Großsachsen

Großsachsen feiert den Abschied von Pfarrer Friedel Götz

Mit einer unvergesslichen letzten Predigt, die er mit "All You Need Is Love" von John Lennon und Paul McCartney zusammenfasste, verabschiedet sich Pfarrer Friedel Goetz von seiner Gemeinde.

Die Gemeinde Hirschberg-Großsachsen verabschiedet sich von ihrem Pfarrer Friedel Goetz, der für seine moderne und weltoffene Art bekannt ist. Foto: Philipp Reimer Fotografie
Die Gemeinde Hirschberg-Großsachsen verabschiedet sich von ihrem Pfarrer Friedel Goetz, der für seine moderne und weltoffene Art bekannt ist.

Ach, er war eine Wohltat für die Gemeinde. Weltoffen, traditionszugewandt und doch modern. Ein Pfarrer, der zum Abschied und Dank seine vorangegangene letzte Predigt mit „All You Need Is Love“ von John Lennon und Paul Mc.Cartney zusammenfassen ließ. Wo gibt es das schon? Doch Friedel Goetz ist der Überzeugung: Man braucht für alles eine Kurzform. So prägt sich das Gehörte besser ein.

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Von der Kanzel sprach er am Sonntag zu seinem Abschiedsgottesdienst über Resonanzen. Er verglich dabei die Wechselwirkung von Gemeinde und Pfarrer sowie Gott und der Menschheit mit zwei Stimmgabeln, die sich eben aufeinander einstimmen müssen und sich dabei gegenseitig verändern.

„Man spiele sich schon ein“, mit dieser Hoffnung war der 37-Jährige vor vier Jahren in Großsachsen gestartet. Seinen Zivildienst leistete er in Palermo, studiert hatte evangelischen Theologie in Berlin, München, Rom und Heidelberg. Sein Vikariat legte er in der Citygemeinde Hafen-Konkordien und seiner Ordination erfolgte in der Mannheimer Hafenkirche.

Im Jahr 2017 trat er den Probedienst in Weinheim an und wechselte ein Jahr später in die Gemeinde Hirschberg-Großsachsen, wo er seit Januar 2020 als Gemeindepfarrer tätig war. Gelungen war sein Goetz‘ Vorhaben. Heute weiß er und betont: Der Schlüssel dazu sei die Liebe. Oder vielmehr die Nächstenliebe.

Pfarrer Goetz predigte gewohnt kurzweilig, mitreißend und vor allem klar verständlich. Er hob das biblische Gleichnis des Hauptmanns, der Jesus darum bat, seinen Knecht zu heilen, in die Neuzeit. Man müsse seine Rollen erkennen. Mal sei man hilfsbedürftig, mal aktiv und mal Helfer.

Ja, Pfarrer Friedel Goetz wird fehlen. Doch anstatt den Gottesdienst in melancholischer Trauer abzuhalten, wollte man lieber feiern und gemeinsam lachen. Auf seine gewohnt charmante Art versuchte der Geistliche, die Sprache des Glaubens verständlicher zu machen.

Glaube ist wie Tennisspielen

Glaube und Glaubensgemeinschaft, das sei so ein bisschen wie Tennisspielen. Das habe er im letzten Jahr gelernt und dabei käme es ja auch darauf an, dass ein anderer antwortet. Die Begegnungen mit den Menschen in Hirschberg seien eine Wohltat gewesen und habe ihn menschlich, aber auch beruflich verändert. Die Gemeinde sang „Sei behütet auf all Deinen Wegen“ und es wurde deutlich: Jedes Wort war hier ernst gemeint. Außerdem durfte „Heute hier, morgen dort“ von Hannes Wader nicht fehlen.

Vieles hatte Goetz in den vier Jahren in Großsachsen bewegt. Viele unkonventionelle Wege hatten die Gemeinde auch während Corona zusammengehalten. Digitale Gottesdienste oder jene an grünen Orten. Es gibt mittlerweile Gottesdienste in der Kneipe, Kinderwochen, Vätergrillen und vieles mehr. Austausch sei wichtig und Goetz sei es gelungen, die Menschen für die Gemeinschaft zu motivieren. Das jedenfalls quittierte ihm der stellvertretende Dekan Stefan Royar, der dem jungen Pfarrer gleichwohl für seine Dienste dankte. Er habe vieles auf den Weg gebracht.

"Wir müssen einfach darauf vertrauen"

Goetz nutzte die Gunst der Stunde, um auf die Jahreslosung aufmerksam zu machen. „In der Schule wird ja überprüft, ob das Gelehrte verstanden wurde, aber hier in der Kirche müssen wir einfach darauf vertrauen“, scherzte er und Gelächter machte sich breit.

Denn das Göttliche zeige sich immer in den Ereignissen. Wer den Glauben nicht als übernatürliches Wesen – sondern vielmehr als die Aktionen um uns herum begreife, wer die Nächsten im Blick hat und sich um sie kümmert, der kann die göttliche Beziehung erfahren und mitgestalten.

So machte Goetz zum Abschied allen Mut. Denn er habe viele Menschen kennengelernt, die diesen Enthusiasmus und diese Liebe in sich tragen. Doch der Pfarrer mahnte auch. Natürlich würde man nicht wie Jesus im Gleichnis jemanden heilen können. „Ich empfehle auch hier, die hiesigen Ärzte aufzusuchen. Es sind ja heute einige hier. Das soll also keine Alternative sein“, betonte er zwinkernd.

Religion, Glaube, Medizin und Wissenschaft – oft machte Goetz in seinen Gottesdiensten deutlich, dass sich das nicht gegenseitig ausschließe, die Schöpfung auch neben der Evolution bestehen kann und alles mit Interpretation und der eigenen Einstellung zusammenhänge. Nur allzu gerne transkribierte der 37-Jährige die alten Bibelverse in die Neuzeit, lieferte damit Denkanstöße und Hilfestellung beim Bewältigen von Gefühlen und Problemen.

Heilende Zusammenarbeit

Kreativität, Lockerheit und die Begabungen, auf Menschen zuzugehen, bescheinigte ihm auch Pfarrer Royar. Die Zusammenarbeit sei heilsam und wohltuend gewesen. Und für die neue Aufgabe in Mannheim wünschte die Gemeinde Friedel Goetz das Beste. Am Donnerstag, 1. Februar, wird er in den Pfarrdienst der ChristusFrieden Gemeinde in Mannheim treten.

Dass er mit Klischees bewusst gebrochen hatte, um Menschen fürs Evangelium zu begeistern, hätte viel in Großsachsen bewirkt. Royar sprach den Segen. Es wurde gemeinsam gesungen und gebetet. Grußworte gab es auch von anderen Gemeindemitgliedern.

Der Kirchenchor und der Posaunenchor rahmten die Veranstaltung, die in einem Sektumtrunk im Gemeindehaus endete. Das Gute: Mannheim ist ja nicht ganz aus der Welt und Friedel Götz ist nicht weg. Nur woanders.