Mörlenbach

Der Blasse Bertram packt in Mörlenbach eine Uraufführung aus

Das Abgespeckt-Programm des Odenwälder Blödelbarden mit dem genialen Gitarristen Ivan Schäfer beinhaltet gleich zwei große Überraschungen

Gitarrist Stefan "Ivan" Schäfer und des Blasse Bertram (alias Roland Jughans) lieferten am Sonntag ein hochkarätiges Programm mit besonderer Kulisse. Foto: Katrin Oeldorf
Gitarrist Stefan "Ivan" Schäfer und des Blasse Bertram (alias Roland Jughans) lieferten am Sonntag ein hochkarätiges Programm mit besonderer Kulisse.

Der zweite Anlauf hat funktioniert: Der Blasse Bertram (alias Roland Junghans) und Gitarrist Stefan „Ivan“ Schäfer brachten am Sonntag ihr Abgespeckt-Programm komplett auf die Bühne –nachdem dieses im Juli wegen eines heftigen Gewitters abgebrochen werden musste. Über zwei Stunden erlebten die Menschen auf der Beachvolleyball-Anlage eine kurzweilige Mischung aus Musik und Gebabbel – so, wie man es vom Bertram seit mittlerweile 44 Jahren kennt und schätzt. Es gab aber auch eine spezielle Überraschung und eine Uraufführung.

WNOZ WhatsApp-Kanal

Die Weinheimer Nachrichten und Odenwälder Zeitung auf WhatsApp! Aktuelle Nachrichten aus deiner Region. Die Top-Themen jeden Mittag frisch auf dem WhatsApp-Kanal.

Impressum

Diesmal hingen keine drohenden Gewitterwolken am Himmel. Wenn überhaupt, dann kroch die Widrigkeit aus dem Boden, in Form einer Kälte, die zaghaft daran erinnerte, dass die Open-Air-Saison 2023 ihrem Ende entgegenblickt. Dagegen gab es aber von der (Strand-)Bühne herab genügend Ablenkung. Dafür garantiert der Blasse Bertram, dessen Mund noch nie von irgendwelchen Blättern bedeckt war – und dessen Sprüche verlässlich für aufwärmendes Lachen sorgten.

Der neue Bertram-Song hat Premiere

Es war aber auch die musikalische Seite des Abends, die erwärmte. Mit Ivan Schäfer hat Junghans einen Gitarristen – und langjährigen Freund – an seiner Seite, der unbestritten zu den besten seines Fachs zählt. Was er seiner Akustik-Gitarre entlockt, ist vom Allerfeinsten. Eine Virtuosität, durch die auch Songs in der Abgespeckt-Version funktionieren, die eigentlich auf die große Bertram-Band zugeschnitten sind.

„Katze grau“ ist so ein Beispiel. Diese wunderbare Adaption von „Wonderful Tonight“ lebt in der Akustikversion – einmal abgesehen von dem herrlich witzigen Text – von diesem großartigen Saitenspiel. „Keiner spielt das besser als der Ivan“, sagt der Blasse. Und man mag kaum widersprechen – selbst wenn das Original von keinem Geringeren als Eric Clapton stammt.

Auf der Beachvolleyball-Anlage sollen künftig weitere Veranstaltungen stattfinden. Foto: Katrin Oeldorf
Auf der Beachvolleyball-Anlage sollen künftig weitere Veranstaltungen stattfinden.

Und auch die bereits erwähnte Uraufführung des Abends wäre ohne Schäfer kaum möglich: Am Ende des Programms präsentiert der Blasse Bertram einen neuen Song, der ebenso von einem herausragenden Gitarrenspiel getragen wird. Aus „Nothing Else Matters“ von Metallica wird „Nasse Pelz glätter“ – da verursacht nicht nur die Kälte Gänsehaut.

Diese Nummern gab es lange nicht mehr zu hören

Musikalisch ist es eine Reise durch vier Jahrzehnte Bertram-Geschichte. Beginnend mit den Anfängen, als Junghans noch mit dem leider verstorbenen Heinz Stamm als Duo „Hennes & Baldi“ unterwegs war. Dass in den 80er-Jahren bereits das Thema Tierwohl auf kreative und bissige Weise aufgearbeitet wurde, beweist die Version von „Moonshadow“ (Cat Stevens), die beschreibt, dass sich auch einmal ein „Huhn schwerdouh“ kann.

Gerne und laut singt das – mit dem Bertram gereifte – Publikum die Klassiker mit. Allen voran „Is noch Geld do“. Diese Nummer auf die Melodie von „In The Ghetto“ ist vielleicht der bekannteste Song im Repertoire des Odenwälder Blödelbarden. Das Abgespeckt-Programm beinhaltet aber auch länger nicht live gespielte Perlen wie „Bischt du doann gonz näwedrou“ oder „Woann die Sunn schoint . . .“ Ein Vorteil der reduzierten Instrumentierung ist, dass die Texte, die sich phonetisch immer sehr nah am Original bewegen, gut zu verstehen sind.

Es bedarf kaum der Erwähnung, dass der Blasse Bertram zu jedem Song etwas zu erzählen hat. Von treffsicheren Spitzen bis zu Albernheiten reicht dabei die Palette. Mancher mag sich selbst an die Prä-Navi-Zeiten erinnert haben, als sich die Odenwälder Jugend einen Spaß daraus machte, Ausflügler aus den nahen Städten auf abenteuerliche Umwege zu schicken, wenn diese nach dem Weg fragten. Wenn daraus Songs wie „Brigg naus“ resultieren, kann niemand nachtragend sein.

Die Geschichte einer legendären Aufnahme

Der Blasse Bertram ist aber auch ein Mann der klaren Worte. Von der Dummheit, die sich in den Kommentarspalten der „Sozialen Medien“ sammelt, über fragwürdige Veranstaltungen im Ort bis hin zu Unterstützern rechtsextremer Parteien im Weschnitztal – der bekennende Spötter läuft zur Hochform auf. Das abendfüllende Thema ist das Verhältnis des Blassen Bertram zum anderen Geschlecht. Mal frivol, mal versöhnlich gibt er sich – und nie ist das böse. Der Bertram babbelt wie eh und je. „Ich bin froh, dass ich das wieder mache“, sagt er an einer Stelle. Schließlich hatte Junghans zwischenzeitlich eine längere Bertram-Pause eingelegt. Die Freude über deren Ende ist spürbar auch beim Publikum vorhanden.

Und das erlebt am Samstag diese besondere Überraschung: Zu „Joe, zieh de Colt“ kommt mit Robert Kugler der Mann auf die Bühne, der auch an der legendären Originalaufnahme dieser Nummer beteiligt war. Der letzte Song auf dem ersten Bertram-Album entstand, der Legende nach, als zu vorgerückter Stunde das Geblödel der beiden heimlich mitgeschnitten wurde – und es am Ende auf die Platte schaffte. Glaubhaft haben Junghans und Kugler versichert, dass diese Geschichte stimmt. Man glaubt es spätestens nach der herrlich witzigen Neuauflage am Samstag.