Elektro

Hessen hat Nachholbedarf bei E-Ladesäulen

Die Zahl der E-Autos wächst und damit der Bedarf an Ladesäulen im öffentlichen Raum. Wie gehen hessische Städte damit um?

E-Autos stehen in der Innenstadt an neuartigen E-Ladesäulen des Münchener Ladebetreibers Qwello GmbH. Foto: Arne Dedert/dpa
E-Autos stehen in der Innenstadt an neuartigen E-Ladesäulen des Münchener Ladebetreibers Qwello GmbH.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Wer in Hessen ein Elektroauto fährt und eine öffentliche Ladesäule sucht, muss sehr unterschiedlich lange suchen: In der einen Stadt gibt es «Ladefarmen» mit der bundesweit höchsten Dichte, in der anderen wird eine kommunale Infrastruktur im öffentlichen Raum erst aufgebaut. Viele Städte sind noch auf der Suche nach einem Konzept für die Zukunft, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

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Beim «Ladesäulen-Ranking» des Verbands der Automobilindustrie» hatte im April 2022 der hessische Landkreis Groß-Gerau bundesweit an der Spitze gestanden: Auf eine Ladesäule kamen nur 4,8 zugelassene private Elektro-Autos. Die Stadt Frankfurt lag fast am Ende der Tabelle, auf Platz 396: In der größten Kommune Hessens mussten sich vor einem Jahr 65,7 E-Autos eine Ladesäule teilen. Das nächste Ranking ist Ende April geplant.

Laut Bundesnetzagentur gab es Anfang dieses Jahres in Hessen 5319 normale Ladesäulen und 912 Schnelllader. Zum Vergleich ein Blick in die Nachbarländer: In NRW und Baden-Württemberg waren es mehr als doppelt so viele, in Bayern fast drei Mal so viele. In Rheinland-Pfalz und Thüringen waren es deutlich weniger.

FRANKFURT will nicht nur zahlenmäßig aufholen, sondern auch die Infrastruktur besser ordnen, wie Wulfila Walter vom Verkehrsdezernat der dpa sagte. Aktuell gibt es laut Walter 450 öffentlich zugängliche Ladesäulen in der Stadt, die meisten aber stehen nicht auf städtischem Grund, sondern etwa auf Supermarktparkplätzen. Als «Pilotprojekt» hat die Stadt 130 Standorte für E-Ladesäulen ausgewiesen, von denen aber erst rund 50 aufgebaut sind. Vier Anbieter wurden zugelassen.

Bis 2024 will die Stadt ein umfassendes Konzept für die Ladesäulen erarbeiten, wie Walter ankündigte. Wie viele Säulen werden gebraucht? Wo sollen sie stehen? Solche Fragen dem Markt zu überlassen, hält das Frankfurter Verkehrsdezernat für falsch: «Die Anbieter gehen da hin, wo sie sich ein Geschäft versprechen», sagt Walter. Es gebe viele Anträge für die Innenstadt, aber kaum welche für Außenbezirke. «So ist eine flächendeckende Versorgung nicht machbar.»

In Zukunft will die Stadt selbst geeignete Standorte aussuchen und die Aufträge in Paketen vergeben. Dann wird vielleicht auch der Unmut der Anwohner kleiner, die sich darüber beschweren, dass manche Parkplätze für E-Autos auf dem Gehweg eingezeichnet sind. «Wir hatten einen riesigen Aufholbedarf», gibt Walter zu, «aber ein unkontrollierter Aufbau ohne Konzept bringt uns auch nicht weiter.»

Nach Auskunft der Stadt WIESBADEN gibt es in der Landeshauptstadt etwa 230 Ladepunkte. Eine exakte Zahl lasse sich leider nicht ermitteln, teilte das Baudezernat mit. Alle 168 Ladepunkte im öffentlichen Raum habe die städtische ESWE Versorgung errichtet, darüber hinaus gebe es aber beispielsweise noch Ladepunkte auf Supermarktparkplätzen. Zum Ausbau der Ladesäulen im öffentlichen Raum laufe derzeit eine Ausschreibung zur Vergabe einer Konzession. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, weitere besonders schnell ladende Ladesäulen im Rahmen des so genannten Deutschland-Netzes zuzulassen.

In KASSEL gibt es derzeit über 160 öffentlich zugängliche Ladepunkte, die von mehr als fünf Firmen betrieben werden. «Die Anzahl interessierter Betreiberfirmen sowie die Anträge für Ladepunkte nehmen stetig zu», erklärte ein Stadt-Sprecher. Ein festgelegtes Ziel für deren Anzahl oder eine Obergrenze gebe es bisher nicht. «Priorität hat derzeit die stadträumliche Steuerung und Verteilung der geplanten E-Ladestationen durch entsprechende Standortvorgaben.»

Für die Entscheidung, wo die Säulen platziert werden dürfen, hat die Stadt Standorttypen und -faktoren definiert. Dazu zählen unter anderem Einkaufszentren und Baumärkte, Bildungs-, Tourismus- und Kongresszentren sowie ÖPNV-Knotenpunkte und Taxistände. Als Betreiber der Ladesäulen kommen in Kassel grundsätzlich alle privaten oder öffentlichen Unternehmungen in Frage. «Die Stadt steht in intensiver Abstimmung mit interessierten Betreiberfirmen, um ein flächendeckendes Ladenetz zu ermöglichen», so der Sprecher.

In HANAU gab es Mitte 2022 laut der jüngsten Aufstellung der Stadt insgesamt 125 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos an 45 Orten, darunter auch beispielsweise an Supermarkt- oder Möbelhaus-Parkplätzen. Die Zahl der Ladesäulen in der Stadt ist bisher nicht erfasst, wie eine Stadtsprecherin sagte. Ein Fachbüro solle zeitnah mit der Erstellung eines E-Ladekonzeptes beauftragt werden.

Die große Dichte an Ladepunkten im Kreis GROß-GERAU liegt nach Angaben der Kommune an einem Projekt der Stadt Rüsselsheim mit dem Namen «clever electric city». Insgesamt gebe es dort alleine mehr als 800 Ladepunkte. 550 seien auf drei Ladefarmen verteilt, der Rest etwa gleichmäßig über die ganze Stadt. Ohne die Opel-Stadt gebe es im Kreis rund 130 Ladepunkte, die von 20 Anbietern betrieben würden. Der Kreis erstelle derzeit ein Elektromobilitätskonzept, der auch eine Ladebedarfsprognose für die kommenden Jahre enthalten soll.

In DARMSTADT stehen im öffentlichen Verkehrsraum 42 Ladesäulen der ENTEGA plus eine Anlage eines anderen Anbieters zur Verfügung. Auch Darmstadt sucht noch nach dem Konzept für die Zukunft: Derzeit werde «der bedarfsgerechte Ausbau der Ladeinfrastruktur eruiert», so ein Sprecher der Stadt. Eine «Bedarfs- und Potenzialanalyse» soll «zukünftige Szenarien für Ladeinfrastruktur aufzeigen».