Laufsport

Der Altstadtlauf ist immer für Überraschungen gut

Beim Weinheimer Altstadtlauf müssen die Läufer traditionell viele Höhenmeter überwinden. Die Polizei spendiert noch ein paar Zusatzmeter

Hauptlauf-Sieger Philipp Weng (Startnummer 1941) landete ebenso einen Start-Ziel-Sieg wie Alicia Koßmann(Vierte von links), die gleichzeitig auch den Sieg beim Weinheimer Nachrichten Bergstraßen-Cup klarmachte. Foto: Thomas Rittelmann
Hauptlauf-Sieger Philipp Weng (Startnummer 1941) landete ebenso einen Start-Ziel-Sieg wie Alicia Koßmann(Vierte von links), die gleichzeitig auch den Sieg beim Weinheimer Nachrichten Bergstraßen-Cup klarmachte.

Verwundert schaut Marco Odenwälder auf seine Laufuhr: Mit seinem dritten Platz ist der Vorjahressieger des Weinheimer Altstadtlaufs hochzufrieden, die zurückgelegte Distanz kommt ihm allerdings spanisch vor. Und nicht nur ihm. Weil zwei Lieferwagen am Hotel Ottheinrich den Durchgang erschwerten, mussten die Läuferinnen und Läufer des Hauptlaufs einen Umweg in Kauf nehmen. „Die Polizei hat die Sicherheit nicht gewährleistet gesehen, deshalb gab es 200 Meter obendrauf“, bestätigte Rolf Bader vom veranstaltenden Leichtathletik-Förderkreis der TSG 1862 Weinheim. Der Altstadtlauf ist eben immer für eine Überraschung gut.

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Aufwärmen ist die halbe Miete: Die Bambine hatten schon vor ihrem Start mit der KISS ihren Spaß. Foto: Thomas Rittelmann
Aufwärmen ist die halbe Miete: Die Bambine hatten schon vor ihrem Start mit der KISS ihren Spaß.


Den Siegern machte das nichts aus. Philipp Weng dominierte die Konkurrenz bei den Herren ebenso wie Alicia Koßmann bei den Frauen. Und die Leutershausenerin wiederholte nicht nur ihren Vorjahressieg, sie machte mit dem dritten Sieg in der Laufserie der Weinheimer Nachrichten auch den Bergstraßen-Cup-Sieg vorzeitig perfekt.


„Das war diesmal alles schnell abgehakt“, lacht die Frau, die nach Schriesheim und Hemsbach nun auch in Weinheim gewann und mit der Maximalpunktzahl von 3000 Zählern von der Konkurrenz nicht mehr einzuholen ist. „Jetzt kann ich mich auf die Bahn konzentrieren und mal versuchen, mich über 1000 und 1500 Meter zu verbessern“, sagt Koßmann. Ob sie beim noch zum Cup gehörenden Läufen in Weinheim (29. September) und Heddesheim (31. Dezember) startet, will sie sich offenlassen.


Spannender Kampf bei Männern


Einer, der bei einem der beiden Cup-Läufe in jedem Fall noch dabei sein will, ist Philipp Weng. Der Läufer der TSG 78 Heidelberg hatte den Bergstraßen-Cup 2022 gewonnen. „Im letzten Jahr hat es von den Terminen her nicht gepasst. Aber weil es so viel Spaß macht, habe ich mir fest vorgenommen, dieses Jahr wieder anzugreifen“, sagt der Mann, der nach seinem dritten Platz in Hemsbach und daraus resultierenden 600 Punkten nun noch einmal 1000 einsackte. Und das, obwohl er am Tag zuvor noch mitten im Mittelstreckentraining steckte. „Am Montag hab ich frei“, lacht er. Der Kampf um den Cup-Sieg bei den Männern scheint 2024 also sehr offenzubleiben.
Ambitionen auf eine Spitzenplatzierung haben beim Altstadtlauf aber die wenigsten, auch nicht. „Mit 70 muss man was tun“, lacht Peter Vonwald nach der Zielankunft im Hauptlauf. „Als ich mit 63 Jahren mal hier gelaufen bin, kam ich zeitgleich mit jemand ins Ziel, der kurz vor der 80 stand. Davor ziehe ich meinen Hut.“ Mit 70 muss also noch lange nicht Schluss sein. Und das anspruchsvolle Streckenprofil schreckt eben auch nicht jeden ab.


Staffel-Spaß bis der Arzt kommt


Und wer die sieben Anstiege die Dürrestraße hinauf nicht alleine bewältigen mag, für den gibt es ja die Option der Staffel, bei der die 10 beziehungsweise gestern 10,2 Kilometer auf drei Laufende aufgeteilt werden. 14 Staffeln freuten den Veranstalter besonders und die teambildende Maßnahme nutzten beispielsweise auch jeweils drei Staffeln des HSC und der GRN. Pflegekräfte, Therapeuten und eine Ärztin nutzten den Event vor der Haustür zum Fithalten und Spaß haben. Sogar aus der GRN in Sinsheim reisten Teilnehmende an.
Das Klinikpersonal musste in Person von Max Winkler sogar die Kollegen des Roten Kreuzes in Anspruch nehmen. „Der Kreislauf“, lachte der Pfleger der Weinheimer Akutgeriatrie. Erholt hat er sich von seiner Mittagsschicht aber schnell. „Ich habe schließlich heute noch Schicht“, lacht er. Quasi zum Auslaufen bis 21.30 Uhr.

