Weinheim

Weinheim schafft Platz für Flüchtlinge

Das Konzept zur Anschlussunterbringung der Stadt Weinheim, das auf mehreren Säulen aufbaut, passiert den Gemeinderat. Zwar spricht sich die CDU-Fraktion gegen die Nutzung der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule aus, dennoch sollen 94 Flüchtlinge ihr eine vorübergehende Bleibe finden. Was noch geplant ist, um die "Herkulesaufgabe" zu bewältigen.

In den linken Pavillon der Johann-Sebastian-Bach-Schule sollen im Herbst 45 Flüchtlinge einziehen. Foto: Thomas Rittelmann
In den linken Pavillon der Johann-Sebastian-Bach-Schule sollen im Herbst 45 Flüchtlinge einziehen.

Mit einer voraussichtlichen Zuweisung von fast 350 Flüchtlingen und mit rund 50 Obdachlosen, für die möglichst noch in diesem Jahr Wohnraum geschaffen werden muss, steht Weinheim vor einer „Herkulesaufgabe“, wie es Oberbürgermeister Manuel Just am Mittwoch im Gemeinderat ausdrückte. Eine Aufgabe, die wohl kaum zu meistern ist, auch nicht mit dem Konzept (siehe Infobox), das die Stadtverwaltung ausgearbeitet hat und das die Stadträte jetzt mehrheitlich absegneten. Ziel bleibt aber, eine Belegung von Sporthallen – wie im vergangenen Jahr – zu vermeiden.

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Knackpunkt war in der Beratung des Konzeptes die ehemalige Albert-Schweitzer-Schule, in deren Nordflügel 94 Menschen Zuflucht finden sollen. Diesem Vorschlag der Stadtverwaltung versagte die CDU-Fraktion ihre Zustimmung. Aus zwei Gründen: Zum einen befürchten die Christdemokraten einen sozialen Brennpunkt angesichts der Nähe zu den beiden Kindergärten, die aktuell in Containern in den Schulhöfen untergebracht sind. Zum anderen hat die CDU-Fraktion starke Bedenken, dass die Unterbringung in der Schule ein „dauerhaftes Provisorium“ werden könnte. Ziel sei jedoch der Verkauf des Grundstückes zur Gegenfinanzierung der neuen Zweiburgenschule. Als Alternative nannte die CDU-Fraktion die Schaffung von zusätzlichen Containern auf dem alten TSG-Sportplatz neben der bereits bestehenden Containeranlage in der Gorxheimer Talstraße.

Miteinander nicht gefährdet

Scharfe Kritik hagelte es von der Linken. Deren Sprecher Dr. Carsten Labudda: „Die CDU schürt hier ohne Not Ängste.“ Und auch die Stella Kirgiane-Efremidou (SPD) war der Ansicht, dass das gute Miteinander in der Weststadt nicht gefährdet sei. Trotz Ablehnung der CDU, nach dem mehrheitlichen Willen des Gemeinderates wird auch die Albert-Schweitzer-Schule zur Anschlussunterbringung genutzt werden. Dabei soll die Menschenwürde im Vordergrund stehen, wie allseits betont wurde. Anregungen des Arbeitskreises Asyl sollen bei den Renovierungsarbeiten aufgenommen werden. Dabei geht es unter anderem um eine Unterteilung der Klassenräume, damit möglichst viel Privatsphäre für die traumatisierten Menschen geschaffen wird, um WLAN und genügend separate Räume für Kinderbetreuung, Integrationsmaßnahmen oder auch für ärztliche Untersuchungen.

Apropos Arbeitskreis Asyl: Vom Tisch war am Mittwoch die ursprüngliche Idee, weiteren Wohnraum zu gewinnen, indem die ehrenamtlichen Helfer ihr Betreuungsräume zur Verfügung stellen. Dort wollte keiner der Stadträte Einschnitte in Kauf nehmen.

Neben der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule wird auch der Pavillon 3 der Johann-Sebastian-Bach-Schule genutzt. Dort könnten nach im Herbst 45 Menschen einziehen. Auch hier sind Umbau- und Renovierungsmaßnahmen vorgesehen. Für die „Ertüchtigung“ beider Schulen sind zunächst 250 000 Euro im Haushalt 2023 eingestellt. Die tatsächlichen Kosten liegen deutlich höher und werden aktuell ermittelt.

Die Stadt wird sich die Anschlussunterbringung ohnehin eine Stange Geld kosten lassen müssen. Auf 1,5 Millionen Euro beläuft sich die Erweiterung der Containeranlage in der Gorxheimer Talstraße um zehn Wohneinheiten für 40 Menschen, rund fünf Millionen kostet der Neubau im Sulzbacher Schleimweg für 72 Flüchtlinge, der allerdings noch nicht einmal begonnen wurde.

Klar ist, ohne Anmietung auf dem privaten Wohnungsmarkt wird die besagte „Herkulesaufgabe“ nicht zu stemmen sein. Deshalb will die Stadtverwaltung zwei Vollzeitkräfte einstellen, um Mietern und Vermietern zusammenzubringen. Ein schwieriges Unterfangen, bedenkt man die ohnehin schon angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. Außerdem soll eine Standortfindungskommission gebildet werden.