Tierschutz

Ein Seil hilft bald in Albersbach Eichhörnchen über die Straße

Im Ortsteil von Rimbach wird die erste Brücke für diese Tiere im Odenwald installiert. Wie sie funktioniert und warum es so wichtig ist, die kleinen Nager zu schützen.

Eichhörnchen kommen den Menschen nahe – mit den damit verbundenen Gefahren. Foto: Wolfgang Arnold
Eichhörnchen kommen den Menschen nahe – mit den damit verbundenen Gefahren.

Nach Angaben der Verantwortlichen wird sie die erste ihrer Art im Odenwald sein: In Albersbach wird am 4. September eine Eichhörnchenbrücke gespannt. Der anspruchsvolle Begriff umschreibt ein einfaches, etwa 3 bis 4 Zentimeter dickes Seil, das in luftiger Höhe zwei Bäume verbindet, so dass die Eichhörnchen zur Querung nicht mehr über die Fahrbahn laufen müssen.

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Immer wieder fanden die Anwohner auf der eigentlich verkehrsberuhigten Straße (30 km/h) im Rimbacher Ortsteil überfahrene Eichhörnchen, die sie dann beerdigten. „Man könnte sagen, das ist ja nicht so schlimm, Eichhörnchen gibt es genug, aber die Realität sieht anders aus“, erklären die Initiatoren des Projektes.

Der Bestand an Eichhörnchen nimmt kontinuierlich ab, verstärkt durch das Auftreten des Waschbären und die heißen Sommer. In Deutschland gehört das Eichhörnchen nach der Bundesartenschutzverordnung als heimische Art zu den „besonders geschützten Arten“. Die Tiere dürfen daher nicht gejagt, gefangen, getötet oder privat gehalten werden. Ebenso dürfen Kobel (die rundlich gebauten Nester der Tiere) nicht entfernt und nicht geleert werden.

Deshalb sind die Nager wichtig

Eichhörnchen besitzen eine wichtige Funktion beim Waldaufbau. Da sie sich von Nüssen, Eicheln, Bucheckern und Samen auch von Nadelbäumen wie Fichte, Kiefer und Lärche ernähren, haben sie ein großes Nahrungsspektrum. Sowohl tierische Nahrung wird in geringen Mengen gefressen, für den Winter sammelt das Eichhörnchen aber auch schätzungsweise etwa 10 000 Nüsse pro Saison.

Doch diese müssen auch wiedergefunden werden. Deshalb sind bei Tierarten, die Nahrungsverstecke anlegen, bestimmte Hirnareale besonders ausgeprägt, um die Versteckorte zu speichern. Aber auch der Geruchssinn hilft ihnen. Selbst durch eine Schneedecke hindurch erschnuppern die Tiere ihre Vorratslager. Aber nicht alle versteckten Samen werden entdeckt („Mühsam nährt sich das Eichhörnchen“), und so beginnen diese im Frühjahr zu keimen und wachsen zu neuen Bäumen heran. Eichhörnchen tragen also hervorragend zur Vielfalt des Waldes und zur Erneuerung der Artenvielfalt bei.

Was muss beachtet werden?

Da liegt die Suche nach einer sicheren Straßenquerung nahe. Recherchen der Albersbacher Anwohner führten zu Eichhörnchenbrücken in Trier und danach folgend in anderen Orten. Die dortigen Initiatoren berichteten engagiert von ihren Erfahrungen und technischen Lösungen.

So sieht eine Eichhörnchenbrücke aus. Das Bild stammt aus Berlin-Köpenick. Foto: Sebaso/Wikipedia
So sieht eine Eichhörnchenbrücke aus. Das Bild stammt aus Berlin-Köpenick.

So einfach die Idee einer Straßenquerung mit Hilfe eines luftigen Seils klingt, steckt der Teufel auch hier im Detail: Die Höhe muss mindestens viereinhalb Meter betragen (das finden die Eichhörnchen locker). Bei Wind oder Sturm können sich die Endbäume gegenläufig bewegen, das Seil muss entsprechend reißfest sein. Dann kann es im Winter zu Eisbildung kommen, herunterfallendes Eis darf keine Gefahr darstellen.

Zwei auf gegenüberliegenden Straßenseiten wohnende Familien (Kreysch und Sieth) haben auf ihren Grundstücken geeignete Tannen, so dass die Grundidee schnell geboren war. Dann musste die Genehmigung von der Gemeinde eingeholt werden, da diese auch die Verantwortung für den Luftraum oberhalb der Straße trägt. Nach einem Ortstermin mit dem Leiter des Ordnungsamtes, Lukas Schmitt, wurde die prinzipielle Genehmigungsfähigkeit festgestellt.

Was wird benötigt?

Die eigentliche Genehmigung war dann schnell und unbürokratisch von Bürgermeister Holger Schmitt eingeholt unter der Voraussetzung, dass auf die Gemeinde kein zusätzliches Haftungsrisiko zukommt. Hier half nun die private Haftpflichtversicherung einer der Familien: Die Versicherung schließt das wie bei jedem System nicht auszuschließende Restrisiko in den bestehenden Vertrag ein, und das ohne Mehrkosten.

Auch die Kosten für das Seilspannen und die jährlichen Inspektionen werden privat von einer Familie getragen. Nun bedarf es noch eines Experten, der die Befestigung sicher und zuverlässig durchführt. Das Tau muss an den Enden aufgespleißt und dann wieder sicher zusammengefügt werden. Es fand sich im Nachbarort mit Florian Kaufmann ein zertifizierter „Baumkletterer“, der bereits bei der Ortsbegehung anwesend war und die auch für ihn neue Aufgabe gerne übernommen hat.

Nachahmer erwünscht

Auch Silvia Fusch (NABU Heppenheim) war beim Ortstermin dabei und leistete „mentale Unterstützung“, wie die Organisatoren schreiben. Nun sind alle Voraussetzungen für die Eichhörnchenbrücke geschaffen. „Wir freuen uns auf das große Ereignis am 4. September“, so die Albersbacher Familien, die jetzt auf möglichst viele Nachahmer hoffen.