Wald-Michelbach

Viel Gegenwind aus Berlin gespürt

Parteien und Wählergruppen der Gemeinde Wald-Michelbach äußern sich zu den Ergebnissen der Landtagswahl.

Nach der Landtagswahl bewerten die Parteien und Wählergruppen in der Gemeinde Wald-Michelbach die Ergebnisse und die Zuordnung zum Odenwaldkreis. Foto: Fritz Kopetzky
Nach der Landtagswahl bewerten die Parteien und Wählergruppen in der Gemeinde Wald-Michelbach die Ergebnisse und die Zuordnung zum Odenwaldkreis.

Die Ergebnisse der Landtagswahl in der Gemeinde Wald-Michelbach, die erstmals in ihrer Geschichte bei einer Wahl dem Odenwaldkreis zugeordnet worden war, lagen im Großen und Ganzen im landesweiten Trend. So gewann auch hier die CDU mit ihrer Kandidatin Sandra Funken mit deutlichem Vorsprung vor ihren Mitbewerbern, die Grünen sackten sogar unter die Marke von zehn Prozent ab und auch die SPD musste Einbußen von über sechs Prozentpunkten hinnehmen.

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Neben der CDU legte die AfD in Wald-Michelbach besonders stark zu und war bei den Landesstimmen mit 25,5 Prozent nicht nur zweitstärkste Kraft, sondern schnitt sogar um sieben Prozentpunkte besser als im Landestrend ab. Die FDP verpasste mit 4,9 Prozent hauchdünn die Fünf-Prozent-Marke, auch die Freien Wähler lagen darunter. Die Linke kam in der Überwälder Gemeinde nur auf 1,4 Prozent.

Am Wahltag war dann vor allem auch die neue Zuordnung der Überwälder Gemeinde, die zum Kreis Bergstraße gehört, ein Thema, das die Bürger bewegte. Die Landesregierung aus CDU und Grünen hatte dies im Rahmen der Neuordnung der Wahlkreise vorgenommen, um diese von den Bevölkerungszahlen her gesehen gleichwertiger zu gestalten. In der Wahlnachlese holte unsere Redaktion die Meinungen der Wald-Michelbacher Parteien und Wählergruppen zu den Ergebnissen ein.

CDU freut sich

„Wir freuen uns, dass Sandra Funken in Wald-Michelbach – trotz der Wahlkreisreform – ein gutes Wahlergebnis erreicht hat und mit großem Vorsprung das Landtagsmandat gewinnen konnte. Wir wünschen ihr eine erfolgreiche Arbeit im Landtag zum Wohle aller Bürger. Und wir hoffen, dass sie sich engagiert für den ländlichen Raum einsetzen wird, und erwarten, dass sie sich auf Landesebene für unsere Belange starkmacht“, erklärt Manfred Gölz, Vorsitzender der Wald-Michelbacher Christdemokraten, in einer Stellungnahme und dankt ebenso wie die anderen Parteien und Wählergruppen den Bürgern für das entgegengebrachte Vertrauen.

Grüne nicht zufrieden

„Wir können überhaupt nicht zufrieden sein als Grüne“, sagt Gundolf Reh, Vorsitzender des Wald-Michelbacher Ortsvereins, zum Abschneiden seiner Partei, von dem er sich doch etwas irritiert zeigt. „Es läuft doch im Land Hessen so geräuschlos mit der Regierungsbeteiligung, und dennoch wurden wir für die Ampel in Berlin abgestraft.“

Was er in seiner Funktion als Wahlvorstand als „Riesenproblem“ für die Wähler in Wald-Michelbach ausmachte, war die Zuordnung der Überwälder Gemeinde zum Odenwaldkreis. „Da haben viele Bürger mit Unverständnis darauf reagiert, was ich nachvollziehen kann, denn ich habe das auch nicht verstanden.“ Eine Folge davon sei gewesen, dass ein Teil der Wähler kein Kreuz bei den Wahlkreis- und einige auch bei den Landesstimmen gemacht hätten. „Da haben sich viele darüber aufgeregt.“

SPD: Zeichen der Unzufriedenheit

Für Dr. Sascha Weber, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, ist das Ergebnis der AfD keine Überraschung, sondern entspreche der Stimmung und der Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die deutlich wahrnehmbar seien. „Die CDU hat geschickt von den wichtigen Landesthemen abgelenkt und den Wahlkampf gegen Berlin geführt, was SPD, Grünen und FDP geschadet hat. Es ist schon erstaunlich, dass eine weitgehend unzufriedene Wählerschaft mit fast 35 Prozent genau die Partei belohnt, die seit 24 Jahren die Gründe für diese Unzufriedenheit entweder nicht gelöst oder sogar herbeigeführt hat“, erklärt er und führt als Beispiele die Straßenbeiträge, fehlende Lehrer und Unterrichtsausfall, schlechte medizinische Versorgung auf dem Land oder die Schließung von Krankenhäusern an.

