Weinheim

Zunehmende Gewalt gegen Polizisten bereitet Sorge

Dagmar Pfeil, die seit Jahresbeginn das Polizeirevier Weinheim leitet, stellte im Gemeinderat die Kriminalstatistik 2022 vor. Insgesamt beurteilt sie die Lage in Weinheim positiv. Interessant sind die Zahlen über Straftaten von Kindern und Jugendlichen sowie die Erklärungen zum Anstieg der Straßenkriminalität.

Seit dem 1. Januar 2023 leitet Dagmar Pfeil das Polizeirevier Weinheim. Am Mittwoch stellte die Erste Kriminalhauptkommissarin die Kriminalstatistik 2022 im Gemeinderat vor. Foto: Carsten Propp
Seit dem 1. Januar 2023 leitet Dagmar Pfeil das Polizeirevier Weinheim. Am Mittwoch stellte die Erste Kriminalhauptkommissarin die Kriminalstatistik 2022 im Gemeinderat vor.

Es gibt in der Weinheimer Kriminalstatistik durchaus Tendenzen, die der neuen Leiterin des Polizeireviers, Dagmar Pfeil, Sorgen bereiten. Dazu gehören zum Beispiel die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte und der starke Anstieg bei den Sachbeschädigungen. Trotzdem lautete ihre Kernbotschaft bei der Vorstellung der Zahlen im Gemeinderat: „Die Sicherheit im öffentlichen Raum liegt in Weinheim auf einem hohen Niveau.“

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Zwar ist die Zahl der Straftaten in Weinheim 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 2152 auf 2509 gestiegen. Aber im Vergleich zu den Vor-Coronajahren 2019 (2603 Straftaten) und 2018 (2743) sieht das Bild deutlich freundlicher aus. Auch bei Straftaten von Kindern und Jugendlichen offenbart die Statistik keinen besorgniserregenden Trend. Das Thema war im Sommer 2022 in den Fokus gerückt, als in den sozialen Medien Videos von zwei Jugendgruppen kursierten, die sich auf offener Straße in der Innenstadt attackierten und demütigten.

Bei der sogenannten Häufigkeitszahl – also der auf 100 000 Einwohner hochgerechneten Anzahl der Straftaten – schneidet Weinheim im Vergleich mit den anderen Großen Kreisstädten im Rhein-Neckar-Kreis ebenfalls gut ab: Die niedrigste Häufigkeitszahl hat Leimen (3761), dann folgt bereits Weinheim (5551), dahinter rangieren Sinsheim (5730), Wiesloch (5816), Hockenheim (6494) und Schwetzingen (7152).

Gewalt gegen Polizeibeamte

Die Zahl der Fälle stieg im Vergleich zum Vorjahr von 11 auf 27 im Bereich des Polizeireviers Weinheim an. Die Tatverdächtigen waren fast ausschließlich Erwachsene. Meistens kam es dazu, wenn Beamte zu Streitigkeiten gerufen wurden und auf eine aggressive Stimmung trafen.

Dagmar Pfeil führt diesen Trend auf eine allgemein schwindende Akzeptanz hoheitlicher Maßnahmen zurück. Das betreffe ja auch Rettungsdienste und die Feuerwehr. Ein Gefühl der Unzufriedenheit und des Frusts sei bei vielen Menschen seit der Pandemie spürbar. „Die Lunte ist kürzer geworden“, so der Eindruck der Revierleiterin. Das könne mit den Folgen des Ukrainekriegs und der Inflation zusammenhängen. Aber auch die strengen Coronamaßnahmen würden von vielen Menschen rückblickend als „überzogen“ beurteilt.

„Gewalt gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt“, betonte Dagmar Pfeil. Sie fände es daher wünschenswert, wenn in solchen Fällen auch in Weinheim beschleunigte Strafverfahren zur Anwendung kämen.

Wie die Revierleiterin auf WN-Nachfrage erklärte, ist mittlerweile jede Streifenwagenbesatzung zur Beweissicherung mit einer Bodycam ausgestattet. Diese werden im öffentlichen Raum aktiviert, wenn eine konkrete Gefahr drohen könnte. Dann ertönt ein akustisches Signal. Aber die Beamten würden auch verbal darauf hinweisen, dass das Geschehen nun aufgezeichnet werde. Dies wirke in zahlreichen Fällen durchaus deeskalierend, erläuterte Dagmar Pfeil.