Die Jungs beim Bambinilauf gaben ordentlich Gas. Foto: Thomas Rittelmann
Die Jungs beim Bambinilauf gaben ordentlich Gas.


Der Spaß stand bei ganz vielen der 641 Starterinnen und Starter im Vordergrund. Das galt auch für den Jedermannlauf, an dem auch wieder eine elfköpfige Gruppe der Weinheimer Lebenshilfe teilnahm. Ankommen heißt das Ziel. Und die Betreuer überlegen, ob es für das kommende Jahr nicht auch einen kleine läuferische Vorbereitung auf das Event geben soll.
Schnellste Frau im Ziel war Raquel Perez Vendrell, die für die Zweiburgen-Grundschule startete, aber eigentlich in der Trainingsgruppe von Move.Run.Race der TSG 1862 Weinheim von Thomas Schwirl läuft. „Das macht riesigen Spaß, wir sind meist so 20 Läufer im Training“, sagt die Frau, die vor der Geburt ihrer drei Kinder leistungssportlich auf den 1500 Metern unterwegs war. Die Laufgruppe nahm übrigens nicht nur zahlreich aktiv am Altstadtlauf teil, sondern stellte auch einen Großteil der Streckenposten. Move.Run.Race.Security. Gelebte Gemeinschaft.

Die „Bienchen“ der Bonhoeffer-Grundschule mit Lebenshilfe-Läufer Eloy Minano-Sanz. Foto: Thomas Rittelmann
Die „Bienchen“ der Bonhoeffer-Grundschule mit Lebenshilfe-Läufer Eloy Minano-Sanz.


Optisch auffälligste Starter beim Altstadtlauf war neben dem kunterbunt gekleideten Zweitplatzierten Franciso Filipe Domingos die Bienchen-Gruppe um Laura Sgobbio-Sanchez von der Dietrich-Bonhoeffer-Grundschule. Die in gelbe T-Shirts mit gelbem Basecap und aufgeklebten Bienen-Fühlern gekleidete Familiengruppe bestand aus Onkeln, Tanten und allem, was die Familien Sgobbio, Sanchez & Friends zu bieten hatten. „Sie hat uns alle motiviert“, sagte Jose Sanchez. Ähnlich motiviert waren wie immer die Pestalozzi- und Hans-Joachim-Gelberg-Grundschule. „Es steht und fällt mit dem Engagement der Lehrer“, kennt Rolf Bader die Mobilisierung der Schulen aus seiner eigenen aktiven Lehrer-Zeit. Aktionen wie das T-Shirt-Bemalen von Susanne Trautmann mit Schülern der Sonnenuhren-Schule sind zusätzliche Motivationsspritzen. „Das Potenzial, gerade an den Schulen, ist aber noch lange nicht ausgeschöpft.“ Das zeigte sich vor allem in den Bambiniläufen, die als einzige Wettbewerbe rückläufige Zahlen vermeldeten.

Schülerlauf-Sieger Moritz Hattendorf (1720) und Siegerin Anna Hoogendijk (1741), die bei einer kurzen Autobahn-Pause mal schnell den Altstadtlauf-Sieg abräumte. Foto: Thomas Rittelmann
Schülerlauf-Sieger Moritz Hattendorf (1720) und Siegerin Anna Hoogendijk (1741), die bei einer kurzen Autobahn-Pause mal schnell den Altstadtlauf-Sieg abräumte.

Insgesamt zeigten sich die Veranstalter mit den 641 gegenüber 538 Meldungen aus dem Vorjahr aber sehr zufrieden. Dass im Schülerlauf sogar mehr Mädchen als Jungs starteten, kommt für Bader, seines Zeichens auch Vizepräsident im Badischen Leichtathletik-Verband, nicht überraschend. „Die Leichtathletik wird weiblich, weil immer mehr Jungs in diesem Alter kicken.“
Eine besondere Geschichte hatte die Schülerinnenkonkurrenz zu bieten: Siegerin Anna Hoogendijk legte mit ihrer Familie einen Zwischenstopp an der Bergstraße ein. „Wir waren in Österreich in Urlaub und mussten auf dem Heimweg nach Holland eh eine Pause einlegen. Im Internet habe ich gesehen, dass ein Lauf in Weinheim ist. Das war gerade recht für eine Pause“, sagt Vater Hogendijk. Damit sich der Familienausflug gelohnt hat, sahnte Schwester Lynn gleich noch Platz zwei ab. „Wenn sie Gutscheine in Weinheim gewonnen haben, müssen sie wiederkommen“, lachte Rolf Bader.