Hohensachsen

Wie es im Restaurant Ziegler in Hohensachsen weitergeht

Jacqueline und Alexander Hahn führen das Hohensachsener Restaurant Ziegler in die dritte Generation. Woran die Branche zu knapsen hat.

Jacqueline und Alexander Hahn setzen im Restaurant Ziegler in Hohensachsen auf eine Kulinarik der Entschleunigung. Foto: Iris Kleefoot
Jacqueline und Alexander Hahn setzen im Restaurant Ziegler in Hohensachsen auf eine Kulinarik der Entschleunigung.

„Hohensachsen erhält eine behagliche, moderne Gaststätte“, titelten die Weinheimer Nachrichten am 22. September 1962 und feierten damit die Eröffnung des Restaurants Ziegler in der Sachsenstraße. Über 60 Jahre liegen zurück, die Schlagzeile könnte aber heute erneut die gleiche sein. Jacqueline Hahn, geborene Ziegler, und ihr Mann Alexander Hahn führen die lange Familientradition weiter. Keine Selbstverständlichkeit in einer Zeit, die von hoher Inflation bestimmt ist, von steigenden Energiekosten und von einem Fachkräftemangel, der gerade der Gastronomie schwer zusetzt.

„Wir sehen mit Sorge, dass viele Gastronomiebetriebe schließen“, sagt Daniel Ohl, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Baden-Württemberg. Er weiß: „Wenn die junge Generation vor der Frage steht, ob sie den elterlichen Betrieb weiterführen will, stellt sich auch die Frage nach der Perspektive. Und die ist vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen und eines sinkenden Ertrags nicht immer rosig.“ Ungeachtet dessen trägt auch der demografische Wandel zu weiteren Schließungen bei. Gerade im ländlichen Raum trifft das nicht nur die hiesige Bevölkerung, sondern wirkt sich auch negativ auf den Tourismus aus. Nach Schätzungen der DEHOGA brauchen in den kommenden fünf Jahren rund 4000 der aktuell 25 000 gastronomischen Betriebe in Baden-Württemberg Nachfolger.

"Wir sehen mit Sorge, dass viele Gastronomiebetriebe schließen" — Daniel Ohl, Pressesprecher DEHOGA Baden-Württemberg

Für die Hahns aus Hohensachsen war es eine Herzensangelegenheit, das alteingesessene Restaurant Ziegler weiterzuführen. Sie als gelernte Hotelfachfrau, er als staatlich geprüfter Küchenmeister. Im Großsachsener Hotel Krone arbeitete Jacqueline Hahn im Büro, Alexander Hahn als Küchenchef. Beide Profis – nicht immer selbstverständlich in der Gastronomie. „Wir wissen, worauf wir uns einlassen“, sagen die neuen Betreiber, die kräftig investieren mussten, um ihre Vorstellung von einer modernen Gastronomie zu verwirklichen, ohne die Tradition zu vergessen.

Die Geschichte des Hauses reicht weit in das zurückliegende Jahrhundert zurück. Die erste Gaststätte wurde 1962 eröffnet, zuvor stand an gleicher Stelle aber bereits eine Bäckerei, geführt von Michael und Margarethe Hufnagel, den Urgroßeltern von Jacqueline Hahn. Gründermut bewies deren Tochter Ilse, als sie 1959 das alte Gebäude abriss, um mit ihrem Mann Berthold Ziegler eine Gaststätte zu bauen. 1993 übernahmen Astrid und Jürgen Ziegler, die die Gaststätte in ein Speiselokal verwandelten.

Die Bilder von damals hängen heute an den Wänden des frischrenovierten Restaurants. In den zurückliegenden drei Monaten sind die alten Holzbalken an der Decke gewichen, helles Eichenholz strahlt Gemütlichkeit aus, die samtbezogenen Sessel laden zum Verweilen ein, gläserne Lampen tauchen den Gastraum in sanftes Licht. „Wir wollten eine Atmosphäre schaffen, in der der Gast verweilen will, denn Gastronomie ist für uns mehr als Essen und Trinken“, sagt Alexander Hahn, Koch und Gastgeber aus Leidenschaft. Er serviert zusammen mit seiner Frau unverfälschte Gerichte, „die schmecken, wie sie schmecken sollen“. Dabei steht das Produkt im Vordergrund und die Liebe zur ehrlichen Küche, wie Alexander Hahn betont. Seine Reminiszenz an die Tradition: das Wiener Schnitzel.

"Gastronomie ist für uns mehr als Essen und Trinken" — Alexander Hahn, Gastronom und Küchenchef

Das Restaurant ist ein kleines Schmuckstück geworden, das den Spagat schafft, die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden. Vielleicht auch, weil es der neuen Generation gelungen ist, die eigene Vision zu verwirklichen. „Meine Eltern standen uns zwar immer mit Rat und Tat zur Seite, haben uns aber dennoch freie Hand gelassen“, erklärt Jacqueline Hahn.

Für sie und ihren Mann stand es außer Frage, den Familienbetrieb weiterzuführen – natürlich am alten Platz. Ist Hohensachsen denn ein guter Standort für Gastronomie? Alexander Hahn: „Auf alle Fälle! Wo es etwas Gutes gibt, gehen die Leute auch hin.“ Aktuell steht er allein in der Küche, seine Frau ist im Service. Die Eltern Astrid und Jürgen Ziegler sind nicht mehr in die Abläufe involviert, aber dennoch mit ihrem Know-how von 30 Jahren Stützen im Hintergrund. „Wir wollten keinen harten Cut“, sagt Jacqueline Hahn.

"Klar braucht man Mut, aber sicher nicht mehr als die Generation, mit der damals alles begann" — Jacqueline Hahn führt das „Ziegler“ mit ihrem Mann

Auf einen festangestellten Mitarbeiter verzichten die neuen Wirtsleute noch. Alexander Hahn: „Das wäre ein zusätzlicher Kostenfaktor.“ Höhere Löhne setzen der Gastronomie zu, auch wenn dadurch versucht wird, mehr Menschen für diese Berufe zu gewinnen. „Die Azubizahlen steigen wieder“, erklärt DEHOGA-Sprecher Ohl. Aktuell absolvieren in Baden-Württemberg rund 5000 junge Menschen eine Ausbildung im Gastrobereich – ein Niveau leicht über dem vor Corona. Es fehlen vor allem Servicekräfte, die sich während der Pandemie umorientiert haben. Das führt dazu, dass viele Restaurants und Gaststätten ihre Öffnungszeiten „eindampfen“ – besonders die unrentablen, in denen der Umsatz die Kosten nicht decken kann.

Es bleibt also ein mutiger Schritt, den Weg in die Selbstständigkeit zu beschreiten. Jacqueline Hahn blickt auf die vergilbte Zeitung aus dem Jahre 1962, die vor ihr liegt: „Klar braucht man Mut, aber sicher nicht mehr als die Generation, mit der damals alles begann.“