweite Mannschaft wird ebenfalls seit sechs Jahren von „Urgestein“ Sascha Amend trainiert, der selbst noch in der Oberliga für die ETW am Ball war. Die Reserve steht mit 29 Punkten aus 19 Spielen auf Platz sieben – so gut wie noch nie in der Kreisoberliga zum Jahresende.

Noch enger zusammenrücken

Was in der kommenden Saison wird, darüber wollte sich Imsirovic konkret nicht äußern. Er blieb stattdessen allgemein: „Er ist eine sehr große Chance für uns. Wir werden mit Sicherheit noch enger zusammenrücken, alle werden das Dreifache geben. Und vielleicht kommen wir zu alten Zeiten zurück, wo Fußball aus Leidenschaft gespielt wurde.“ Ob das allerdings noch in der Verbandsliga der Fall sein wird, ist mehr als fraglich.