Vor allem bedauert er, dass Wald-Michelbach und der Odenwald mit Rüdiger Holschuh, dessen persönliches Ergebnis weit über dem Landesschnitt der SPD liegt, einen kompetenten und engagierten Fürsprecher in Wiesbaden verliere. Weber hofft deshalb darauf, dass sein Genosse über die Landesliste nachrücken könne. Zumindest mit der Wahlbeteiligung ist Weber zufrieden, denn sie „war mit knapp 63 Prozent besser als erwartet“.

FDP: Schwieriger Wahlkampf

Im Hinblick auf die neue Zuordnung zum Odenwaldkreis unterstreicht Matthias Vercrüsse, Vorsitzender des FDP-Ortsverbands, wie wichtig es gewesen sei, dass sich die Liberalen dieser Herausforderung gestellt hätten: „Nach den ersten Analysen hat sich gezeigt, wie schwierig der Wahlkampf war. Unser Spitzenkandidat Moritz Promny, Generalsekretär der FDP Hessen, hat sich sehr gut behauptet. Unser Wahlergebnis liegt zwar mit 0,1 Prozentpunkten vor dem Landesdurchschnitt, jedoch hätten wir uns ein besseres Ergebnis gewünscht. Leider hat auch hier in Wald-Michelbach nach unserer Meinung die Ampel in Berlin keine Hilfestellung gegeben. Vielmehr war sehr viel Gegenwind zu spüren, was sich im Ergebnis widerspiegelt. Die Schlussfolgerung kann nur sein, unsere ganze Kraft in die Bewältigung der Aufgaben in der Gemeinde Wald-Michelbach zu lenken.“

FWG von AfD-Zuspruch schockiert

„Das erste Mal im Wahlkreis 53: Für die meisten Wähler kein großer Unterschied“, erklärt dagegen die Freien Wähler Gemeinschaft in ihrer Stellungnahme. Die Wahlkreiskandidaten der großen Parteien hätten sich in den vergangenen Monaten schon häufig bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten in der Gemeinde gezeigt und vorgestellt. „Sie waren also nicht unbekannt. Dies hat sicherlich bei der Wahlentscheidung geholfen“, führen die FW aus.

Der Stimmenzuwachs bei der AfD und der Anteil von über 25 Prozent in der Gemeinde Wald-Michelbach sollte und müsse den etablierten Parteien und Gruppierungen in der Gemeindevertretung zu denken geben, fordern sie. „Ob man das noch als Protestwähler bezeichnen kann oder ob hier schon aus gefährlicher Überzeugung gehandelt wird, ist letztendlich nicht ausschlaggebend. Wir, die Freie Wähler Gemeinschaft Wald-Michelbach, sind insgesamt schockiert über diesen Wählerzuspruch der AfD aus den Reihen unserer Mitbürger.“

Weiterhin betont die Fraktion einmal mehr, dass „wir keinerlei Berührungspunkte mit der Freien Wähler Partei haben. Wir sind eine parteiunabhängige Wählervereinigung und distanzieren uns ganz eindeutig von dieser Partei, ihren Funktionären und ihrem Programm.“

BfW: Zuordnung befremdlich

Für die Bürger für Wald-Michelbach ist die neue Wahlkreiszuordnung befremdlich: „Lokal- und Landespolitik haben ihre historischen Wurzeln und aktuelle Bindungen. Was in Abtsteinach passiert, betrifft aus vielen Gründen auch Wald-Michelbach, während Ereignisse in Gammelsbach nur auf ein eingeschränktes Interesse stoßen.“ Stefan Werner, Mitglied der BfW, konnte demnach als Wahlhelfer beim Auszählen der Wahlstimmen auch beobachten, dass es nicht wenige Wähler gab, die keinem der aufgestellten Kandidaten aus dem Odenwaldkreis ihre Stimme gaben. „Aus Sicht der Wähler scheint es ja auch unwahrscheinlich, dass dem Odenwaldkreis verbundene Kandidaten Interessen Bergsträßer Kommunen vertreten.“

Allerdings rücke dieser Umstand hinsichtlich des Abschneidens der AfD deutlich in den Hintergrund. „Dass in Wald-Michelbach über 25 Prozent der Wähler ihre Stimme einer rechtspopulistischen, in großen Teilen sogar rechtsradikalen Partei mit bekennenden Neonazis geben, beunruhigt doch sehr“, so Werner. Es gelte nun mehr denn je, dass „dem Grundgesetz und der deutschen Geschichte verbundene Bürger diesem rechtspopulären Extremismus mit Aufklärung entgegentreten und politisch aktiv werden. Wenn Umfragen zutreffen, dass die AfD gerade bei jüngeren Wählern einen großen Zuwachs hatte, müssen hinsichtlich der Zukunft unseres demokratischen Staates alle Alarmglocken anschlagen“, erklärt Werner und zitiert Berthold Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“