Weinheim

Über diese Gehwege ärgern sich Weinheimer am meisten

Viele Bürgersteige stellen ein echtes Hindernis für Passanten dar. Der Weinheimer SSR startete nun einen Aufruf, in dem Bürger solche Stellen melden sollen - und ist überwältigt von der Resonanz.

In der Untergasse müssen Fußgänger auf die Fahrbahn ausweichen, um weiterzukommen. Der Bereich ist zwar verkehrsberuhigt. Er ist es aber auch sehr eng und nicht jeder hält sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Foto: Gabriel Schwab
In der Untergasse müssen Fußgänger auf die Fahrbahn ausweichen, um weiterzukommen. Der Bereich ist zwar verkehrsberuhigt. Er ist es aber auch sehr eng und nicht jeder hält sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung.

Die Autos stehen dicht an dicht in einer Schlange entlang der Häuserfassaden auf dem Streifen neben der Fahrbahn. Zwischen die Fahrzeuge und die Wände in der Untergasse passt kaum das sprichwörtliche Blatt Papier. Ganz zu schweigen von einem Kinderwagen oder einem Rollator. Eine 34-jährige Mutter kommt mit ihrer Tochter um die Ecke. Sie hält die Hand der Neunjährigen, hat ihren pinken Scout-Ranzen geschultert. Als sie zu den geparkten Autos kommen, die ihnen den Weg versperren, müssen sie mitten auf die Fahrbahn ausweichen. Der Bereich ist zwar verkehrsberuhigt. Er ist es aber auch sehr eng und nicht jeder hält sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung: „Es ist schlimm hier“, sagt die 34-jährige Nordstädterin. „Die Autos fahren auch viel zu schnell durch die Straße.“ Ihre Neunjährige berichtet, dass die große Schwester einmal um ein Haar auf dem Gehweg angefahren worden sei: „Da hat Papa laut mit dem Autofahrer geschrien.“

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Zugestellte, schadhafte oder verwucherte Bürgersteige sind an mehreren Stellen im Stadtgebiet ein Problem. Der Stadtseniorenrat (SSR) hat deshalb in enger Kooperation mit dem Weinheimer Rathaus die Aktion „Freie Gehwege für uns“ gestartet. Gemeinsam wollen der Verein und die Kommune alle verhältnismäßigen Register ziehen, um mit den Problemstellen aufzuräumen. Dafür sind in einem ersten Schritt die Bürger gefragt. Vor kurzem erfolgte an diese der Aufruf, „Stolperfallen“ in Weinheim zuzuschicken. „Die Resonanz war ziemlich groß“, sagt Projektleiter Hans-Jörg Klump vom Stadtseniorenrat. Mittlerweile seien 140 Bilder und Hinweise zu etwa 50 Problemstellen in der Kernstadt und den Ortsteilen zugesendet worden. Folgende gehören zu denjenigen, die besonders viel Unmut verursachen.

Nördliche Hauptstraße

Der Parkplatzmangel in der Weinheimer Nordstadt verschärft die Problematik der versperrten Gehwege besonders. Weil Stellplätze rar sind, steht es in dem Stadtgebiet rappelvoll. Das macht sich nicht nur in der Untergasse bemerkbar, wo Fahrzeuge dicht an dicht mit engem Abstand zu den Hausfassaden geparkt werden.

Foto: Stadtseniorenrat

Frust löst das Thema auch in der angrenzenden Nördlichen Hauptstraße aus. „Vor dem Kindergarten Schatzinsel müssen sich Eltern mit ihren Kindern zwischen Autos und Mülltonnen durchquetschen“, berichtet SSR-Vorsitzende Sonja Kühn. Hans-Jörg Klump seien gefährliche Situationen geschildert worden, in denen Fahrzeuge dem entgegenkommenden Linienbus auf das Trottoir ausgewichen sind.

Lützelsachsen

Oftmals sind Garagen vorhanden, sie werden jedoch nicht fürs Parken, sondern als Gerümpelkammer benutzt. In anderen Fällen steht zwar ein Fahrzeug im Unterstellplatz – doch das Zweitauto passt nicht mehr hinein. Aus Lützelsachsen erreichten den Stadtseniorenrat mehrere Zusendungen, die Bilder von Wägen zeigten, die nicht in der vorhandenen Garage geparkt wurden – sondern vor ihr. Das hatte an mehreren Stellen den Effekt, dass das Heck der Autos so weit aus der Einfahrt lugte, dass der Bürgersteig blockiert wurde.

