Gesundheit

Prozess um mangelnden Corona-Schutz von Senioren eröffnet

In einem Pflegeheim breitet sich im Dezember 2020 das Coronavirus aus. 64 Seniorinnen und Senioren stecken sich an, 17 davon sterben. Hat die Heimleitung eine Mitschuld?

Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal. Foto: Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild
Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal.

Hanau (dpa/lhe) - Vor dem Landgericht Hanau haben die drei Angeklagten den Vorwurf zurückgewiesen, während der Corona-Pandemie in dem von ihnen geleiteten Heim durch mangelnde Schutzmaßnahmen das Risiko einer Verbreitung des Virus erhöht zu haben. Als Folge sollen sich laut Anklage alle 64 Heimbewohner mit dem Virus infiziert haben und insgesamt 17 Bewohner daran gestorben sein.

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Staatsanwalt Markus Jung warf dem Trio zur Eröffnung der Hauptverhandlung am Donnerstag vor, Empfehlungen des Robert Koch-Instituts für Alten- und Pflegeeinrichtungen und allgemeine Hygienemaßnahmen missachtet zu haben. So seien in dem Heim in der Nähe von Hanau auch nach Bekanntwerden des ersten Corona-Falls Anfang Dezember 2020 keine festen Kleingruppen eingerichtet und keine wirksame räumliche Trennung von Infizierten und Nicht-Infizierten eingeführt worden. Demenzkranke hätten in dem Heim ungehindert umherlaufen können. Bei zwei der Toten sei mit Hilfe von Obduktionen festgestellt worden, dass eine Covid-19-Infektion die Todesursache gewesen sei.

Bei den Angeklagten handelt es sich um die ehemalige Einrichtungsleiterin, den Pflegedienstleiter und dessen Stellvertreterin. Alle drei ließen durch ihre Anwälte den Vorwurf zurückweisen, die Bewohner im Stich gelassen zu haben.

Die Anwälte beschrieben die Angeklagten als engagierte Pflegekräfte, die sich während der Pandemie in einer Ausnahmesituation über die Grenzen der persönlichen Belastbarkeit aufopfernd um die ihnen anvertrauten Heimbewohner gekümmert hätten. «Es tut mir in der Seele weh, dass so viele Menschen gestorben sind», sagte die frühere Einrichtungsleiterin.

Der Tatvorwurf lautet auf Aussetzung. Bei dem in Strafprozessen eher seltenen Vorwurf geht es darum, Menschen in eine hilflose Lage versetzt oder im Stich gelassen und sie dadurch «der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung» ausgesetzt zu haben. Bei einem Schuldspruch drohen Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Geregelt ist das im Paragraph 221 des Strafgesetzbuches.