Aktenzeichen XY ungelöst

Warum in der Sendung so viele Fragen offen blieben

Nach 37 Jahren präsentieren die Ermittler des LKA Wiesbaden in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" spektakuläre neue Erkenntnisse zum Mordfall Jutta Hoffmann. Die 15-Jährige verschwand am späten Nachmittag des 29. Juni 1986 nach einem Besuch im Freibad Lindenfels. Viele Fragen blieben in der Sendung unbeantwortet. Woher wissen die Ermittler so genau, wie der Täter ausgesehen haben muss? Warum ist in Mann, der längst tot ist, immer noch ein "wichtiger Zeuge"?

Die 15 Jahre alte Schülerin Jutta Hoffmann verschwand am 29. Juni 1986 nach einem Freibad-Besuch in Lindenfels. Knapp zwei Jahre später wurden ihre sterblichen Überreste gefunden. Das LKA Wiesbaden ist sicher: Die junge Frau wurde ermordet. Foto: LKA Wiesbaden
Die 15 Jahre alte Schülerin Jutta Hoffmann verschwand am 29. Juni 1986 nach einem Freibad-Besuch in Lindenfels. Knapp zwei Jahre später wurden ihre sterblichen Überreste gefunden. Das LKA Wiesbaden ist sicher: Die junge Frau wurde ermordet.

Fast sechs Millionen Zuschauer sahen am Mittwochabend die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst", in der es speziell um Mordfälle ging, die schon Jahrzehnte zurückliegen. Einer der Fälle, die dort von Moderator Rudi Cerne vorgestellt wurden, war der Mord an Jutta Hoffmann. Die Schülerin aus Lindenfels hatte sich am Abend des 29. Juni 1986 gegen 17.30 Uhr zu Fuß auf den Weg vom Freibad Lindenfels in den Ortskern gemacht. Auf einem Waldweg - der kürzesten Verbindung zwischen Bad und Innenstadt - verschwand die Schülerin spurlos. Erst knapp zwei Jahre später wurde ihre skelettierte Leiche in einem Waldstück bei Lindenfels gefunden. Wer hat Jutta Hoffmann getötet? Warum musste die Jugendliche sterben?

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Täter soll heute etwa 60 Jahre alt sein

Diese Fragen versuchen die Ermittler des LKA Wiesbaden zu klären - und sie haben in der Aktenzeichen-Sendung auch konkrete Angabe zum Täter gemacht. Die Ermittler gehen von einem Serientäter aus, einem gewaltbereiten Mann, der zum Tatzeitpunkt Mitte 20 gewesen sein muss, also heute etwa 60 Jahre alt wäre. Blond und blauäugig sei er, so schilderte eine Ermittlungsbeamtin des LKA die bisherigen Erkenntnisse.

Doch viele Fragen blieben offen. Woher weiß die Polizei so genau, wie der Täter aussieht? Warum gehen sie von einem Serientäter aus? Warum wird ein alter Mann, der bei der Suche nach Jutta Hoffmann dehydriert und verwirrt im Wald gefunden wurde, von der Ermittlerin als "wichtiger Zeuge" bezeichnet - obwohl er mit Sicherheit längst nicht mehr lebt? Warum gab es in der Sendung keine Informationen darüber, wie Jutta Hoffmann getötet wurde?

Zuständig für die Ermittlungen und damit "Herr des Verfahrens" ist die Staatsanwaltschaft Darmstadt. Ansgar Martinsohn, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt, sagt auf Anfrage: "Wenn wir zu einer Sendung wie Aktenzeichen XY ungelöst gehen, dann machen wir uns vorher sehr genaue Gedanken darüber, welche Informationen wir preisgeben und welche nicht."

Manches ist Täterwissen

Manche Details kann nur der Täter wissen, manches ist vielleicht nur Menschen bekannt, die mit dem Täter gesprochen oder die ihn beobachtet haben. "Wenn schon all diese Informationen in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst enthüllt würden, könnte die Verteidigung in einem Prozess ja Zeugenaussagen leicht entkräften und sagen: ,Natürlich weiß der das, es war ja im Fernsehen", so Martinsohn.

Deshalb wird die Teilnahme an "Aktenzeichen XY ungelöst" viele Monate lang vorbereitet, sagt Martinsohn. Die Redaktion arbeitet dabei eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Das Drehbuch und auch die Filmsequenzen, die gezeigt werden, sind mit den Strafverfolgungsbehörden abgestimmt.

Welche Fälle werden bei Aktenzeichen XY ungelöst gezeigt?

Die ZDF-Sendung, die es seit 1967 gibt, thematisiert in der Regel ausschließlich Kapitaldelikte, also besonders schwere Verbrechen wie Mord, Sexualdelikte und schwere Betrugsfälle. Manchmal wenden sich die Ermittlungsbehörden an die Redaktion, manchmal wiederum wendet sich die Redaktion an die jeweiligen Strafverfolgungsbehörden, wenn ein Fall eine besonders hohe Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit hat. Über die Veröffentlichung eines Falls wird dann gemeinsam beraten.

Neben dem Fall Jutta Hoffmann ging es in der Sendung vom Mittwoch (22. März 2023) auch um den Fall Sonja Engelbrecht aus München. Sie wurde 1995 entführt und ermordet. Ihre nackte Leiche wurde in einen Teppich gewickelt und in eine Felsspalte im Altmühltal geworfen. In ihrem Fall ging möglicherweise ein entscheidender Hinweis ein, ein Zuschauer glaubte, zu wissen, woher die Decke stammt, in die der Körper von Sonja Engelbrecht eingewickelt wurde. Rund 20 Hinweise gingen bis Mittwochnacht zum Fall Jutta Hoffmann ein. Es bleibt zu hoffen, dass der eine oder andere die Ermittler tatsächlich weiterbringt.