Foto: Stadtseniorenrat

Ein weiterer Frustfaktor, der sich besonders in Lützelsachsen bemerkbar machte, sind zugewachsene Straßenlaternen wie im Herderweg sowie den Straßen Am Lindenbrunnen und Im Steiles. Dort beschwerten sich Passanten über die Dunkelheit, die auf diesen Wegen herrscht.

Bismarckstraße

In der Bismarckstraße seien weniger die Autos das Problem. Dafür beschwerten sich Passanten über die großen grünen Müllcontainer der AVR (Abfallverwertungsgesellschaft des Rhein-Neckar-Kreises), die schräg gegenüber der Tiefgarage stehen.

Foto: Stadtseniorenrat

Diese würden von den Anwohnern zwar so platziert, dass Fußgänger vorbeikämen, berichtet SSR-Co-Chefin Senta Amann. Jedoch ließen die Männer der Müllabfuhr die Behälter oftmals nach dem Leeren mitten im Weg stehen. „Da geht es zack, zack und dann stehen die da halt“, so Amann.

Schlehdornweg

Neben der ordentlichen Müllentsorgung verursacht auch die wilde Ablagerung von Müll Probleme auf dem Gehweg. Sperrmüllhaufen auf dem Schlehdornweg erregen hier beispielsweise Aufmerksamkeit. Die Weststädterin Ilse Rötsch kann davon ein Lied singen. Die Sperrmüllablagerungen und die Autos, die in der Weststadt Bürgersteige blockieren, machen der Frau, die auf einen Rollator angewiesen ist, zu schaffen.

Foto: Stadtseniorenrat

Um die Problemstellen auf ihrem Weg vom Betreuten Wohnen zum Supermarkt zu vermeiden, hat sie sich eine sichere Route zurechtgelegt. Das bedeutet jedoch auch, dass Rötsch einen Umweg in Kauf nehmen muss. Denn eben mal vom Bürgersteig herunterzufahren ist nicht überall möglich – die Bordsteinkante muss dafür niedrig und flach genug sein. Auf offener Straße machte die Seniorin bereits unschöne Begegnungen mit zu schnellen und teilweise unhöflichen Autofahrern. „Manche machen langsamer, wenn sie jemanden sehen mit Rollator. Aber von der Sorte gibt es nicht sehr viele.“

Ein Interessenskonflikt

Rathaus und Stadtseniorenrat wollen mit der Gehweg-Problematik so gut es geht aufräumen. In einigen Straßen der Weststadt wurde bereits Abhilfe geschaffen: „In den Baumstraßen der Weststadt (unter anderem im Buchenweg) haben wir damit begonnen, durch das Anordnen von wechselseitigen Haltverboten, Flächen auszuweisen in denen das Parken möglich ist, ohne eine Ordnungswidrigkeit zu begehen“, erklärt Rathaussprecher Roland Kern. Weitere Straßen im Stadtgebiet sollen ähnlich behandelt werden. „Das Hauptproblem dabei ist die Tatsache, dass hierdurch bislang geduldete Stellplätze für die Bewohner wegfallen“, gibt Mark Lucht, Leiter der städtischen Verkehrsabteilung. Schlussendlich, da sind sich Rathaus und Stadtseniorenrat einig, wird es stark darauf ankommen, Anwohner und Autofahrer für die Probleme von (eingeschränkten) Passanten zu sensibilisieren.

Feilen an einer Lösung (von links): Hans-Jörg Klump, Sonja Kühn und Senta Amann vom Stadtseniorenrat Foto: Gabriel Schwab
Feilen an einer Lösung (von links): Hans-Jörg Klump, Sonja Kühn und Senta Amann vom Stadtseniorenrat

Lösungswege vorhanden

Wie Hans-Jörg Klump vom SSR ausführt, setzt der Verein stark auf das Entgegenkommen der Anwohner und Autofahrer, die Gehwege möglichst freizuhalten. Es wären auch Ansprechpartner zu benennen, bei denen Bürger sich melden können. Ebenso könne er sich vorstellen, Anwohner anzuschreiben, die ihren Gehweg regelmäßig zugestellt haben. „Weitere Handlungsmöglichkeiten wären in einem nächsten Schritt noch mehr Kontrollen und Sanktionen, aber wenn man mehr auf die Passanten Rücksicht nehmen würde, wäre es besser“, so Rathaussprecher Kern.

Eine tolle Idee kam von einem der Hinweisgeber, der sich beim SSR meldete. Er empfahl einen Flyer, der an Windschutzscheiben gehängt werden könnte. Auf diesem könnte man für die Bedürfnisse von Fußgängern werben. Und billiger als ein Knöllchen wäre er allemal.

Der Stadtseniorenrat steht Bürgern unter Telefon 06201 184390 oder per E-Mail an stadtseniorenrat@ssr-whm.de zur Verfügung.