Wahlen

Faeser: Bildungspolitik wird wahlentscheidend sein

Fehlende Lehrer, ausfallende Schulstunden: Die hessische SPD will im Landtagswahlkampf Bildung in den Mittelpunkt rücken und setzt dabei auf die Unzufriedenheit vieler Eltern. Spitzenkandidatin Faeser sieht dringenden Handlungsbedarf.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Die hessische SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faser hält die Bildungs- und Schulpolitik für das entscheidende Thema bei der Landtagswahl am 8. Oktober. «Ich bin sicher, dass die Menschen nach dem Schulanfang jetzt wieder auf eines der wichtigsten landespolitischen Themen gucken, nämlich die Bildungspolitik. Das war in den Ferien ein bisschen in den Hintergrund gerückt», sagte Faeser, die auch Bundesinnenministerin ist, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. «Alle merken, dass wieder Stunden ausfallen, dass Lehrerinnen und Lehrer fehlen, dass Schule einfach besser gemacht werden muss.» Am vergangenen Montag hatte nach sechs Wochen Sommerferien wieder der Unterricht an Hessens Schulen begonnen.

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Faeser saß fast zwei Jahrzehnte als Abgeordnete für die SPD im hessischen Landtag, bevor sie 2021 Bundesinnenministerin wurde. Nun kandidiert sie für das Ministerpräsidentenamt. Die SPD spielt seit fast 25 Jahren nur die Oppositionsrolle im Landesparlament.

Faeser kritisierte die Arbeit der schwarz-grünen Koalition bei Schule und Bildung: «Hessen war früher immer vorne bei der Bildungspolitik. Wir sind jetzt hinteres Mittelfeld, und das muss wieder anders werden.» Dazu müssten viel mehr Ressourcen in Schulen gesteckt werden, ihr Vorbild sei dabei Hamburg unter Führung des damaligen Ersten Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD). «Hamburg schneidet heutzutage bei den Bildungsmonitoren richtig gut ab. Da sieht man, dass mehr Ressourcen in Bildung rein müssen. Unsere Kitas und unsere Schulen haben für mich oberste Priorität. Hessen muss wieder Bildungsland Nummer Eins werden», betonte die 53-Jährige.

Das bestehende Schulsystem in Hessen stellt Faeser aber nicht in Frage. «Wir brauchen keine Strukturdebatten. Die Durchlässigkeit im Schulsystem, also ob man zum Beispiel leichter zwischen der Realschule und dem Gymnasium wechseln kann, hängt vor allem von der Ausstattung der Schulen ab. Wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagogen, Schulpsychologen.»

Faeser fordert den Ausbau der Berufsorientierung. «Berufsorientierung brauchen wir in jeder Schulform, auch an Gymnasien. Denn man muss mit Abitur nicht studieren. Man kann auch Handwerker werden und möglicherweise viel erfolgreicher sein im Leben.» Berufsorientierung bedeutet, dass Jugendliche schon in der Schule Einblicke in die Berufswelt bekommen, etwa durch Betriebspraktika oder Beratung, um später besser auf den Übergang vorbereitet zu sein.

Eine bessere Bildungspolitik sei auch ein Schlüssel gegen Fachkräftemangel, sagte Faeser. «Den Fachkräftemangel spüren wir überall. Es gibt mittlerweile Kitas, die freitags nicht mehr aufmachen, weil Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Das ist der Horror für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und das schadet der Frauenerwerbsquote, die dringend höher sein müsste, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.»

Die SPD wolle außerdem, dass die Kitabetreuung von Kindern für deren Eltern komplett kostenlos werde. «Die Gebührenfreiheit spielt aus meiner Sicht eine bedeutende Rolle. Für viele Familien ist die Betreuung ihrer Kinder viel zu teuer, gerade im Rhein-Main-Gebiet», sagte Faeser. Die Kommunen sollen dafür entlastet werden. «Wir wollen als künftige SPD-geführte Landesregierung zwei Drittel der Kita-Betriebskosten übernehmen. Das sorgt für finanzielle Spielräume bei den Kommunen, die diese dringend brauchen bei der Ausstattung und beim Finden und Bezahlen von Erzieherinnen und Erziehern.»

Derzeit ist der Kindergartenbesuch in Hessen für Eltern von Kindern ab dem vollendeten dritten Lebensjahr sechs Stunden täglich kostenlos. Für jüngere Kinder sowie für längere Betreuungszeiten können die öffentlichen Träger Beiträge von den Eltern verlangen.