Straßenkriminalität und Sachbeschädigung

Straftaten im öffentlichen Raum spielen eine wichtige Rolle für das Sicherheitsgefühl der Menschen. In Weinheim stieg diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr von 349 auf 510 an (plus 53 Prozent). Revierleiterin Pfeil führt dies aber in erster Linie auf den starken Anstieg bei Sachbeschädigungen, bei Diebstählen aus Autos und von Fahrrädern.

Besonders der Bereich zwischen Händelstraße und Weststraße fiel 2022 durch eine Serie von Sachbeschädigungen an Autos auf. Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit will das Polizeirevier Weinheim wieder mehr Präsenz zeigen, aber auch mit Beamten in Zivil gegen diese Entwicklung vorgehen.

Im Bereich des gesamten Polizeireviers Weinheim, zu dem auch Hemsbach und Laudenbach sowie Hirschberg und Schriesheim gehören, gebe die Statistik keine Hinweise auf „Hotspots“, also auf öffentliche Plätze, bei denen eine erhöhte Gefahr besteht, Opfer einer Straftat zu werden. Doch Dagmar Pfeil räumte ein, dass es durchaus Orte gibt, an denen Anwohner dies anders empfinden. Der verkehrsberuhigte Bereich der Grundelbachstraße sei ein Beispiel dafür. Die Polizei reagiere darauf mit verstärkter Präsenz, was allerdings das subjektive Empfinden der Angst sogar noch verstärken könne.

Tatverdächtige Kinder, Jugendliche und Heranwachsende

Insgesamt 28 Kinder (unter 14 Jahren), 128 Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und 89 Heranwachsende (18 bis 21 Jahre) wurden 2022 in Weinheim als Tatverdächtige ermittelt. Zum Vergleich: 2021 waren es 23 Kinder, 88 Jugendliche und 112 Heranwachsende.

Schaut man sich die Deliktarten näher an, so wurden 2022 bei Körperverletzungsdelikten als Tatverdächtige 5 Kinder, 20 Jugendliche und 15 Heranwachsende in Weinheim ermittelt. Bei den Diebstahlsdelikten gab es 13 Kinder, 46 Jugendliche und 19 Heranwachsende als Tatverdächtige.

Ein bundesweiter Trend sei der Anstieg bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Dabei handele es sich bei Kindern und Jugendlichen in der Mehrzahl um sogenannte „Schulhoffälle“, bei denen zum Beispiel strafbare Nacktbilder mit anderen Schülern geteilt werden. Gerade in diesem Bereich sei die Polizei im Dialog mit den Schulen deshalb bei der Vorbeugungsarbeit sehr aktiv, machte die Revierleiterin deutlich.

Häusliche Gewalt

Ein deutlicher Anstieg der Fälle ist im Bereich der häuslichen Gewalt zu verzeichnen, die neuerdings unter dem Begriff „Partnergewalt“ in der Kriminalstatistik geführt wird. In Bereich des gesamten Polizeireviers Weinheim waren es im vergangenen Jahr 80 Fälle (2021: 56), in Weinheim 42 (2021: 38). Die Revierleiterin führte den Anstieg in erster Linie darauf zurück, dass sich dank der intensiven Aufklärungsarbeit der Polizei immer mehr Menschen trauen, bei Fällen von Partnergewalt Anzeige zu erstatten. „Das Dunkelfeld wird also etwas heller“, so Dagmar Pfeil.

Zahl der Straftaten und Tatverdächtigen

2509 Straftaten (2021: 2152) wurden in Weinheim registriert. Darunter waren 814 Diebstahlsdelikte (plus 28 Prozent), 303 Sachbeschädigungen (plus 85 Prozent), 222 Rauschgiftdelikte (minus 16 Prozent), 544 Vermögens- und Fälschungsdelikte (plus 7 Prozent), 306 Rohheitsdelikte (plus 14 Prozent).

Aufklärungsquote

Die Aufklärungsquote ging bei den Weinheimer Fällen von 61,0 auf 58,5 Prozent zurück. Insgesamt wurden 1263 Tatverdächtige ermittelt, davon waren 390 Ausländer (31 Prozent).

Wertschätzung für die Polizei

Die Sprecher aller Fraktionen im Weinheimer Gemeinderat brachten in ihren Stellungnahmen die große Wertschätzung für die Arbeit der Polizei zum Ausdruck. Erfreut wurde zur Kenntnis genommen, dass die personelle Ausstattung des Reviers (76 Beamte) derzeit zufriedenstellend ist. „Die Ausbildungsoffensive des Landes kommt jetzt auch in den Revieren an“, so Dagmar Pfeil abschließend.