Weinheim

Geometrie und Gefühle in der Galerie Klüber

Noch bis 25. Juli sind in Weinheim Arbeiten mit Ausdruck und Tiefe von Ulla Ströhmann und Dagmar Vogt zu sehen.

Der überlebensgroße Kopf aus Gips, dessen Mund und Augen vor Entsetzen zum Schrei aufgerissen sind, ist ein Werk von Dagmar Vogt (rechts). Daneben zeigt die Galerie Klüber Gemälde von Ulla Ströhmann (links). Foto: Thomas Bürgy
Der überlebensgroße Kopf aus Gips, dessen Mund und Augen vor Entsetzen zum Schrei aufgerissen sind, ist ein Werk von Dagmar Vogt (rechts). Daneben zeigt die Galerie Klüber Gemälde von Ulla Ströhmann (links).

Figuren, deren Inneres sich im Äußeren spiegelt, und Abstraktionen, die Stille und Experiment vereinen, sind zurzeit in der Galerie Klüber zu sehen. Susanne Bürgy, die neue Inhaberin der Galerie, freute sich bei der Vernissage über zahlreiche Gäste. Die Ausstellung zeigt groß- und kleinformatige Enkaustik-Arbeiten von Ulla Ströhmann sowie vorwiegend weibliche Einzelfiguren und Paare aus Bronze, Gips und Beton von Dagmar Vogt. Das reizvolle Zusammenspiel von Gegenständlichkeit und Abstraktion ist es nicht allein, was diese Ausstellung ausmacht. Vielmehr ist es die Tatsache, so Kunsthistorikerin Aloisia Föllmer, dass hier zwei Künstlerinnen ihren Arbeiten Ausdruck und Tiefe verleihen.

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Ulla Ströhmann, die sechs Jahre lang in Köln an der Fachhochschule für Kunst und Design studierte, lebt und arbeitet seit 40 Jahren in der Domstadt. Sie widmet sich in ihrer Malerei der Technik der Enkaustik, die es seit der Antike gibt. Wachs wird erwärmt und mit hitzestabilen Pigmenten versehen. Große geometrische Farbflächen legt die Künstlerin in dieser Technik an und setzt sie in Kontrast zu geometrischen Bildfeldern, die aus Blattmetallen zusammengesetzt sind. Bestechend ist die klare Konstruktion dieser Arbeiten wie auch ihre unübersehbare Rhythmik. Diese wird durch die quadratische Form der Aluminiumblätter erzeugt, die oft auch unter den Wachsschichten erkennbar ist. Ulla Ströhmann legt große und kleinformatige Paarbilder an. Sie greift damit auf die Form der Diptychen zurück, die traditionsgemäß dem sakralen Bereich zuzuordnen sind. Dadurch schwingt die Tradition jahrhundertelanger Heiligendarstellungen mit. Während ein Bildteil von einer monochromen Wachsfläche gebildet ist, ist der andere durch Strukturen gestaltet. Diese sind aus Farbwachs, Messing oder Aluminium gebildet, die zu ihrer kostbaren Aura beitragen. Immer strahlen die Diptychen Stille aus und laden zum Verweilen ein.

Dagmar Vogt, die in Herdecke und im Allgäu lebt und arbeitet und die einst ihr Atelier in Wuppertal hatte, stellt kleine Ausführungen ihrer Pina-Bausch-Tänzerinnen aus. Die Baumträgerin und die vor Freude über einen Stuhl springende Gestalt sowie die Stehende, die sich an den Haaren zurück ins Leben zieht, sind Pina-Bausch-Zitate.

Für alle Besucher beeindruckend ist der überlebensgroße Kopf aus Gips, dessen Mund und Augen vor Entsetzen zu einem existenziellen Schrei aufgerissen sind. Er entstand in der Corona-Zeit. Dagegen verbinden Dagmar Vogts Lascivia-Figuren aus Bronze und bemaltem Gips weibliche Anmut mit Verführung und Melancholie. Die schrundigen Oberflächen, in denen sich das Licht bricht und an denen sich der intuitive und von Emotionen begleitete Herstellungsprozess am Tonmodell zeigt, lassen sie lebendig erscheinen.

Der ständigen Gegenwart der Gefühle ausgeliefert, kennzeichnet die Gestalten Schönheit und Verwundbarkeit gleichermaßen. Letztere spiegelt sich auch in der mit vielen Rottönen bemalten Lascivia I, die von Leidenschaft und Scham gleichermaßen durchdrungen zu sein scheint.

Es ist Tradition in der Weinheimer Galerie Klüber, dass die Künstler anwesend sind. Auch dieses Mal kamen sie mit vielen Besuchern ins Gespräch.

Die Ausstellung ist bis zum 25. Juli in der Galerie Klüber in der Weinheimer Hauptstraße 58 zu besichtigen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 15 Uhr.